Titelgeschichte: Die bizarre Welt der Verschwörungstheorien
Selbst eingefleischte Fans waren enttäuscht. Alles "aufgewärmte und gequirlte K.", urteilte ein Leser. Andere treue Anhänger monierten den Umfang des jüngsten Werks von EvD, wie Kenner den Schweizer Autor Erich von Däniken nennen. Mit nicht mehr als 140 Seiten sei das Buch "recht überschaubar", mäkelte ein Rezensent. Angesichts des pompösen Titels ist der Missmut verständlich: "Was ich jahrzehntelang verschwiegen habe", steht auf dem Cover, wobei schon die Seitenzahl vermuten lässt, dass das nicht ausufernd viel gewesen sein kann.
Dabei hätte gerade die Fangemeinde ahnen können, dass das Verschweigen nicht zu den hervorstechenden Tugenden Erich von Dänikens zählt: Im Verlauf eines halben Jahrhunderts verfasste der Großmeister der "Prä-Astronautik" Dutzende von Schriften, darunter Lektüre wie "Die Götter waren Astronauten" und, rein semantisch ein wenig gewagt, "Unmögliche Wahrheiten". Er erkundete die unwirtlichsten Winkel des Planeten, kroch durch staubige Pyramidengänge und zwängte sich in feuchte Höhlen, um zu sammeln und zu publizieren, was er als Beweise für seine Kernaussage betrachtete: In grauer Vorzeit landeten Aliens auf der Erde, und diese Besucher aus dem All waren identisch mit unseren historischen Gottheiten.
Doch die etablierte Wissenschaft, borniert, in Schubladendenken gefangen oder von böswilligen Instanzen geknechtet, ignoriere oder torpediere diese tieferen Einsichten in die Geheimnisse unserer Vergangenheit, und zwar mit einem wirklich üblen Trick: indem sie sich darüber lustig mache. EvD lässt sich davon nicht beirren: In einem Video kündigt er neue brisante Enthüllungen an, und zwar aufgrund von höchst brisanten Ufo-Akten. Das Material sei aber nicht für die breite Masse gedacht, sondern nur für den "Kreis der Eingeweihten".
Von Däniken kennt alle Ingredienzien, um den Nerv seines Publikums zu treffen: übersinnliche Wesen von extraterrestrischer Intelligenz; verborgene Wahrheiten, die nur einem Zirkel Wissender zugänglich sind; Religion, obskure Mächte, große Geheimnisse. Das ergibt packende Geschichten – und den Stoff, den jede Verschwörungstheorie braucht.
Ist der Schweizer ein Verschwörungstheoretiker? Zumindest sind seine Texte durchsetzt mit konspirativen Elementen. Aliens treten darin ebenfalls auf, was immer günstig ist. Die Menschen sind vernarrt in Aliens, zumal in solche, deren Gegenwart von höchsten Kreisen vertuscht wird, was wohl erklärt, warum wir zurzeit eine Neuauflage der TV-Serie "Akte X" erleben. Auch in der Realität glauben viele Menschen an Außerirdische, die Erdlinge entführen, um an ihnen grausame Experimente vorzunehmen. Initialzündung dafür war der angebliche Absturz eines Raumschiffs im amerikanischen Roswell 1947, wobei die Trümmer in der berüchtigten Militärbasis "Area 51" versteckt worden sein sollen. Der jähe Ufo-Totalschaden nach einer intergalaktisch sonst unfallfreien Anreise (was wieder einmal zeigt, dass die Landung das Schwierigste an der Fliegerei ist) wurde vom Autor Charles Berlitz aufgegriffen, der auch eine andere Story vermarktete: Im Bermudadreieck sollen rätselhafte Kräfte bewirken, dass Schiffe und Flugzeuge spurlos verschwinden.
Von ganz anderem Kaliber sind Verschwörungsmodelle, in denen irdische Mächte unheilvolles Potenzial entfalten ...
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