Der Chef der niederländischen „Freiheitspartei“ PVV beim profil-Interview in Wien.

Interview: Rechtspopulist Geert Wilders über Strache, Putin und den Koran

Interview: Rechtspopulist Geert Wilders über Strache, Putin und den Koran

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profil: Ihre Partei ist sowohl bei den EU-Wahlen im Sommer 2014 als auch bei den jüngsten Regionalwahlen unter den Erwartungen geblieben. Haben Sie Ihren Zenit überschritten? Geert Wilders: Das Ergebnis entspricht in etwa dem von vor vier Jahren. Und wir haben sogar besser abgeschnitten, wenn man die niedrige Wahlbeteiligung bedenkt. Natürlich hatten wir uns mehr erwartet, aber zeigen Sie mir einen Politiker, der seine Erwartungen nicht hoch ansetzt. Landesweit fahren wir immer bessere Ergebnisse ein, weil da die Wahlbeteiligung höher ist. Aktuell liegen wir in den Umfragen gerade auf Platz zwei.

profil: Auf EU-Ebene haben sich Ihre Erwartungen auch nicht erfüllt: Es gibt auch weiterhin keine Rechtsfraktion im EU-Parlament. Wilders: Dass die Fraktion gescheitert ist, war tatsächlich eine herbe Enttäuschung. Nicht weil wir die EU für derart wichtig erachten würden – meine Partei zielt schließlich auf den Austritt aus der EU ab. Sondern weil ich denke, dass Parteien, die ähnliche Ansichten vertreten, auch enger zusammenarbeiten sollten.

profil: Eine Zeit lang war Ihr Ziel der Austritt aus der Eurozone, warum wollen Sie nun den kompletten EU-Austritt? Wilders: Im niederländischen Parlament setze ich mich für das Schweizer Modell ein: Wir wollen aus der EU austreten, aber Teil des EU-Binnenmarkts bleiben. Ich glaube an Nationalstaaten und daran, dass sich eine demokratische Gesellschaft nur entfalten kann, wenn sie über Fahnen, Grenzen und all das verfügt, was einen Nationalstaat ausmacht. Natürlich können wir alle zusammenarbeiten und Freunde sein, aber ich möchte als Nation keine Souveränität abgeben müssen.

Ich sehe keinerlei Parallelen zwischen Putin und meiner Person

profil: Wie soll eine geschwächte EU mit Ländern wie etwa China und Russland politisch und wirtschaftlich mithalten können? Wilders: Wir brauchen kein starkes Europa, sondern einen starken Binnenmarkt. Die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied steht wirtschaftlich stärker da als der Großteil der EU-Staaten. Die Schweiz muss darüber hinaus nicht Geld an die EU zahlen – im Gegensatz zu uns Niederländern, die pro Kopf gerechnet die größten Nettozahler der EU sind. Und die Schweiz muss darüber hinaus auch nicht Milliarden für Griechenland hinblättern – Geld, von dem ich im Übrigen überzeugt bin, dass wir es nie wieder sehen werden. Griechenland ist wie der Junkie der Eurozone, dem alle weiter Geld für Kokain zustecken, obwohl jeder weiß, dass das Geld nie zurückgegeben wird. Die EU ist derzeit nichts anderes als eine Nord-Süd-Transferunion für Geld.

profil: Apropos Geld: Frankreichs rechtsextremer Front National, mit dem sie auf EU-Ebene eng zusammenarbeiten, hat Millionen-Kredite aus Russland erhalten. Wie sieht Ihr Verhältnis zu Putin aus? Wilders: Das ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen der Partei meiner Freundin Marine Le Pen und meiner Partei. Ich bin ein Freund transatlantischer Beziehungen. Ich halte mich sogar für mehr transatlantisch als europäisch orientiert. Ich würde mir daher niemals Geld aus Russland ausborgen.

profil: Sie und Putin haben also nur dieselben Ziele, wenn es um die Schwächung der EU geht? Wilders: Ich sehe keinerlei Parallelen zwischen Putin und meiner Person.

Es gibt auch alte Zitate von Heinz-Christian Strache über mich, die nicht gerade nett waren

profil: Eines Ihrer zentralen Themen ist die Warnung vor der „Islamisierung Europas“. Sie haben sich für April bei einer Demonstration der Bewegung der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) in Dresden angekündigt – gelten gleichzeitig aber als großer Israel-Fan. Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, hat Pegida scharf kritisiert. Ist Ihnen der Pegida-Besuch nicht unangenehm? Wilders: Nein, man muss sich immer selbst ein Bild von den Dingen machen. In der Vergangenheit wäre ich vorsichtiger gewesen mit solchen Treffen und Auftritten, weil ich Angst vor politischen Konsequenzen hatte, wenn die Medien einmal darüber berichten.

profil: Früher haben Sie auch Kontakte mit dem Front National und der FPÖ, die heute auf EU-Ebene zu ihren wichtigsten Partnern gelten, gemieden. Wilders: Es gibt auch alte Zitate von Heinz-Christian Strache über mich, die nicht gerade nett waren. Aber das spielt heute keine Rolle mehr. Irgendwann habe ich beschlossen, mir selbst ein Bild zu machen. So habe ich nach einigen Treffen mit Frau Le Pen erkannt, dass sie nicht im Geringsten antisemitische Ansichten vertritt. Ihren Vater würde ich hingegen niemals treffen. Und wenn ich mit Strache und Le Pen teilweise mehr gemein habe als mit den Parteien im niederländischen Parlament, dann wäre ich doch dumm, mich nicht mit ihnen zu verbünden. Deswegen glaube ich auch, dass es wichtig ist, der Pegida-Bewegung einen Besuch abzustatten – und es wird nicht eine Person auf der Welt geben, die deswegen meine Loyalität Israel gegenüber in Zweifel ziehen wird.

profil: Sie haben also keinerlei Berührungsängste mit Pegida-Organisator Lutz Bachmann, der Fotos von sich mit Hitler-Bart ins Netz stellt? Wilders: Das war sehr dumm von ihm. Aber wir machen alle Fehler.

profil: Was haben Sie und Herr Bachmann eigentlich gegen muslimische Einwanderer? Wilders: Ich habe nichts gegen die Personen an sich. In den Niederlanden wie auch in Österreich leben mit Sicherheit sehr viele Muslime, die gesetzestreu sind und sich um das Wohlergehen ihrer Familien kümmern. Bevor ich auf die Todesliste von Al-Kaida und Taliban kam, habe ich fast alle Länder des Nahen und Mittleren Ostens bereist und dabei viele gastfreundliche Leute kennengelernt. Den Islam selbst allerdings verstehe ich nicht als Religion, sondern als Ideologie, die eine Bedrohung für unsere Gesellschaft darstellt. Wie behandelt der Islam derzeit zum Beispiel Christen, Journalisten, Frauen, Juden, Ungläubige?

profil: Sie sprechen von „dem Islam“. Sie können damit doch nicht alle über 1,3 Milliarden Muslime meinen? Wilders: Der größte Fehler ist, dass Politiker immer betonen, dass es nur einige radikale Muslime gibt, die den Islam missbrauchen. Nach jedem Terroranschlag stellen Angela Merkel oder Barack Obama fest, dass diese nichts mit dem Islam zu tun haben, dass der Islam eine Religion des Friedens ist. Dabei braucht man nur den Koran zu lesen.

Es ist kein Zufall, dass all diese Attentäter Muslime sind

profil: Können Sie eigentlich ein konkretes Beispiel für die Islamisierung in Ihrem Land aufzählen, vor der Sie seit über zehn Jahren warnen? Wilders: Können Muslime in Österreich öffentlich sagen, dass sie zum Christentum wechseln wollen? Ich glaube nicht. Ziehen österreichische Muslime in den Dschihad?

profil: Ja. Und ja, aber das ist eine Minderheit. Wilders: Es ist immer nur eine Minderheit! Wo ziehen Christen oder Juden in den Dschihad?

profil: Es gibt auch Beispiele für Unterdrückung und Gewalt in anderen Religionen. Wilders: Nicht in Europa. Überall in Europa, wo der Islam im Steigen begriffen ist, können Sie Angriffe auf die Meinungsfreiheit beobachten. Nehmen Sie die Anschläge gegen Karikaturisten in Dänemark oder Schweden oder das Attentat auf Charlie Hebdo. Lesen Sie nur die Sure 47/4 im Koran: „Wo immer du die Ungläubigen triffst, schlag sie auf ihre Nacken und verursache ein Blutbad.“ Das gilt bis heute.

profil: Das wird allerdings vom Großteil der Muslime nicht wörtlich genommen. Wilders: Wegen solcher Aussagen bin ich in die Politik gegangen. Es ist eben keine Handlungsweise einzelner Personen. Es ist der Islam. Es ist kein Zufall, dass all diese Attentäter Muslime sind. Unsere Politiker führen die Menschen an der Nase herum, wenn sie behaupten, dass alle Kulturen gleich sind. Ich sage, dass unsere westliche Kultur, die auf dem Christentum oder Judentum aufbaut, viel besser ist als die islamische Kultur. Islam und Freiheit, Islam und Demokratie sind unvereinbar. Deswegen sollten wir die westliche Leitkultur auch in unseren Verfassungen festschreiben.