Krieg in Nahost

Amnesty-Chefin Callamard: „Werden nicht aufhören, Israels Apartheid-System anzuprangern"

Amnesty-International-Chefin Agnès Callamard kann Kritik an der Position ihrer Menschenrechtsorganisation nicht nachvollziehen.

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Amnesty International forderte nach dem Angriff der Hamas, wie schon 2022, eine „Abschaffung des israelischen Apartheid-Systems“. Kritiker werfen Ihnen eine Dämonisierung des jüdischen Staates und eine Verharmlosung des südafrikanischen Apartheid-Systems vor. Hat Amnesty nicht dazugelernt?
Callamard
Wir werden nicht damit aufhören, das Apartheid-System Israels anzuprangern. Das hätte ich Ihnen vor zwei Jahren schon genau so gesagt, und das werde ich weiterhin sagen.
Das ist doch nicht dasselbe System wie in Südafrika vor den 1990er-Jahren. Ist Apartheid wirklich der richtige Begriff?
Callamard
Ja. Der Begriff kommt aus dem Völkerrecht, neben uns nutzen ihn noch einige andere Organisationen sowie Experten der Vereinten Nationen in Bezug auf Israel. Apartheid ist ein System der Unterdrückung und Diskriminierung, die israelische Regierung wendet es in den von ihr kontrollierten Gebieten auf das palästinensische Volk an. Diese Unterdrückung wird von dem Gedanken der rassischen Überlegenheit gefördert. Das ist die Definition von Apartheid. Ich werde mich nicht entschuldigen, sondern dieses System anprangern. Genauso werden wir auch weiterhin die Kriegsverbrechen der Hamas verurteilen. Das eine schließt das andere nicht aus.
Kritiker werfen ein, dass man Israel nicht mit Südafrika vergleichen kann. Immerhin sitzen in Israel auch arabisch-muslimische Abgeordnete in der Knesset.
Siobhán Geets

Siobhán Geets

ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort.