Wegen eines Madonnenbilds festgenommen: Aktivistin Elzbieta Podlesna

"Die Jungfrau Maria hat nichts gegen Homosexuelle"

Die polnische Psychotherapeutin Elżbieta Podleśna kämpft für Frauen- und LGBT-Rechte. Nun drohen ihr bis zu zwei Jahren Haft. Grund: ein Madonnenbild mit Regenbogen statt Heiligenschein.

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Elżbieta Podleśna (51), Psychotherapeutin und Bürgerrechtlerin, ist eine der Galionsfiguren der polnischen Frauenrechtsbewegung. Im Dezember wurde sie in Wien im Rahmen des Filmfestivals "This Human World 2019" mit dem Menschenrechtspreis "Georg" ausgezeichnet, der nach dem Menschenrechtler Georg Lebiszczak benannt ist.

INTERVIEW: SIMONE BRUNNER

profil: Sie wurden im Mai von der Polizei festgenommen, weil bei Ihnen Plakate mit der "Schwarzen Madonna von Tschenstochau" sichergestellt wurden, die an der Stelle des Heiligenscheins einen Regenbogen, das Symbol für Schwulen-und Lesbenrechte, zeigen. Wie ist es dazu gekommen? Podleśna: Mit der "Regenbogen-Madonna" protestierten wir gegen eine Ostertradition in Płock. In dieser Stadt wird jedes Jahr ein Jesusgrab in einer Kirche aufgebaut. Daneben werden auf Bildern "Sünden" aufgezählt - auf einem davon stand auch das Wort "LGBT". Wir haben dort nicht nur Plakate mit unserer Version der "Schwarzen Madonna" verteilt, sondern auch Sticker mit den Namen jener Bischöfe in der Stadt, die für die Vertuschung von Missbrauchsfällen in der polnischen Kirche verantwortlich sind. Eines Tages um sechs Uhr früh stand dann die Polizei vor meiner Tür in Warschau. Bei der Hausdurchsuchung fand sie die Plakate. Ich wurde festgenommen, aber nach einigen Stunden wieder freigelassen.

profil: Mit welcher Begründung wurden Sie festgenommen? Podleśna: "Beleidigung religiöser Gefühle": Darauf stehen in Polen bis zu zwei Jahre Haft. Wir wollten aber keine religiösen Gefühle verletzen, sondern zeigen, dass die Jungfrau Maria nichts gegen Homosexuelle hat, sondern gegen die Sünden, die in der Kirche selbst begangen werden.

profil: Wie geht es jetzt weiter? Podleśna: Die Staatsanwaltschaft sammelt derzeit für ein Verfahren in ganz Polen die Klagen von Personen, deren religiöse Gefühle ich durch die Aktion verletzt haben soll. Auch Institutionen sind darunter. Wie kann man die religiösen Gefühle einer Institution verletzen?

profil: "Niemand hat das Recht, im Namen von Freiheit oder Toleranz die Gefühle von Gläubigen zu verletzen", schrieb der Innenminister über Ihre Aktion auf Twitter. Wie waren die Reaktionen? Podleśna: Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen werde ich seither als Volksfeindin diffamiert. Es wurde sogar eine Dokumentation mit dem Titel "LGBT-Invasion" gedreht. Journalisten des nationalen Fernsehens kamen zu mir in das Krankenhaus, in dem ich als Psychotherapeutin arbeitete. Inzwischen habe ich meinen Job gekündigt. Die Hälfte der Belegschaft war für mich, die andere Hälfte gegen mich. Ich habe es satt, wie versucht wird, mein Leben zu ruinieren.

profil: Die Frauenbewegung in Polen gilt als gut organisiert. Nach Protesten hat die Regierung ein geplantes Abtreibungsverbot gekippt. Ist das Thema vom Tisch? Podleśna: Die Bischöfe fordern das nach wie vor. Deswegen haben wir Angst, dass alles wieder auf die Agenda kommt, vielleicht sogar schon vor den Präsidentschaftswahlen im kommenden Mai. Menschen und vor allem Frauenrechte stehen immer dann zur Disposition, wenn sich die PiS (die Regierungspartei, Anm.) die Unterstützung der Kirche sichern will. Es wird schwierig werden, wieder Tausende dagegen auf die Straße zu bringen. Nach vier Jahren sind die Menschen müde geworden. Ich bin auch schon müde.

profil: Dennoch ist die PiS höchst populär. Bei den Parlamentswahlen errang sie 43,6 Prozent. Podleśna: Es ist sehr schwierig, Wahlen zu gewinnen, wenn die Regierung das öffentlich-rechtliche Fernsehen kontrolliert, wo sie nach Belieben lügen und manipulieren kann. Wenn man das berücksichtigt, dann hat die Opposition eigentlich ganz gut abgeschnitten.