Amokflug: Ein Pilot reißt 149 Menschen mit sich in den Tod - Warum?
Es ist eine monströse und unbegreifliche Tat, so kalkuliert und irrsinnig zugleich, dass alle rationalen Erklärungsmuster daran scheitern müssen: Der Erste Offizier eines Passagierjets nutzt eine kurze Toilettenpause des Flugzeugkapitäns, um sich im Cockpit zu verbarrikadieren. Dann stellt er den Autopiloten auf 96 Fuß, die minimal mögliche Flughöhe, und bringt die Maschine auf Kollisionskurs mit einer Bergkette.
Acht Minuten lang dauert der kontrollierte Absturz. Währenddessen reagiert der Mann am Steuerknüppel weder auf die Alarmsignale des Bordcomputers noch auf die Funksprüche der Bodenkontrolle oder die Rufe des Piloten, der vergeblich versucht, die Tür zum Cockpit aufzubrechen – zunächst durch Tritte, schließlich wohl sogar mit einer Axt.
Der Stimmrekorder registriert nur ruhiges Atmen, bis die Aufzeichnung abreißt.
Unvorstellbar? Ja. Aber genau so hat es sich abgespielt, an Bord von Germanwings-Flug 4U9525, am Dienstag vergangener Woche, zwischen 10:30:52 Uhr und dem Aufprall des Airbus A320 am Massiv Trois Évêchés im südfranzösischen Kanton Barcelonnette.
In den Untergang gesteuert wurde die Maschine von Andreas L., 27 Jahre alt, seit eineinhalb Jahren Pilot bei Germanwings. Mit ihm an Bord befanden sich 149 weitere Insassen: unter anderem zwei Babys und eine 16-köpfige Schulklasse, zwei Opernsänger und zwei iranische Journalisten, Urlauber und Geschäftsleute sowie fünf weitere Crewmitglieder, die ahnungslos und komplett zufällig einem Lebensmüden in die Hände geraten waren, der im Moment seines Suizids zum Massenmörder wurde.
Was Andreas L. getan hat, passt in keines der gängigen psychologischen und psychiatrischen Raster. Das heißt jedoch keineswegs, dass es nicht bereits vergleichbare Fälle gegeben hätte.
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