„Befriedigung der Sinnesreize“

Medien. Herbert Lackner über die unglückliche Liebe der SPÖ zum Boulevard

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Der letzte Aufmacher bestand aus fünf Buchstaben: ­„Adieu“. Die Redaktion stellte sich noch einmal auf, der Fotograf drückte ab, dann packte man zusammen.

Das Ende der „Arbeiter-Zeitung“ 102 Jahre nach ihrer Gründung war ein Zeitbruch – ein Symbol für den Bedeutungsverlust der politischen Parteien in Österreich. Für die Sozialdemokratie bedeutete die Einstellung ein Trauma: Zeitung wie Partei waren vom Arzt Victor Adler 1889 gegründet worden. Das eine ohne das andere war kaum vorstellbar – auch wenn die „AZ“ in den letzten beiden Jahren ihres Erscheinens nicht mehr der Partei gehörte. In diesem Blatt hatten Friedrich Engels und Stefan Zweig geschrieben, Upton Sinclair und Jack London. Joseph Roth hatte seinen Roman „Das Spinnennetz“ zuerst in Fortsetzungen in der „Arbeiter-Zeitung“ veröffentlicht.

Noch 1965 waren die Parteizeitungen der SPÖ (neben der „AZ“ gab es in Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark und Kärnten eigene Blätter) mit insgesamt 13 Prozent Reichweite Marktführer. Der „Kurier“ auf Platz zwei kam auf zwölf Prozent. Die „Kronen Zeitung“ lag, sechs Jahre nach ihrer Gründung, mit einer Reichweite von sieben Prozent auf Rang fünf. Heute gibt es nur noch eine Partei-Tageszeitung, das „Neue Volksblatt“ der ÖVP Oberösterreich. Reichweite: ein Prozent.

Der Zeitbruch, der auch im Ende der „Arbeiter-Zeitung“ seinen Ausdruck fand, ging tief. Die Zahl der SPÖ-Parteimitglieder hat sich seit jenem Oktober 1991 halbiert. SPÖ und ÖVP hatten bei den Nationalratswahlen 1990 zusammen 75 Prozent der Stimmen geholt. Derzeit liegen die beiden „Großparteien“ in den Umfragen ganz knapp über der 50-Prozent-Marke.

Es ist ein beziehungsreicher Zufall, dass der Vorsitzende der SPÖ gerade zu diesem denkwürdigen Jahrestag wegen seiner Nähe zu Boulevardzeitungen in Turbulenzen gerät. Schon lange vor Werner Faymann hatten sozialdemokratische Politiker immer wieder ihr Glück am Boulevard gesucht, hatten sogar selbst einschlägige Blätter gegründet – und waren stets gescheitert.

Die sozialdemokratischen Funktionäre waren oft selbst einfache Leute, denen die simplen Welterklärungen der „Massenpresse“ mehr zusagten als die komplexeren und spröderen Darstellungen der eigenen Blätter. Schon am Parteitag 1911 redete „Arbeiter-Zeitung“-Chefredakteur Friedrich Austerlitz jenen Delegierten ins Gewissen, die sich allzu sehr für die elf Jahre vorher gegründete „Kronen Zeitung“ erwärmten. Austerlitz laut Protokoll: „Ja wenn die Redakteure der ,Arbeiter-Zeitung‘ so scharfsinnige Journalisten, so begabte und wissensreiche Publizisten wären wie die von der ,Kronen Zeitung‘! (Heiterkeit im Saal).“ Das eigene Blatt habe „durch die Schwere des Inhalts, durch die Dichtigkeit des Stoffs“ eine weit schwierigere Aufgabe, „es ist nicht bloß auf die Befriedigung der Sinnesreize der Leser ausgelegt“, so Austerlitz.

1927, in der Blütezeit des „Roten Wien“, hatte die „Arbeiter-Zeitung“ eine Auflage von 100.000 Stück – die „Krone“ kam auf 200.000. Also gründete die sozialdemokratische Parteiführung ebenfalls ein Kleinformat, das „Kleine Blatt“, gestaltet von dafür abgestellten Redakteuren der „Arbeiter-Zeitung“. Das Projekt war ein durchschlagender Erfolg. Bald waren annähernd die Werte der „Krone“ erreicht, freilich auf Kosten der „Arbeiter-Zeitung“, die Leser an das „Kleine Blatt“ verlor. Bis 1932 war die verkaufte Auflage des Zentralorgans auf 83.000 gesunken. Ob das Experiment der linken Boulevardzeitung „Kleines Blatt“ gelungen wäre, lässt sich nicht sagen: Im März 1933 stellte die Regierung Dollfuß die sozialdemokratische Presse unter Vorzensur. Im Oktober desselben Jahres wurde deren Verkauf in Trafiken und an Kiosken untersagt, im Februar 1934 wurden Partei wie Zeitungen verboten.

Nach 1945 hatten die Parteizeitungen einen Startvorteil: Sie waren die Einzigen, denen neben den Blättern der Alliierten Papier zugeteilt wurde. Die ab August 1945 wieder erscheinende „Arbeiter-Zeitung“ saß im alten Redaktionshaus an der Rechten Wienzeile, also im britischen Sektor, wurde von dem aus dem englischen Exil heimgekehrten Oscar Pollak geleitet und fuhr einen strikt antikommunistischen Kurs. Der junge Reporter Franz Kreuzer, später ORF-Intendant und Gesundheitsminister, knatterte mit seinem Motorrad durch die russische Zone und berichtete unerschrocken über Vergewaltigungen, Entführungen und Verschleppungen durch Rotarmisten. „Die Zeitung, die sich was traut“, so der Markenslogan, verkaufte sich an guten Tagen 300.000-mal – das entspricht der heutigen Verkaufsauflage von „Kurier“, „Standard“ und „Presse“ zusammen – und war damit das meistgelesene Blatt des Landes.

Oscar Pollak war schon 1931, nach dem Tod von Friedrich Austerlitz, Chefredakteur geworden und selbst nach sieben Emigrationsjahren in London noch im Denken der Ersten Republik verhaftet. Sein Fantasiepublikum waren Legionen von stolzen, bildungshungrigen Proletariern, die nicht soffen und ihre Frauen nicht prügelten.

Pollaks Sozialismus-Verständnis war in den späten fünfziger Jahren, als die Ertragslage der „Arbeiter-Zeitung“ nicht mehr rosig war, zusehends geschäftshemmend. Die Lage eskalierte, als der „Konsum“ vor Weihnachten 1960 ein Inserat schalten durfte, in dem für Wein geworben wurde. Pollak stellte der Annonce einen Kommentar voran: „Wir fordern unsere Leser auf, die in der ,Arbeiter-Zeitung‘ erschienenen Inserate, die zum preiswerten Bezug eines Rausches auffordern, zu ignorieren und die dort angepriesenen alkoholischen Getränke nicht zu kaufen.“

Die Sozialdemokraten hatten mit dem „Kleinen Blatt“ die erfolgreichste Boulevardgründung der Zeit vor den Diktaturen besessen. Als 1959 das erste Boulevardblatt nach dem Krieg gegründet wurde, war wieder ein Sozialdemokrat zur Stelle. ÖGB-Präsident Franz Olah trieb die nötigen Millionen in Form eines mit ÖGB-Geld besicherten Kredits bei der Zentralsparkassa auf, mit dem der frühere „Kurier“-Chefredakteur Hans Dichand und sein Kompagnon Kurt Falk die „Kronen Zeitung“ gründeten. Später steckte Olah auch der FPÖ eine Million: Er wollte sie als Koalitionspartner der SPÖ heranzüchten.

Franz Olah (1910–2009) war eine schillernde, aber fragwürdige Figur. Er war zuerst von Dollfuß und dann sieben Jahre lang von den Nazis eingesperrt worden. Als Chef der Bau/Holzarbeiter-Gewerkschaft hatte er im Oktober 1950 großen Anteil an der Niederschlagung der KP-Streikbewegung. Später wurde bekannt, dass Olah mithilfe der CIA nach 1955 Waffenlager angelegt hatte, um antikommunistische Partisanen im Fall eines Durchmarschs der Sowjetunion auszurüsten.

Die „Kronen Zeitung“ sah er als mediale Hausmacht gegen Feinde aller Art. Als der machthungrige Olah, seit 1962 war er Innenminister, auf innerparteilichen Widerstand stieß, veröffentlichte die „Krone“ ihr von Olah zugespieltes Material über führende SPÖ-Politiker. Gegen Olahs Nachfolger im ÖGB, Anton Benya, fuhr das Blatt wochenlang eine Kampagne, in der es behauptete, der ÖGB-Chef habe die unrechtmäßige Freilassung eines verwandten Tunichtguts namens Friedrich Benya erwirkt, obwohl gar kein Verwandtschaftsverhältnis bestand.

Ein Sozialdemokrat, der sich in innerparteilichen Auseinandersetzungen der Boulevardpresse bedient – auch das sollte es später noch oft geben. 1966 setzte der ÖGB eine „einstweilige Verfügung“ gegen die „Krone“ durch: Das Blatt sei mit Gewerkschaftsgeldern gegründet worden, also gehöre es auch dem ÖGB. Dichand und Falk mussten das Haus verlassen, die Redakteure warfen aus Protest Zeitungsstapel aus den Fenstern. Kurz darauf wurde der Gerichtsbeschluss aufgehoben. Bei den zwei Wochen später stattfindenden Nationalratswahlen erlitt die SPÖ eine vernichtende Niederlage.

„Eine konsequente Ausräucherung“, hatte der „AZ“-Leit­artikler lobend befunden, als der ÖGB kurzzeitig das Pressehaus übernahm. Die „Krone“ hatte damals dieselbe Reichweite wie das rote Zentralorgan (siehe Grafik Seite 22). Nach dem aberwitzigen Handstreich des ÖGB stand ihrem Aufstieg nichts mehr im Weg. Schon 1967 überholte die „Krone“ auch den „Kurier“ und war nun auflagenstärkstes Blatt des Landes – sie ist es bis heute.

Der „Arbeiter-Zeitung“ hingegen waren ihre Themen abhandengekommen: Statt gegen die mächtigen Besatzer anzuschreiben, musste sie sich nun mit alltäglichem Koalitions-Hickhack befassen – noch dazu durch den Filter der Partei­brille. Die Auflage begann zu sinken.

Die SPÖ tat, was sie bis heute tut, wenn es eng wird: Sie suchte ihr Heil am Boulevard. 1967 gründete die Wiener Partei ein eigenes Kleinformat namens „Neue Zeitung“. Mittels der Bawag hatte man den boulevardesken „Express“, das drittstärkste Blatt des Landes, schon an der Hand. In der SP-Zentrale wurde listig ein Drei-Säulen-Modell angedacht: Der bürgerlichen „Presse“ sollte die „Arbeiter-Zeitung“, dem „Kurier“ der „Express“ und der „Kronen Zeitung“ die „Neue Zeitung“ gegenübergestellt werden.

Der neuerliche Gehversuch der SPÖ am Boulevard scheiterte kläglich: Die „Neue Zeitung“ erwies sich als teurer Fehlschlag, sie verkaufte nie mehr als 100.000 Exemplare, während die „Krone“ 700.000 Stück absetzte. Dem „Express“ heuerte Hans Dichand zuerst die besten Leute ab, dann kaufte er das Blatt und stellte es 1971 ein.

Von den „drei Säulen“ war damit schon nach kurzer Zeit nur noch die „AZ“ übrig – und die kränkelte schwer: Die Boulevard-Experimente der eigenen Partei hatten ihr Personal, Inserate und Leser weggenommen.

Der neue Parteichef Bruno Kreisky war nicht auf politisch nahestehende Zeitungen angewiesen: An seiner Breite kam ohnehin kein Medium vorbei, auch nicht die so groß gewordene „Krone“. Kreisky habe ähnlich wie Werner Faymann die Nähe zu den „Krone“-Mächtigen gesucht, heißt es heute. Er sei sogar mit dem Rabiatkolumnisten Richard Nimmerrichter („Staberl“) in die Sauna gegangen. Tatsache ist, dass ein Masseur und Tennislehrer Kreiskys wie Nimmerrichter die „Sauna im Grünen“ im Wiener Prater frequentierte, der Rest ist Legende. Kreisky hielt den kürzlich im Alter von 90 Jahren reaktivierten „Staberl“ für einen unerträglichen Reaktionär. Hans Dichand selbst schreibt in seinem Buch „Im Vorhof der Macht“, Kreisky habe ihn einmal gefragt, was er diesem „Staberl“ eigentlich bezahle. Nach Nennung der namhaften Summe habe Kreisky mehrere Male „Unerhört!“ gerufen.

Auch Kreiskys Verhältnis zu Dichand stand, nicht nur generationenbedingt, keineswegs auf einer „Onkel Hans“-Basis. Wohl trafen sich die beiden mehrmals zu Spaziergängen in den Weingärten (Kreisky und Dichand wohnten in Grinzing), allzu nahe dürfte man sich dabei nicht gekommen sein. Als die „Krone“ Anfang der achtziger Jahre im Konflikt Kreiskys mit Hannes Androsch die Seite des Finanzministers einnahm, beschwerte sich Kreisky in einem profil vorliegenden Brief an Dichand verbittert: „Was da täglich in Ihrer Zeitung an Herabsetzungen geschrieben wird! Ich werde mich nicht zum Schweigen bringen ­lassen, ebenso wenig werde ich mich von Ihrer Zeitung ein zweites Mal aus meinem Heimatland vertreiben ­lassen.“

Vor der Nationalratswahl 1983 suggerierte die „Krone“, Kreisky wolle mit seinem „Mallorcapaket“ nicht die Zinsen, sondern die Sparguthaben besteuern. Der Kanzler verfehlte knapp die absolute Mehrheit und trat zurück.

Die „Arbeiter-Zeitung“ hatte in der Zeit der SPÖ-­Alleinregierung einen schweren Stand gehabt: Das ­Bejubeln der Regierung war ein undankbares Geschäft. ­„Jubelblattl“, ätzte die „Krone“.

Dass es unter Kreiskys Nachfolger Fred Sinowatz für das Parteiblatt nicht mehr, sondern eher weniger Spielraum geben würde, zeigte sich bald: Bei einer Aussprache im Kanzleramt wurde den Redakteuren vom versammelten SP-Präsidium beschieden, man sei oft sehr unzufrieden mit der Zeitung. So gehe es zum Beispiel nicht an, dass kritischen Leserbriefen bisweilen mehr Platz eingeräumt werde als Aussagen von Funktionären. Die Journalisten wurden daran erinnert, dass die Partei das inzwischen beträchtliche Defizit abdecke.

So sah das auch die mitzahlende SPÖ-Gewerkschaftsfraktion: Als die „AZ“ 1984 während der Besetzung der Hainburger Au auch Kraftwerksgegner zu Wort kommen ließ, übermittelte der Vorstand der Bau/Holzgewerkschaft dem Parteivorsitzenden Sinowatz eine geharnischte Protestnote.

Der letzte große Trumpf der „Arbeiter-Zeitung“ war ihr Vertriebssystem: Ein guter Teil der Auflage wurde in den Gemeindebauten gegen ein kleines Entgelt von dort wohnenden Funktionären um vier Uhr morgens ausgetragen. Die anderen Zeitungen kamen erst Stunden später mit der Post.

So fügte es sich günstig, dass ein ausgesprochener Freund der „Krone“ 1984 Bürgermeister wurde: Helmut Zilk. Er war ein vielseitig verwendbarer Mann: Als Fernsehdirektor des strikt antikommunistischen ORF-Generalintendanten Gerd Bacher hatte er Ende der sechziger Jahre gegen Geld für den kommunistischen CSSR-Geheimdienst gespitzelt. Jetzt setzte er durch, dass Dichand die Haustorschlüssel der Gemeindebauten bekam und die „AZ“ ihr letztes Atout loswurde. Dennoch stellte er Ansprüche im Stil eines Uralt-Funktionärs. Im August 1985 schrieb Zilk in einem Protestbrief an die „AZ“: „Mit Verwunderung habe ich zur Kenntnis genommen, dass die ,Arbeiter-Zeitung‘ meine Meldung zum 40. Jahrestag des Atombombenabwurfs in Hiroshima nicht gebracht hat. Ich frage mich, ob sich solche Vorfälle für die Zukunft der ,Arbeiter-Zeitung‘ positiv auswirken werden.“

Negativ wirkte sich jedenfalls die medienpolitische Tapsigkeit der SPÖ aus. So fand die Redaktion Mitte der achtziger Jahre heraus, dass der parteieigenen Druckerei Vorwärts jahrelang weit überhöhte Rechnungen bezahlt wurden. „Sonst wäre der ,Vorwärts‘ kaputt gewesen“, erklärte die Parteizentrale.

Dass die „AZ“ 1991 in der Amtszeit Franz Vranitzkys eingestellt wurde, vermittelt ein falsches Bild: Vranitzky hatte zwei Jahre nach Amtsantritt versucht, das Steuer noch herumzureißen, und seinen Freund, den Investor Hans Schmid, überzeugt, die Sanierung der „Arbeiter-Zeitung“ wäre eine ehrenvolle Aufgabe. Schmid kaufte das Blatt im August 1989 und versuchte zu retten, was noch zu retten war. Selbst beim britischen Tycoon Robert Maxwell fühlte er wegen einer Beteiligung vor.

Die Redaktion machte in der neuen Unabhängigkeit eine bemerkenswerte Zeitung. Erstmals seit Jahren stieg jetzt die Auflage. Mit 100.000 verkauften Exemplaren lag man 1990 gleichauf mit dem „Standard“ und deutlich vor der „Presse“. Aber die Inserate blieben weiterhin aus. Und die Kassa war leer. Ende Oktober 1991 war Schluss.

Helmut Zilk führte etwa zur selben Zeit den jungen Kommunalpolitiker Werner Faymann bei Hans Dichand ein und begründete damit eine schon wegen des Altersunterschieds denkwürdige Freundschaft. Faymann bearbeitete den Boulevard von Beginn an nicht mit Interventionen oder gar Besetzungen, sondern mit Inseratenstrecken. Als Wohnbaustadtrat und später als Infrastrukturminister hatte er dafür üppige Budgets.

Darüber hinaus war der sympathische Aufsteiger weit fotogener und damit „boulevardtauglicher“ als der sperrige Alfred Gusenbauer. Viele fragen sich, warum Gusenbauer, schon im freien Fall, im Juni 2008 den berühmten „Brief“ Faymanns an Hans Dichand mit unterschrieben hatte, in dem der zur Quasipartei erhöhten „Krone“ zugesagt wurde, künftig bei Änderung des EU-Vertrags Volksabstimmungen abzuhalten. Das Blatt hatte damals seit Monaten eine entsprechende Kampagne gefahren.

Die Unterstützung, die Faymann dann im Wahlkampf 2008 am Boulevard fand, war bemerkenswert: Sowohl „Krone“ als auch „Heute“ und „Österreich“ legten sich für ihn ins Zeug.

Warum die SPÖ dennoch bloß 29,3 Prozent einfuhr, das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte, erklärte der Politologe Fritz Plasser in einer Nachwahlstudie so: Faymann sei zwar von der „Kronen Zeitung“ mit Abstand am besten behandelt worden, gleichzeitig habe das Blatt aber die politischen Inhalte der FPÖ vertreten. Diese redaktionelle Grundtendenz sei auf der Leserbriefseite noch verstärkt worden, ergab die Inhaltsanalyse.
Dennoch hätte die SPÖ ohne das Hosianna für Faymann wohl weit schlechter abgeschnitten. Bei den „Krone“-Exklusivlesern kamen die Sozialdemokraten auf immerhin 40 Prozent.

Damit wäre der Kanzler einer der wenigen Sozial­demokraten, für den sich die Nähe zur Massenpresse auszahlt. Ob dies nach den Beratungen des Untersuchungsausschusses noch gilt, ist derzeit nicht abzusehen.

Der Autor war von 1983 bis 1988 stellvertretender Chefredakteur der
„Arbeiter-Zeitung“.