Der Brexit-Vertragsentwurf
Die britische Regierung hat nach stundenlangen Beratungen den Entwurf für das Brexit-Abkommen mit der EU gebilligt. Die EU-Behörde stellte das 585 Seiten lange Dokument für eine Austrittsvereinbarung am Mittwochabend ins Internet.
Der Brexit-Vertragsentwurf legt eine Übergangsphase fest, klärt die künftigen Rechte der Bürger sowie die Finanzverpflichtungen Londons, und soll eine wasserdichte Lösung zur Nordirland-Frage liefern. Hinzu kommt eine Absichtserklärung zu den künftigen Beziehungen. Hier die wichtigsten Punkte.
ÜBERGANGSPHASE
In der Übergangsphase bleibt Großbritannien vorerst im EU-Binnenmarkt und der Zollunion, um einen harten Schnitt für die Wirtschaft zu verhindern. Sie soll bis zum 31. Dezember 2020 gehen, kann aber einmal verlängert werden. Großbritannien muss dabei weiter das EU-Regelwerk anerkennen, ohne selbst noch ein Stimmrecht zu haben, und ist verpflichtet, weiter Mitgliedsbeiträge zu zahlen. London darf seinerseits aber bereits eigene "internationale Abkommen" etwa im Handelsbereich schließen, sofern diese erst nach der Übergangsphase in Kraft treten.
EU-BÜRGER
In Großbritannien leben gut drei Millionen Menschen aus anderen EU-Staaten, in der EU rund eine Million Briten. Sie haben das Recht zu bleiben, zu arbeiten oder zu studieren. Auch Ansprüche bei Krankenversicherung, Pensionen und sonstigen Sozialleistungen werden garantiert. Dasselbe gilt für Bürger, die erst während der Übergangsphase ankommen. Alle dürfen laut EU-Verhandlungsführer Michel Barnier Familienmitglieder wie Ehe- oder Lebenspartner, Kinder oder Eltern "während der gesamten Lebenszeit" nachholen.
FINANZVERPFLICHTUNGEN
Großbritannien soll alle Finanzverpflichtungen erfüllen, die es während seiner Mitgliedschaft eingegangen ist - auch wenn diese über das Austrittsdatum und das Ende der Übergangsphase hinausreichen. Eine genaue Summe ist noch nicht festgelegt, sondern nur eine Berechnungsmethode. Die britische Regierung schätzt die daraus resultierenden Verpflichtungen auf 35 bis 39 Milliarden Pfund (40,21 Mio. Euro bis 44,80 Mio. Euro).
NORDIRLAND
Die Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland ist die komplizierteste Brexit-Frage. Grund ist das Karfreitagsabkommen, das den blutigen Nordirland-Konflikt zwischen irisch-katholischen Nationalisten und protestantischen Loyalisten beendete. Es basiert auf einer Grenze ohne Kontrollen. Durch den Brexit drohte eine "harte Grenze" mit wiedereingeführten Personen- und Güterkontrollen, die beide Seiten unbedingt vermeiden wollen.
Dies soll nun durch drei Optionen garantiert werden, über die während der Übergangsphase bis Juli 2020 entschieden wird: Entweder beide Seiten lösen die Frage über eine Vereinbarung zu den künftigen Beziehungen. Reicht die Zeit dazu nicht, kann die Übergangsphase verlängert werden, oder es greift eine Auffanglösung, in der das gesamte Vereinigte Königreich bis auf Weiteres in einer Zollunion mit der EU bleibt. Für Nordirland würden zudem die Bestimmungen des EU-Binnenmarktes weiter gelten.
KÜNFTIGE BEZIEHUNGEN
In einem eigenen, bisher acht Seiten langen Dokument wird eine politische Absichtserklärung zu den künftigen Beziehungen nach der Übergangsphase umrissen. Ziel ist demnach bei Waren die "Schaffung eines Freihandelsgebiets" "ohne Zölle, Abgaben, Gebühren oder mengenmäßigen Beschränkungen".
Bei den für den Finanzplatz London besonders wichtigen Finanzdienstleistungen wird insbesondere "fairer Wettbewerb" gefordert. Hinzu kommen angestrebte Vereinbarungen etwa zu Luftverkehr, Energie, Fischerei, Verteidigung oder Strafverfolgung. Verhandlungen darüber sollen direkt nach dem Brexit im März kommenden Jahres beginnen.