Berühmte letzte Worte

Setzt US-Präsident Barack Obama im Nahost-Konflikt zum Schluss seiner Amtszeit noch einen riskanten Paukenschlag?

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Jede Niederlage hinterlässt Frustration, und sie fällt umso stärker aus, wenn die ganze Welt einem beim Scheitern zugesehen hat. Niemand kann leugnen, dass US-Präsident Barack Obamas Versuche, den Nahost-Konflikt zu lösen, vergeblich waren - nicht einmal er selbst.

Zu Beginn seiner ersten Amtszeit schien diese Aufgabe für ihn die vordringlichste unter allen außenpolitischen Themen zu sein. Im Juni 2009 sagte er bei seiner legendären Ansprache in Kairo: "Es besteht kein Zweifel: Die Situation des palästinensischen Volkes ist untragbar.“ Und wenige Monate später richtete er an die israelische Regierung deutliche Worte: "Amerika akzeptiert die Legitimität der fortgesetzten israelischen Siedlungen nicht.“

Jetzt, wenige Wochen vor dem Ende von Obamas Präsidentschaft, lauten die Gewissheiten so: Die Situation des palästinensischen Volkes ist unverändert. Der israelische Siedlungsbau wird fortgesetzt. Obama konnte daran nichts ändern.

Nervosität in Israel

Die israelische Regierung hat gesiegt. Und genau deshalb herrscht in Israel höchste Nervosität. Ein qualifiziertes Gerücht geistert zwischen Washington und Jerusalem umher: Obama könnte in den letzten Wochen seiner Amtszeit für einen Paukenschlag sorgen, um seine Nahost-Bilanz zu retten. Gemunkelt wird über eine UN-Resolution, in der verbindliche Eckpunkte einer Nahost-Friedenslösung festgehalten werden, und zwar ohne die übliche Rücksichtnahme auf den israelischen Standpunkt, wonach es keine Vorbedingungen geben dürfe.

Könnte ein solcher Akt präsidentiellen Ungehorsams wider die diplomatische Tradition zwischen den beiden verbündeten Staaten etwas bewegen? Obama müsse eine solche Resolution im Sicherheitsrat unterstützen, wenn er "sein Vermächtnis im israelisch-palästinensischen Konflikt retten möchte“, schreibt Nathan Thrall, Nahost-Experte des Thinktanks International Crisis Group, in der "New York Book Review“.

Zachi Hanegbi, Minister im Kabinett von Premier Netanjahu, sieht das im Interview mit profil naturgemäß anders: Obama würde mit einer solchen Aktion in die Rolle eines "Demonstranten“ schlüpfen. Niemand, auch kein US-Präsident, könne Israel dazu zwingen, "gegen seine Interessen zu handeln“.

Barack Obamas Amtszeit endet am 20. Januar um 12 Uhr Washingtoner Ortszeit.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur