Proteste in Ungarn

Der Mann, der Orbán gefährlich wird

Einst war er ein Profiteur der ungarischen Autokratie. Jetzt packt er über Orbáns Machenschaften aus. Was will Péter Magyar?

Drucken

Schriftgröße

Der Mann, der Viktor Orbán zu Fall bringen will, hat weder eine politische Funktion noch ein Programm. Sein wichtigstes Werkzeug ist eine Facebook-Seite, der mittlerweile mehr als eine Viertelmillion Menschen folgen. In einem Posting teilt er das Cover eines ungarischen Magazins. Es zeigt ein verstopftes Abflussrohr und daneben eine Flasche mit Magyars Konterfei. Die Headline: „Der Saubermacher“.

Péter Magyar inszeniert sich als eine Art Alexei Nawalny der ungarischen Politik. Wobei Magyar selbst einmal Teil des Systems war, das er jetzt bekämpfen möchte.

„Es gibt einen Weg aus der Dunkelheit“, schreibt er in einem seiner zahlreichen Posts. Und: „Holen wir uns unser Land zurück!“

Laut einer jüngsten Umfrage würden 13 Prozent der Wählerinnen und Wähler Magyar ihre Stimme geben. Und das, obwohl er noch nicht einmal eine Partei gegründet hat.

Wer ist dieser Mann und wo kommt er her? 

Péter Magyar war ein Günstling Orbáns. Der studierte Jurist leitete das Zentrum für Studentenkredite und war Leiter der EU-Rechtsabteilung in der Ungarischen Entwicklungsbank (MFB). Als Diplomat an der ungarischen Botschaft war er jahrelang in Brüssel stationiert. Noch wichtiger aber: Er war 16 Jahre lang mit der früheren Justizministerin Judit Varga verheiratet und hat drei Kinder mit ihr. Ausgerechnet dieser Mann fordert Viktor Orbán seit einigen Wochen öffentlich heraus. In Facebook-Postings wirft er ihm vor, einen korrupten Mafia-Staat errichtet und das Land unter einer Handvoll Familien aufgeteilt zu haben.

Diese Vorwürfe sind nicht neu. Die Opposition kritisiert seit Jahren die grassierende Korruption in Ungarn. Die EU hat aufgrund der mangelnden Rechtsstaatlichkeit Milliarden eingefroren. In keinem EU-Mitgliedsland deckt das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) so viele Fälle auf, bei denen Fördergelder missbräuchlich verwendet wurden, wie in Ungarn. Weil die Justiz als politisiert gilt, verlaufen die Verfahren im Sand. Péter Magyar hat jetzt einen Beweis vorgelegt, der ein solches Beispiel illustriert – auf höchster politischer Ebene.

Judit Varga

Die ehemalige Justizministerin Ungarns ist Peter Magyars Ex-Frau. 

Das Audio-Tape

Es handelt sich dabei um einen zwei Minuten langen Audiomitschnitt aus dem Jänner 2023. Zu hören ist Magyar im Gespräch mit seiner Ex-Frau Judit Varga, damals Justizministerin. Das Paar ist seit einem Jahr geschieden. 

Franziska Tschinderle

Franziska Tschinderle

schreibt seit 2021 im Außenpolitik-Ressort. Studium Zeitgeschichte und Journalismus in Wien. Schwerpunkt Südosteuropa / Balkan.