Flüchtlinge auf einem Boot vor der Insel Lesbos im September 2015

Die Rückkehr der Boote

Das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei droht zu scheitern. Daran ist auch Europa schuld.

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Die Zahl der Bootsflüchtlinge in der Ägäis steigt wieder merklich an. In der ersten Septemberhälfte zählte das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) 1658 Neuankömmlinge auf griechischen Inseln, im gesamten August waren es 3270 gewesen - fast doppelt so viele wie im Juli.

Dafür dürften zwei Gründe ausschlaggebend sein. Erstens sind aufgrund der sinkenden Nachfrage die Preise für die Überfahrt verfallen. Verlangten Schlepper im Vorjahr noch durchschnittlich 1500 Dollar pro Person, sind es derzeit lediglich 500 Dollar.

"Dieses Abkommen existiert nur auf dem Papier“

Eine noch größere Rolle spielt aber wohl die Tatsache, dass Griechenland das Flüchtlingsabkommen, das die Rückschiebung von Asylwerbern in die Türkei vorsieht, nicht umsetzt - vor allem, weil der Nachbarstaat nicht als "sicheres Drittland“ betrachtet wird. "Dieses Abkommen existiert nur auf dem Papier“, zitierte die "New York Times“ vergangene Woche einen Syrer, der in der Nähe von Bodrum auf seine Schlepper wartete: "Niemand wird in die Türkei zurückgebracht, wie es hieß. Deswegen ist es nun an der Zeit, aufzubrechen.“

Inzwischen haben sich in Griechenland bereits mehr als 60.000 Flüchtlinge und Migranten angesammelt, die unter teils menschenunwürdigen Bedingungen auf eine Entscheidung über ihren Status warten. Vor allem auf den Inseln der östlichen Ägäis sind die Auffanglager überfüllt. Gerhard Knaus, der "Erfinder“ des Flüchtlingsabkommens, befürchtet mittlerweile ein Scheitern des Projekts. Sollte es dazu kommen, sei nicht nur die Türkei verantwortlich, sondern auch die EU. Sie habe die Regierung in Ankara nicht ausreichend unter Druck gesetzt, ein "schnelles, faires und ernstzunehmendes Asylsystem“ einzurichten, kritisiert Knaus gegenüber der finnischen Zeitung "Helsingin Sanomat“. Es sei "beschämend“, dass die EU von der Türkei erwarte, die Flüchtlinge gut zu behandeln, dasselbe aber in Griechenland nicht durchzusetzen vermöge.