Beim Schnurrbart des Präsidenten
Anicet blickt über den staubigen Gefängnishof. Sechs Nächte hat er nun schon im Provinzgefängnis der 35.000-Einwohner-Stadt Rumonge verbracht. Der 20-Jährige (sein Name wurde geändert, Anm.) soll ein Verbrechen begangen haben, das anderswo keines ist: Er und sieben Studenten werden beschuldigt, ein Bild des burundischen Präsidenten Pierre Nkurunziza übermalt zu haben. Eine andere Gruppe Schüler wurde in ein Gefängnis in der Nähe gebracht.
Seit Mai wurden in Burundi Hunderte junge Männer aus dem Unterricht nach Hause geschickt oder ins Gefängnis gesperrt, weil sie das Bild des Präsidenten beschmiert haben sollen: mit großen Ohren, einer falschen Nase oder ein paar Hörnern. In der Stadt Muramvya protestierten Mitschüler wütend gegen die Verhaftungen. Die Polizisten eröffneten das Feuer und verletzten zwei der Jugendlichen. Die harten Strafen für die kritzelnden Studenten sind zu einem weiteren absurden Symbol für die sich verschlechternde Lage in Burundi geworden.
Dass nun Studenten wie Anicet verhaftet werden, versteht wohl niemand.
Im Frühjahr weigerte sich Präsident Nkurunziza zurückzutreten und strebte gegen die Verfassung eine dritte Amtszeit an. Seither steckt das Land in einer politischen Krise, die Opposition geht auf die Straße. Tausende Menschen sind gestorben, wurden inhaftiert oder gefoltert. Eine Viertelmillion Burundier sind aus Angst vor noch schlimmeren Unruhen geflohen.
Dass nun Studenten wie Anicet verhaftet werden, versteht wohl niemand. Die Mutter eines in Muramvya verhafteten Schülers sagt: "Kinder kritzeln in ihre Bücher, das haben wir alle gemacht. Aber das ist doch kein Grund, jemanden ins Gefängnis zu werfen.“