Ex-US-Vize-Präsident Biden: USA am Rande eines neuen Nahost-Konflikts mit dem Iran

Trump habe mit der Tötung von Qassem Soleimani "eine Stange Dynamit in ein Pulverfass geworfen".

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Nach der Tötung eines iranischen Generals bei einem US-Angriff im Irak stehen die Vereinigten Staaten nach Meinung des früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden möglicherweise "am Rande eines größeren Konflikts im Nahen Osten". US-Präsident Donald Trump habe soeben "eine Stange Dynamit in ein Pulverfass geworfen", schrieb der Präsidentschaftskandidat der Demokraten in einer am späten Donnerstagabend (Ortszeit) verbreiteten Stellungnahme.

Zwar habe der Kommandant der iranischen Al-Quds-Brigaden, Qassem Soleimani, es verdient, "für seine Verbrechen gegen amerikanische Soldaten" zur Rechenschaft gezogen zu werden. Doch habe der US-Angriff die bereits gefährliche Lage in der Region unnötig eskaliert, schrieb Biden.

Soleimani war am Donnerstag bei einem US-Raketenangriff nahe dem Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad ums Leben gekommen. Das US-Verteidigungsministerium teilte mit, die Bombardierung sei auf Trumps Anweisung erfolgt, um weitere Angriffe auf US-Diplomaten und Einsatzkräfte in der Region zu verhindern. Der Iran drohte mit Vergeltung.

US-Kongress nicht informiert

Der US-Kongress ist nach Angaben eines demokratischen Abgeordneten nicht vorab über den tödlichen Angriff informiert worden. Der Angriff in der irakischen Hauptstadt Bagdad sei "ohne Hinweis oder Beratung mit dem Kongress" erfolgt, teilte der Vorsitzende des Außenausschusses im Repräsentantenhaus, Eliot Engel, am späten Donnerstagabend mit.

Soleimani sei für "unermessliche Gewalt" verantwortlich gewesen und habe "Blut von Amerikanern an seinen Händen" gehabt, erklärte Engel. Aber eine Militäraktion "dieser Schwere" voranzutreiben, ohne den Kongress einzubinden, werfe "ernsthafte rechtliche Probleme" auf. Dies sei ein "Affront" gegen die Machtbefugnisse des Kongresses.

Der einflussreiche republikanische Senator Lindsey Graham, ein Parteifreund Trumps', erklärte hingegen im Kurzbotschaftendienst Twitter, der Präsident habe "kühn" gehandelt.

Getötet wurde bei dem Raketenangriff nahe des Flughafens auch ein Führungsmitglied der pro-iranischen Hasched-al-Schaabi-Milizen. Der Angriff erfolgte drei Tage nach der Erstürmung des US-Botschaftsgeländes in Bagdad durch tausende pro-iranische Demonstranten.

Al-Quds-Brigaden: Irans Militäreinheit im Ausland

Die Al-Quds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden (IRGC) sind de facto die Militäreinheit des Irans im Ausland, insbesondere in der islamischen Welt. Nach Ahmad Wahidi übernahm Ende der 1990er -Jahre der nun getötete Qassem Soleimani das Kommando der Einheit.

Ihre offizielle Aufgabe ist es, die dem Iran nahestehenden politischen Gruppen im Ausland zu unterstützen - hauptsächlich gegen islamischen Terrorismus etwa des "Islamischen Staats" (IS) in Syrien und im Irak. Der Westen warf der Al-Quds vor, militärisch die politischen Interessen des Irans in den islamischen Ländern umsetzen zu wollen sowie terroristische Aktionen im Ausland ausgeführt zu haben.

Die Al-Quds-Brigaden unterstützten auch die Kurden im Irak gegen den damaligen Machthaber Saddam Hussein sowie Teile der afghanischen Nordallianz gegen die islamistischen Taliban. Die Quds-Einheit ist dem obersten iranischen Führer, Ayatollah Ali Khamenei, unterstellt, dem die Verfassung in allen strategischen Belangen das letzte Wort gibt.

Die Revolutionsgarden verfügen über eine eigene Marine, Luftwaffe und Heereseinheiten. Die Al-Quds-Einheit soll offiziell 5.000 Soldaten haben, aber nach Ansicht von Beobachtern sind es weitaus mehr. Besonders für den Einsatz in Syrien gegen den IS und für den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad wurden neben Iranern auch Freiwillige aus Afghanistan und dem Libanon rekrutiert. Außerdem arbeitet Al-Quds auch eng mit der Schiitenmiliz Hisbollah in Südlibanon zusammen, die sie in den 1980er Jahren mitgegründet hatte.

Das Gesicht der Al-Quds war stets Qassem Soleimani. Was nach Soleimanis Tod nun aus der Truppe wird, ist fraglich. Einen geeigneten Nachfolger für ihn zu finden, wird für die iranische Führung nicht einfach sein. Soleimani war nicht nur bei der iranischen Führung geschätzt und geachtet, sondern auch bei den Reformern und sogar bei Oppositionskräften im Land, die nicht immer mit den Entscheidungen der IRGC einverstanden waren.