Bundesheer: Die Helden von Kabul
Das wichtigste ist es, die Übersicht zu behalten, so groß der Wirbel um einen auch sein mag. „Es hat extrem großes Chaos geherrscht, es wurde immer wieder geschossen.“ So schildert ein Mitglied des Jagdkommandos des Bundesheeres in einer Online-Konferenz mit Medienvertretern seine Erlebnisse in Afghanistan. Der Soldat, dessen Name nicht genannt werden darf, war von Mitte bis Ende August gemeinsam mit einem Kameraden am Flughafen Kabul im Einsatz. Die Lage: Hitze, Staub, Menschentrauben, abgestellte Fahrzeuge, Panik, Tote, Gräben voller Müll und Fäkalien. Die Aufgabe der zwei Soldaten bestand darin, einen österreichischen Diplomaten zu schützen und dabei zu unterstützen, Österreicher in Kabul aus der Menschenmasse durch die Absperrungen auf das Flughafengelände zu schleusen.
Von dort wurden sie auf deutschen und ungarischen Transportmaschinen ausgeflogen. Um als Österreicher erkannt zu werden, trug der Diplomat eine rot-weiß-rote Weste und eine Fahne. Auch die Schutzsuchenden machten mit Österreich-Fahnen oder groß kopierten Dokumenten auf sich aufmerksam. Insgesamt 100 Personen konnten die drei Österreicher so retten. Da die Situation am Flughafen immer gefährlicher wurde, beendeten sie ihren Einsatz vor Ort. Wenig später starben 13 amerikanische Soldaten bei einem Attentat. Der Bundesheer-Soldat dient seit 22 Jahren im Jagdkommando und absolvierte schon einige Missionen im Ausland: „Wir üben so etwas jeden Tag.“
Die in Wiener Neustadt stationierten Soldaten des Jagdkommandos sind die Spezialeinsatzkräfte des Bundesheeres - zu Lande, zu Wasser und aus der Luft. Die Rettung österreichischer Staatsbürger aus Krisengebieten zählt zu ihren Kernaufgaben, dazu Spezialaufklärung, Kommandounternehmen wie Geiselbefreiungen oder Festnahmen sowie Unterstützung regulärer Heereseinheiten bei besonderer Gefährdung.
In den vergangenen Jahren war das Jagdkommando auch in Afghanistan im Einsatz. Bei einem Angriff auf ein Camp der internationalen Friedenstruppe in Kabul 2015 unterstützten drei Österreicher amerikanische Soldaten und leisteten Erste Hilfe. 2008 wurde eine Einheit bei einer EU-Mission im Tschad in ein Gefecht verwickelt. Mehr zu den Einsätzen des Jagdkommandos lesen Sie hier.
Eine weitere Aufgabe der Spezialkräfte besteht in der Ausbildung von Soldaten anderer Armeen. Der frühere profil-Reporter Martin Staudinger verbrachte 2017 einige Tage mit Jagdkommando-Angehörigen im Senegal, die dort Spezialeinheiten trainierten. Seine Reportage lesen Sie hier.
Die profil-Redakteure Edith Meinhart und Michael Nikbakhsh stellen aktuell einen Podcast über das Jagdkommando fertig. Als erste Journalisten erhielten sie Zugang zu dessen Arsenal in Wiener Neustadt. Die Episode wird demnächst auf allen Streaming-Diensten verfügbar sein.