Was Trump in seiner zweiten Amtszeit vorhat
Von Siobhán Geets
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Wie Trump die Grenze schließen und illegale Migranten loswerden will
Migration steht für Trump an oberster Stelle. Die Grenze zu Mexiko will der neue US-Präsident am ersten Tag seiner Präsidentschaft schließen. Gelingen soll das offenbar durch das Ausrufen einer Krise der öffentlichen Gesundheit, wie Trump das schon einmal gemacht hat: Zu Beginn der Coronapandemie 2020 löste Trump den sogenannten Title 42 aus. Damit können Grenzen vor-übergehend geschlossen werden, wenn durch Einschleppung von Krankheiten eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit besteht.
Deshalb sucht Trumps Team, allen voran sein Berater in Migrationsfragen und designierter Vize-Stabschef Stephen Miller, seit Wochen fieberhaft nach einer Krankheit. Laut „New York Times“ fahnden seine Berater nach Fällen von Tuberkulose und anderen Atemwegserkrankungen unter Migranten an der Südgrenze.Berater in Migrationsfragen und designierter Vize-Stabschef Stephen Miller, seit Wochen fieberhaft nach einer Krankheit.
Sollte sich keine Krankheit finden, könnte Trump trotzdem versuchen, die Grenzen mit dem Argument der öffentlichen Sicherheit zu schließen. Immerhin wisse man nicht, welche Viren illegale Migranten in die USA einschleppen, so das Argument.
Der einzige Weg, die Familie nicht zu zerreißen, ist, sie alle zurückzuschicken.
Der Versuch, Einwanderer mit Krankheiten in Verbindung zu bringen, weckt dunkle Erinnerungen. In den USA wurden immer wieder Minderheiten für die Ausbreitung von Seuchen verantwortlich gemacht.
Versprochen hat Trump auch die Fertigstellung der Mauer zwischen den USA und Mexiko, seine Berater debattieren über die Ausrufung des nationalen Notstands, damit Soldaten an die Grenze verlegt werden können. Rund 100 Milliarden Dollar soll das alles kosten.
Steven Miller
Trumps Berater in Migrationsfragen sucht seit Wochen fieberhaft nach einer Krankheit unter Migranten an der Südgrenze.
Gleichzeitig will Trump Menschen, die sich illegal im Land aufhalten, abschieben, am besten gemeinsam mit ihren Angehörigen, auch wenn diese amerikanische Staatsbürger sind: „Der einzige Weg, die Familie nicht zu zerreißen, ist, sie alle zurückzuschicken“, so Trump im Sender NBC. Begonnen werden soll mit rund einer Million Migranten, die erst vor Kurzem ins Land kamen und Straftaten begangen haben.
Doch dafür braucht Trump die Unterstützung der Städte und Gemeinden. In einigen davon, den sogenannten „Sanctuary Cities“, genießen illegale Einwanderer besondere Rechte. Diese Zufluchtsstädte weigern sich, bei Abschiebungen mitzuwirken. Deshalb droht Trump, ihnen Gelder aus dem Bund zu kürzen. Während seiner ersten Amtszeit hatte ein Gericht dieses Vorhaben gestoppt. Nun dürfte er einen neuen Versuch wagen.
Für eine Kürzung bereits beschlossener Gelder bräuchte Trump die Unterstützung des Kongresses oder, wenn sich dieser weigert, den Supreme Court. Dieser urteilt in wichtigen Fragen meist ganz im Sinne Trumps: Während seiner ersten Amtszeit hat Trump die Mehrheiten des obersten US-Gerichts weit nach rechts verschoben.
Wie Trump Amerikas Wirtschaftsinteressen durchsetzen will
Donald Trump hegt eine Liebe für Zölle. „Zölle sind wunderschön“, sagte er einmal, „sie werden uns reich machen.“ Eigentlich sind Zölle dazu da, gleichberechtigtes Wirtschaften zu garantieren. Doch Trump nutzt sie, um Staaten zu drohen.
Die Rede ist von Zöllen auf ausländische Waren in Höhe von zehn bis 20 Prozent. Für Kanada und Mexiko plane er 25 Prozent auf Importe, für Güter aus China sollten 35 Prozent gelten, schrieb Trump zuletzt auf seiner eigenen Social-Media-Plattform „Truth Social“.
© APA/AFP/ANGELA WEISS
Howard Lutnick
Ob es wirklich zu Handelskriegen kommt, hängt auch von Trumps langjährigem Freund Lutnick ab. Der milliardenschwere Chef des Finanzdienstleisters Cantor Fitzgerald soll Handelsminister werden.
Howard Lutnick
Ob es wirklich zu Handelskriegen kommt, hängt auch von Trumps langjährigem Freund Lutnick ab. Der milliardenschwere Chef des Finanzdienstleisters Cantor Fitzgerald soll Handelsminister werden.
Darunter leiden würden Konsumenten und Unternehmen auf beiden Seiten der Grenze. Ökonomen warnen vor potenziellen Wirtschaftskriegen, einem Schrumpfen der Weltwirtschaft und steigender Inflation in den USA, Mexiko, China und Europa. Ob es wirklich so weit kommt, hängt auch von Trumps Vertrautem Howard Lutnick ab. Der milliardenschwere Chef des Finanzdienstleisters Cantor Fitzgerald soll Finanzminister werden.
Sollte Washington Zölle gegen China und Europa verhängen, könnte die EU ihre Strategie aus der ersten Amtszeit Trumps wiederholen. Damals durfte nur eine bestimmte Menge an Stahl in die EU eingeführt werden, darüber hinaus galten Zölle von 25 Prozent.
Wie Trump den Krieg in der Ukraine beenden will
Im Wahlkampf versprach Trump, den Krieg in der Ukraine „in einem Tag“ zu beenden. Wie genau er das erreichen will, verriet er nicht, nur so viel: Er werde Russland und der Ukraine helfen, einen „Deal“ abzuschließen.
Keith Kellogg
Trumps Sondergesandter für die Ukraine schlägt Gebietsabtritte an Moskau und eine weitere Bewaffnung der Ukraine vor. Im Osten soll eine demilitarisierte Zone unter der Kontrolle Russlands entstehen.
Als Trump 2016 das erste Mal zum US-Präsidenten gewählt wurde, knallten im Kreml die Sektkorken. Doch dann heizte er die Sanktionen gegen Russland an und schickte als erster US-Präsident panzerbrechende Waffen in die Ukraine. Zum Sondergesandten der Ukraine hat Trump nun den ehemaligen General Keith Kellogg bestellt. Dieser skizzierte seine Pläne bereits im April für den rechten Thinktank „America First Policy Institute“. Vorgesehen sind Gebietsabtritte an Moskau und eine weitere Bewaffnung der Ukraine, damit Russland nach einem Friedensabkommen nicht wieder angreift. Im Gegenzug soll im Osten eine demilitarisierte Zone unter der Kontrolle Russlands entstehen. Die NATO sollte anbieten, die Mitgliedschaft der Ukraine „für einen längeren Zeitraum auszusetzen“.
Noch weiter geht Trumps Vize JD Vance, dessen Plan direkt aus der Feder des russischen Präsidenten Wladimir Putin stammen könnte: Russland solle die eroberten Gebiete behalten dürfen, der Westen müsse garantieren, die Ukraine niemals in die NATO aufzunehmen.
Putin will eine schutzlose und entmachtete Rumpf-Ukraine unter dem Einfluss Moskaus. Und Trump? „Ich garantiere für nichts“, sagte er bei seinem ersten Interview als gewählter Präsident zum Fernsehsender CBS.
Wie Trump die Klimapolitik Bidens rückabwickeln will
„Drill, Baby, drill!“ – im Wahlkampf hat Trump einen alten Schlachtruf der Republikaner wieder aufgewärmt. Das Versprechen: Er werde am ersten Tag seiner Amtszeit dafür sorgen, die Ölförderung weiter auszubauen – und etwa das unter Joe Biden verhängte Verbot von Offshore-Öl- und Gasbohrungen aufheben. Offshore-Windkraftanlagen will er hingegen nicht mehr zulassen – zum Schutz von Walen und Vögeln, wie er behauptet.
Lee Zeldin
Als Chef der Environmental Protection Agency (EPA) soll Zeldin Umweltgesetze abbauen. Er war schon als New Yorker Kongressabgeordneter konsequent gegen Investitionen in erneuerbare Energien und Umweltschutz.
Die Umweltvorschriften der Biden-Administration will Trump loswerden, aus dem Pariser Klimaabkommen möchte er – wie schon in seiner ersten Amtszeit – aussteigen. Donald Trump glaubt nicht daran, dass der Mensch für den Klimawandel verantwortlich ist. Daher hält er auch nichts von der Bevorzugung klimafreundlicher Technologien, die Biden massiv gefördert hat.
Die Umweltgesetze abbauen soll jetzt Lee Zeldin. Der Wunschkandidat Trumps für den Chefposten in der Environmental Protection Agency (EPA) war schon als New Yorker Kongressabgeordneter konsequent gegen Investitionen in erneuerbare Energien und Umweltschutz.
Wie Trump Amerika deregulieren will
Lange waren die großen Tech-Unternehmen im Silicon Valley eher demokratisch gesinnt. Doch damit ist es vorbei. Einer nach dem anderen liefen die Chefs der großen IT-Unternehmen ins republikanische Lager über. An der Speerspitze der Tech-Trumpisten steht Tesla-Gründer Elon Musk, seines Zeichens reichster Mann der Welt und seit Kurzem Berater des (designierten) Präsidenten. Gemeinsam mit dem Unternehmer Vivek Ramaswamy leitet Musk künftig das Department für Government Efficiency, kurz DOGE. Im Sinne der Kostenreduktion soll das inoffizielle Ministerium die Staatsausgaben überprüfen, denn Bürokratie ist in den Augen Musks und Ramaswamys eine „existenzielle Bedrohung“.
Elon Musk
Gemeinsam mit Vivek Ramaswamy soll der Tech-Milliardär Elon Musk die Bürokratie abbauen. Dabei helfen sollen ihm andere Millionäre und künstliche Intelligenz.
Wie die „New York Times“ berichtet, sollen Musks Freunde und Bekannte aus dem IT-Sektor, darunter der deutsch-amerikanische Investor Peter Thiel, abwechselnd – und unbezahlt – für bis zu sechs Monate in dem Ministerium arbeiten und mithilfe künstlicher Intelligenz Sparpotenziale identifizieren.
Den IT-Chefs im Silicon Valley geht es darum, das Land im Sinne ihrer Wirtschaftsinteressen zu deregulieren. Trumps designierter Vizepräsident JD Vance spricht hingegen davon, „den Verwaltungsstaat für unsere Zwecke in Beschlag zu nehmen“. In den USA ist ein Großteil der Beamten parteilos, und Trump will den Staatsdienst ganz in seinem Sinne ausrichten. Wie unter Premier Viktor Orbán in Ungarn sollten die Institutionen in den USA auf rechts getrimmt werden.
Selbst Kürzungen vornehmen kann DOGE zwar nicht, das vermag nur der Kongress. Doch Musk ist zuversichtlich. Angedacht ist, bis zu zwei Billionen Dollar (von etwa 6,8 Billionen) im Haushaltsplan einzusparen. Realistisch sei wohl eher eine Billion, ließ Musk zuletzt wissen.
Trump wettert schon lange gegen den „deep state“, versinnbildlicht in den verhassten „three letter agencies“, allen voran FBI und CIA. Das Bildungsministerium möchte er ganz abschaffen, „außer Kontrolle geratene Bürokraten“ will er „am ersten Tag feuern“. Um Beamte rasch kündigen zu können, erließ Trump gegen Ende seiner ersten Präsidentschaft eine „executive order“, also ein präsidiales Dekret, mit dem er am Kongress vorbei Weisungen beschließen kann. Unter Biden wurde die Verordnung abgeschafft, nun dürfte sie wieder entstaubt werden.
Siobhán Geets
ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort.