Nigel Farage, Chef der "Brexit-Party", nimmt wieder Anlauf

Mister Brexit Nigel Farage ist zurück

Nigel Farage fühlt sich um seinen Erfolg betrogen: Der Austritt aus der EU, den er als Chef der europafeindlichen UKIP heraufbeschworen hat, will nicht und nicht kommen. Bei den Europawahlen nimmt der Nationalist mit der neu gegründeten „Brexit Party" nochmals Anlauf – und hat massenhaft Zulauf.

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Federnd springt er auf die Bühne, dreht den Körper zum Publikum und öffnet die Arme so weit, als wolle er den ganzen Saal umarmen. „I am back“, ruft Nigel Farage: „Ich bin wieder da!“ Der Saal tobt vor Begeisterung. Der 55-Jährige lacht lustvoll und fletscht dabei die schiefen Zähne. Sein ganzer Auftritt signalisiert Leutseligkeit und Volksnähe. „Aber diesmal“, raunt er dann, und sein Lächeln rutscht ins Grinsen ab, „ist Schluss mit Mr. Nice Guy. Ich kann auch anders.“

Seine Fans (siehe Kästen im Laufe des Textes) sind begeistert. Hunderte sind ins „Neon“ in die walisische Hafenstadt Newport gekommen, um ihr Idol zu sehen. Sonst treten in dem Veranstaltungszentrum Comedians oder Musiker auf. Heute aber steht ein Mann auf der Bühne, der mit gutem Grund als Ahnherr des Brexit bezeichnet werden darf: Der englische Nationalist hat in seinem politischen Leben seit den frühen 1990er-Jahren nur für eines gekämpft – für den Austritt Großbritanniens aus der EU. Zuerst als Chef der UKIP, seit einigen Wochen als Vorsitzender der neu gegründeten „Brexit Party“.

Triumphgeheul verstummt

Am 23. Juni 2016 schien er sein Ziel erreicht zu haben: Die Briten hatten 52 zu 48 Prozent für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. „Das ist unser Unabhängigkeitstag!“, rief Farage damals überschäumend vor Glück. Der ehemalige City-Banker, der mit Rohstoffhandel Millionen verdient hat, schien genuin davon überzeugt zu sein, dass der europäischen Mittelmacht Britannien im 21. Jahrhundert eine glorreiche Zukunft außerhalb des EU-Handelsblocks winkte. Im November 2016 wurde er als erster britischer Politiker bei Donald Trump in New York vorstellig, der gerade die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte. Trump schlug Farage auf Twitter als britischen US-Botschafter vor. Eine Allianz der wettbewerbsbewussten Nationalisten auf beiden Seiten des Atlantiks schien sich anzukündigen.

Knapp drei Jahre später ist das Triumphgeheul verstummt. Die konservative Regierung von Theresa May hat es in Brüssel zwar geschafft, ein Austrittsabkommen auszuhandeln. Doch ihre Regierung, ihr Parlament und die Bevölkerung sind tief gespalten in der Frage, in welchem Verhältnis das Vereinigte Königreich zur EU in Zukunft stehen soll. Die Premierministerin kann kaum mehr auf Zustimmung zu ihrem EU-Scheidungsdeal hoffen. Erst einmal wurde der Brexit auf den 31. Oktober verschoben.

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Callum Vaga: „Tories repräsentieren uns nicht mehr“ „Ich hatte große Hoffnung in Theresa May gesetzt“, sagt Callum Vaga. Der junge Konservative studiert an der Universität in Cardiff Medien- und Kommunikationswissenschaften. In den vergangenen drei Jahren hat er sich schon öfter bei den Tories nützlich gemacht und bei Brexit-Kampagnen mitgeholfen. Doch Parteichefin Theresa May habe vollkommen versagt: „Wir haben für den Brexit gestimmt. Heute aber repräsentieren uns die Tories nicht mehr.“ Es ist ziemlich kühl an diesem Abend in Newport, trotzdem ist Callum in Shorts unterwegs. Man sieht Tattoos an Armen und Beinen. Seine ganze Familie ist mitgekommen, um Nigel Farage zu sehen. „Wir geben unsere Stimmen lieber jemandem, der unser Brexit-Votum ernst nimmt“, sagt Callum, „und sich dafür einsetzt, dass es auch wirklich umgesetzt wird.“

Callum Vaga

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Deshalb müssen die Briten jetzt noch einmal bei den EU-Wahlen am 23. Mai mitmachen. Und da schlägt die Stunde des Brexit-Zombies. Nigel Farage feiert seine Wiederkehr als untoter EU-Feind wie eine Auferstehung. Er will jetzt doch noch einmal, zum fünften Mal, ins Europäische Parlament einziehen. Seit 1999 sitzt er dort und schwingt EU-feindliche Reden. Da sich seine frühere Partei, die UKIP („United Kingdom Independence Party“) im Zuge des quälenden Brexitprozesses radikalisiert hat und heute offen antimuslimische Propaganda betreibt, trat Farage im Dezember aus und gründete die „Brexit Party“. Sie hat kein Parteiprogramm. Sie hat kaum Mitglieder. Aber sie hat ihn, den selbst ernannten Robin Hood der englischen Entrechteten.

Nach ersten Umfragen führt Farage mit 28 Prozent, gefolgt von der Labour-Party (22 Prozent). Die regierenden Tories liegen weit abgeschlagen bei 13 Prozent. Die EU-Wahlen könnten also für die britischen Parteien ein politisches Erdbeben bedeuten. Wie wichtig es für die EU ist, wenn Farage zurückkehrt? EU-Kommissar und Brexit-Verhandler Michel Barnier erzählte nach einem Gespräch mit Farage im April dieses Jahres, der Engländer habe selbstbewusst gemeint, dass „die EU nach dem Brexit nicht mehr existieren“ werde. Da könnte er sich allerdings täuschen: Das britische Chaos hat nämlich andere austrittsbereite Nationalisten wie die FPÖ verschreckt. Der Öxit ist derzeit vom Tisch.

Farage in Newport: Perfekter Ritt auf der Welle der Empörung

Den englischen Nationalismus hat das Brexit-Votum jedenfalls befördert. Die Fans von Nigel Farage in Newport sind ausnahmslos alle weiß. Wie es dem britischen Nationalcharakter entspricht, haben sie sich geduldig angestellt, um geordnet durch die Sicherheitskontrolle in den Saal zu gelangen. Auf der Verkehrsinsel vor dem „Neon“ rufen junge Frauen in himbeerfarbenen T-Shirts den Wartenden zu: „Stoppt Brexit!“ Für diese proeuropäischen Appelle hat hier niemand etwas übrig. Drinnen holen sich die Fans an der Bar in der Halle zum Aufwärmen ein Bier. Hier stört niemand mehr die lustvolle Anprangerung des „Brexit Betrayal“: Der angebliche Verrat an der Austrittsentscheidung durch Theresa May ist das dominierende Thema des Abends.

„Guten Abend, Brexiteers!“, ruft ein Einpeitscher, und die Menge jubelt. „Wollt ihr den Brexit?“ „Jaaaa!“ „Wann wollt ihr den Brexit?“ „Jeeeeetzt!“ Nigel Farage reitet die Welle der Empörung dann gekonnt wie immer. Simpelste Botschaften ersetzen die komplexe Wahrheit, dass man eben nicht so einfach nach 46 Jahren die EU verlassen kann, ohne das Vereinigte Königreich zumindest kurzfristig wirtschaftlich und politisch zu beschädigen. Farage, König der Pub-Theke, gibt den frustrierten Brexit-Fans genau das, was sie hören wollen: „Die Westminster-Elite hat den Brexit verraten. Das lassen wir uns nicht länger bieten!“

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Leslie Ware und Mark Kenny: „Wir behandeln die Einwanderer zu gut“ „Ich mochte Nigel – bis er aus UKIP ausgetreten ist“, sagt Leslie Ware. „Wir behandeln die Einwanderer zu gut. Wir zahlen ihnen Kinderbeihilfe auf britischem Niveau, obwohl ihre Kinder gar nicht hier wohnen.“ Die Buchhalterin will Farage zuhören, überlegt aber noch, ob sie für seine „Brexit Party“ stimmt oder lieber für eine noch radikalere Kleinpartei. Ihr Freund Mark Kenny nickt. Er war früher für die Labour-Party: „Die Politik von Labour aber verstehe ich nicht. Wir brauchen Klarheit.“ Nach der Veranstaltung stehen Leslie und Mark im Foyer. Hat Nigel sie von sich überzeugt? „Ja, er war wirklich gut“, findet Leslie. Mark nickt wieder. Er hält schon ein Schild, das ihm Farages Aktivisten in die Hand gedrückt haben: „Eine Stimme für die Brexit Party“ steht darauf: „Das nehme ich jetzt mit nach Hause und stelle es in mein Fenster.“

Leslie Ware

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Vor drei Jahren hofften jene 17,4 Millionen Briten, die für den Austrittt gestimmt hatten, dass damit endlich wieder Geld in die Staatskassa kommen würde. Schließlich ist das Vereinigte Königreich mit 10,5 Milliarden Euro pro Jahr ein Nettozahler in der EU. Seit der Finanzkrise 2008 und dem Sparprogramm der konservativen Regierung ab 2010 mussten die Briten den Gürtel enger schnallen. Doch trotz des Brexit-Votums hat sich nichts verbessert. Es scheint nicht vor und nicht zurück zu gehen. Geplante Reformen bleiben liegen.

Viele sind gekommen, um die desaströse Lage der Nation kurz vergessen zu können. Bei Nigel Farage, der mit seinem smarten Anzug und dem jovialen Grinsen gute Stimmung verbreitet, sind sie damit an der richtigen Stelle. Er spricht ihnen aus der Seele: „Weil wir für Brexit gestimmt haben, sind wir dumm? Nein! Wir wussten genau, was wir wollten!“ Die Leute klatschen hingerissen. Und ein bisschen trotzig.

Newport erlebte seine Hochblüte während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert als wichtiger Hafen für den Export von walisischer Kohle. Das Zentrum der Stadt atmet die Melancholie von einstiger Größe und gegenwärtigem Niedergang. Filialen von Poundshop und Starbucks reihen sich aneinander. Beim Referendum entschieden sich die rund 150.000 Einwohner von Newport mit einer Mehrheit von 56 Prozent für den Austritt.

Frustrierte Tories oder ehemalige UKIP-Leute

Bei den Parlamentswahlen wählt die Mehrheit hier Labour. Die Haltung von Labour-Chef Jeremy Corbyn zum Brexit ist allerdings unklar – am ehesten scheint er sich für einen supersanften Brexit zu erwärmen. Zu Farage strömen nicht die Linken, sondern eher die enttäuschten Konservativen, die den starken Verdacht haben, dass Theresa May, die ursprünglich selbst für den Verbleib in der EU eingetreten war, den Brexit von Anfang an hintertrieben hat. Sie wollen jetzt der „Brexit Party“ ihr Vertrauen schenken, um den Austritt noch zu retten.

Die meisten Kandidaten, die Farage aus dem Hut gezaubert hat, um etwas überstürzt an den EU-Wahlen teilzunehmen, sind frustrierte Tories oder ehemalige UKIP-Leute wie er selbst. „Ich habe einen großen Fehler gemacht: Ich war Mitglied der konservativen Partei“, bekennt Parteichef Richard Tice, der den Glauben an seine politische Heimat verloren hat. „55 Jahre war ich in der konservativen Partei“, sagt auch Ann Widdecombe, die vor einem Monat bei den Tories aus- und bei Farage eingetreten ist: „Diese Partei ist nicht mehr für uns da!“

Zum Publikumsliebling wurde die schlagfertige 71-jährige Ex-Ministerin durch ihre Teilnahme am Promi-Tanzfest „Strictly Come Dancing“ und an der Gameshow „Celebrity Big Brother“, bei der sie durch sexistische und LGBT-feindliche Meinungen auffiel. Jetzt steht sie neben Parteigründer und Spitzenkandidat Farage auf der Bühne und ist ganz in ihrem Element. Die EU ist ihr genauso verhasst wie ihrem neuen Politpartner. „Wenn der Brexit nicht passiert, dann verraten wir das Erbe unserer Großeltern“, ruft sie in den Saal: „Wenn wir uns von denen da am Kontinent regieren lassen wollten, dann hätten wir in Dünkirchen aufgegeben.“ In der französischen Hafenstadt waren 1940 britische Truppen von den Deutschen eingekesselt und durch eine beispiellose Solidaritätsaktion von britischen Fischern und privaten Bootsbesitzern gerettet worden.

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David Wood und Glenda Powell: „Um die eigenen Leute kümmern“ Glenda Powells Mann starb vor 30 Jahren als Soldat in Nordirland im Einsatz gegen die IRA. Glenda hält das Andenken an ihn bis heute hoch, sie engagiert sich bei den „Demokratischen Veteranen“ in Herefordshire. Ob der Austritt aus der EU, für den sie vor drei Jahren gestimmt hat, die Spannungen in Nordirland wieder verstärken wird, weil es unter Umständen eine Grenze zu Irland geben könnte? „Das glaube ich nicht. Wenn wir austreten, dann können wir uns endlich um unsere eigenen Leute kümmern.“ Sie ist mit ihrem Freund David Wood zwei Stunden mit dem Zug aus Herefordshire nach Newport gereist, um ihrem Helden zuzujubeln. „Es war höchste Zeit, dass Nigel aus der Pension zurückgekommen ist“, meint David. Farage hatte sich bis zur Gründung der „Brexit Party“ neben seinen gelegentlichen Auftritten im EU-Parlament mit einer Radioshow die Zeit vertrieben. Falls die Regierung und die Opposition im Parlament beschließen sollten, den Austrittsvertrag doch noch einmal der Bevölkerung vorzulegen, wäre das ein Skandal, meint David: „Die haben ja nicht einmal das Ergebnis der ersten Volksabstimmung honoriert!“

David Wood und Glenda Powell

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Im Saal wabert der Geist des Widerstandes gegen das Dritte Reich. Es war schließlich das letzte Mal, dass sich die Briten heroisch gegen das Unrecht in der Welt aufgelehnt haben. Seitdem ging es nur bergab. Das Empire zerfiel, die englischen Fabriken bekamen keine billigen Rohstoffe mehr. Währenddessen gründeten die Deutschen mit den Erzrivalen des Insel-Volks, den Franzosen, das europäische Konsensprojekt EWG. Die Briten blieben zögerlich am Rande hängen, bis sie 1973 halbherzig beitraten.

Auch heute ist etwa die Hälfte der Briten für und die andere gegen einen Austritt aus der EU. Farage sammelt jetzt die klassischen EU-Skeptiker um sich. Die alten Fans, die schon bei UKIP dabei waren, sind heute gekommen, weil sie wie Nigel Farage nicht unbedingt mit den rechtsradikalen Nationalisten, die UKIP übernommen haben, gegen Muslime hetzen wollen. Farage hängt der etwas zivilisierteren Xenophobie an, er schimpft lieber gegen die gesichtslosen EU-Institutionen. Und auf Jean-Claude Juncker natürlich, das geht immer: „Juncker ist ja schon vor dem Mittagessen nutzlos. Aber nachher erst!“, spottet er, und die Leute biegen sich vor Lachen. Dass Farage selbst stets mit einem Bier fotografiert wird, tut nichts zur Sache.

Versteckt rassistische Botschaften

Es geht nur um die Pointe, nicht um den Inhalt. Vor dem EU-Referendum ließ sich Nigel Farage vor einem Plakat mit einem syrischen Flüchtlingsstrom ablichten. Großbritannien ist nicht Teil der Schengen-Zone, die Flüchtlinge kamen nur bis Calais in Frankreich. Es gab auf der Insel keine Flüchtlingskrise. Die EU war auch nicht schuld am Krieg in Syrien. Doch das Bild, der Titel „Breaking Point“ – „Sollbruchstelle“ und der Slogan „Wir müssen die Kontrolle über unsere Grenzen wiederbekommen“ reichten. Die Briten wählten den Brexit.

Nigel Farage weiß genau, welche Knöpfe er drücken muss, um seine Wähler zu mobilisieren. Laut gelacht wird bei seinen versteckt rassistischen Botschaften. „Was hat uns George Osborne (der ehemalige Schatzkanzler der britischen Regierung, Anm.) im Falle eines Brexit nicht alles angedroht?“, fragt er genüsslich: „Höhere Arbeitslosigkeit und ein niedriges Pfund? Ja, sogar eine Heuschreckenplage!“ Die Leute schütten sich aus vor Lachen. George Osborne hieß ursprünglich Gideon und stammt aus einer assimilierten jüdischen Familie. Zu Pessach gedenken Juden der Flucht aus Ägypten und erwähnen, welche Plagen den ägyptischen Sklavenhaltern vom jüdischen Gott an den Hals gewünscht wurden. Zum Beispiel: eine Heuschreckenplage.

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Mona O’Connor: „Take back control! Wir wollen die Kontrolle zurück!“ Schon 1992, als Mona O’Connor noch in London lebte, forderte sie den Austritt aus der EU. Im Wahlkampf um den Parlamentssitz von Hampstead trat O’Connor für die Referendums-Partei gegen Glenda Jackson an. Die Schauspielerin siegte und ging für Tony Blairs Labour-Party ins Parlament. Mona O’Connor dagegen zog mit ihrem Mann nach Newport. Ihr Mann ist Installateur. Mona hilft ihm im Büro. „Wir arbeiten im Umkreis von 30 Kilometern, uns interessiert der Handel mit der EU nicht“, sagt sie. Drei Jahre nach dem Brexit-Votum sei es allerhöchste Zeit, den Slogan des Referendums endlich umzusetzen: „Take back control! Wir wollen die Kontrolle über unser Land zurück!“ Jetzt wird sie die Brexit-Partei von Nigel Farage wählen: „Wir müssen den Brexit-Verrat der Londoner Politelite stoppen.“

Mona O'Connor

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Das neue Logo der Brexit-Partei zeigt, wohin die Reise gehen soll. In einem weißen Pfeil auf hell-blauem Grund steht „Brexit Party“. Der Pfeil deutet nach rechts. Farages Wiederkehr dürfte zwar seinen politischen Erzfeind Guy Verhofstadt von den proeuropäischen belgischen Liberalen wenig freuen, doch Rechtspopulisten und Rechtsradikale hoffen auf seinen Sieg, um die Nationalisten im nächsten EU-Parlament zu unterstützen. Farage aber hat sich immer klar von den Rechtsradikalen abgegrenzt: Den krassen antisemitischen und antiislamischen Rassismus der Französin Marine Le Pen, des Niederländers Geert Wilders und der österreichischen FPÖ lehnt er ab.

Die rechtsextremen europäischen Parteien sammeln sich im EU-Parlament in der Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“ (ENF). Dort sind FPÖ, Lega Nord und Le Pens „Rassemblement National“ vertreten. Nigel Farage hingegen entschied sich mit der AfD für die Fraktion „Europa der Freiheit und der direkten Demokratie“ (EFDD). Bei den EU-Wahlen 2014 war er, damals noch mit UKIP, mit 27 Prozent der Stimmen stärkste britische Partei im Europäischen Parlament geworden. UKIP ist inzwischen zerbröselt, von 24 Abgeordneten sind nur noch vier übrig, die anderen sind aus UKIP geflüchtet.

Farage: "Wir wollen die politische Klasse in Westminster wegfegen"

Nigel Farage will sie alle wieder in der „Brexit-Party“ sammeln. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Den rechtspopulistischen Engländer aber hat stets geärgert, dass er es nie ins britische Parlament geschafft hat. Obwohl er wegen seiner charismatischen, volksnahen Persönlichkeit seit Jahren zur britischen Politszene gehört wie Fish and Chips zur englischen Speisekarte, wurde ihm bisher nicht die Ehre zuteil, als Abgeordneter ins House of Commons einzuziehen. Die Briten wählen ihr Parlament nach einem Mehrheitswahlrecht. Obwohl UKIP 2015 von knapp vier Millionen Briten gewählt worden war, gab es nur einen UKIP-Abgeordneten im Unterhaus. Und dieser hieß nicht Nigel Farage. Der Chef selbst hatte im Wahlbezirk South Thanet gegen einen Konservativen verloren. Er legte daraufhin auch den Parteivorsitz zurück.

Jetzt, wo Großbritannien in der Brexit-Sackgasse feststeckt, sieht Farage seine Chance. In Newport hetzt er nicht nur gegen die EU. Auch die britische Politelite bekommt ihr Fett ab. „In diesem Kampf geht es nicht nur um Brüssel. Wir wollen die politische Klasse in Westminster wegfegen, die nur sich selbst dient“, ruft er: „Sie benehmen sich, als seien sie die Herren und wir die Diener. Aber wenn wir die Wahlen gewinnen, dann wird deutlich werden, dass wir die Herren sind …“ An dieser Stelle macht Farage eine Kunstpause und blickt auffordernd in den Saal. Im Chor vollenden seine Anhänger seinen Satz: „… und sie die Diener!“

Tessa   Szyszkowitz

Tessa Szyszkowitz