Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl Familienglück

Familienglück

Drucken

Schriftgröße

Wir haben jetzt also ein eigenes Familienministerium. Und zwar warum? Weil Familie einen zentralen Stellenwert in der Regierung hat. So begründete es jedenfalls der Vizekanzler, als er die neue Regierung vorstellte. Was wollte er uns damit sagen? Ich rätsle noch immer, zumal ich nicht weiß, was er unter Familie versteht. Die neue Ressortchefin definierte in einem Interview1) den Begriff so: „Familie ist dort, wo sich Menschen zu Hause fühlen.“ Und fügte hinzu, als Ministerin sei sie für „jene Familien verantwortlich, wo Kinder dabei sind“. Und: Wenn sie eine „Stimme für Familien“ sei, „können wir ein familienfreundlicheres Land schaffen“.
Alles klar? Familie ist wichtig, weil Familie wichtig ist, und Familie ist etwas mit Kindern, zu dem wir freundlich sein wollen. Als politisches Konzept vielleicht eine Spur ausbaubedürftig.

Zu denken gibt überdies, was der Vizekanzler zur Person der neuen Ministerin sagte, um zu erklären, warum seine Wahl auf sie fiel. Sie vereine, sagte er sinngemäß, Karriere und Familie und könne als Unternehmerin und Mutter die Doppelbelastung aushalten. Bedeutet das, sie wurde als leuchtendes Vorbild installiert, dem doppelt belastete Frauen nacheifern sollen? Aber wie?

Frau Dr. Sophie Karmasin ist bestimmt eine tüchtige Person, jedoch, wie sie selber in Interviews zugegeben hat, in einer privilegierten Situation. Privilegierte Personen taugen nicht zum Role Model für den Durchschnitt, von den Unterprivilegierten ganz zu schweigen. Es ist ein Unterschied, ob man wie Dr. Karmasin in ein blühendes Familienunternehmen eingestiegen ist oder als Ich-AG über die Runden kommen muss. Es ist ein Unterschied, ob man Chefin ist oder Lohnabhängige. Und es ist ein Unterschied, ob man sich jederzeit die nötige Hilfe zukaufen kann oder ob man nicht weiß, wohin mit dem Kind, falls Überstunden anfallen.

Ja, Binsenweisheiten, und doch werden sie immer wieder außer Acht gelassen, wenn uns Leitbilder präsentiert werden, deren Lebensumstände mit denen der Mehrheit nicht vergleichbar sind. Selbstdisziplin und Selbstorganisation, von und an den Leitbildern stets gerühmt, sind wichtig, aber sie bringen nicht jeden gleich weit. Wer die besseren Startbedingungen hat, liegt vorn und ist kaum einzuholen. So simpel ist das. Falls Michael Spindelegger sich vorgestellt hat, eine Unternehmerin und Mutter als Familienministerin reicht aus, um doppelt belastete Frauen das problemlose Funktionieren zu lehren, hat er sich getäuscht. Die neue Ministerin muss ihre Qualifikationen erst beweisen.

Falls sie Familie tatsächlich in erster Linie als Zuhause für Kinder ansieht, dann sollte sie sich dafür einsetzen, dass Kinder dieses Zuhause nicht nur im übertragenen Sinn, sondern auch ganz konkret vorfinden. Kinder brauchen auch materielle Geborgenheit, sie müssen wohnen und essen, sie benötigen Kleidung, Schulsachen und Spielzeug. Nicht alle Kinder sind ausreichend versorgt, und für viele wird es 2014 noch knapper.

In Oberösterreich ist mit dem heurigen Jahr eine Gesetzesnovelle in Kraft getreten, derzufolge vielen Alleinerzieherinnen die Wohnbeihilfe gekürzt oder gestrichen wird. Das passiert, weil väterliche Unterhaltszahlungen bei der Berechnung der Wohnbeihilfe jetzt – bis zu einer Höhe von 162 Euro monatlich – zum mütterlichen Einkommen gerechnet werden. Effekt: Mutter ist amtlich gesehen plötzlich um 162 Euro „reicher“ und büßt dafür 200 oder 240 Euro Wohnbeihilfe ein. Wenn dazu noch die Miete steigt, ist das (ohnehin kleine) Familienbudget auf einmal arg geschrumpft. Die oberösterreichischen SPÖ-Frauen haben ein paar konkrete Beispiele durchgerechnet, um die Auswirkungen des neuen Gesetzes deutlich zu machen. Die Beträge, um die Mütter und Kinder jetzt umfallen, sind unterschiedlich hoch oder, aus der Sicht gut Verdienender, unterschiedlich niedrig. In einem Fall sind es 140 Euro, in einem anderen 180, in einem dritten gar nur 45. Aber 45 Euro zu haben oder nicht zu haben, das spielt in einem Haushalt, wo nach Abzug aller Fixkosten gerade einmal 290 Euro monatlich für Lebensmittel, Bekleidung und Schulsachen übrig bleiben, eine große Rolle.

Oberösterreich dockt übrigens mit dieser Gesetzesnovelle an die meisten anderen Bundesländer an, nur noch die Steiermark berechnet die Wohnbeihilfe nach dem alten Schlüssel. Das macht’s für die Betroffenen allerdings nicht leichter. Wenn es der Ministerin ernst ist mit der ­Familienfreundlichkeit: Hier könnte sie sich für bessere Regelungen einsetzen. Vorausgesetzt natürlich, Alleinerziehende samt Kindern gelten als Familien und nicht als unerwünschte Randgruppe. Wir sind gespannt.
Zum Schluss das Kuriose: Eine befreundete Theater­intendantin will eine Drehbuchautorin googeln, deren Name ihr gerade nicht einfällt. Sie gibt die Stichwörter ­Autorinnen und Film ein – und was kriegt sie als Ergebnis? Autorennen Filme.

Eigentlich doch nicht kurios. Weil: Wen wundert’s? ­Autorinnen und Film – so was kann doch nur ein Schreibfehler sein.

[email protected]

www.elfriedehammerl.com