Nahost-Konflikt

„Der Krieg zwischen Israel und dem Iran findet längst statt“

Der Konflikt zwischen dem Iran und dem Westen laufe bereits, sagt Doron Rabinovici. Die Radikalisierung der israelischen Gesellschaft sei eine Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat, warnt der jüdische Intellektuelle.

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Doron Rabinovici hat seit dem 7. Oktober des vergangenen Jahres viele Interviews gegeben. Über den brutalen Angriff der Hamas auf Israel mit 1200 Todesopfern sowie dessen Folgen oder darüber, wie der Krieg in Gaza die Welt spaltet und Antisemitismus befeuert. In Tel Aviv geboren, lebt Rabinovici seit 1964 in Wien. Er gehört zu den politisch engagiertesten Schriftstellern und Intellektuellen Österreichs.

profil traf Rabinovici am vergangenen Mittwochabend im Wiener Café Korb. In der Nacht zuvor hatte die israelische Armee den politischen Anführer der Hamas getötet. Ismael Haniyyeh war für die Angelobung des neuen iranischen Präsidenten nach Teheran gereist und in den frühen Morgenstunden bei einem Raketenangriff auf seine Residenz ums Leben gekommen.

Kurz zuvor hatte Israel einen Stadtteil im Süden der libanesischen Hauptstadt Beirut bombardiert und dabei laut Eigenangaben einen Kommandanten der schiitischen Hisbollah-Miliz getötet. Es war ein Vergeltungsschlag für den Raketenangriff auf die von Israel besetzten Golanhöhen, bei dem zwölf Kinder ums Leben kamen. Sowohl der Iran als auch die mit ihm verbündete Hisbollah schwören nun Rache an Israel.

Gleichzeitig erodieren in Israel zunehmend gesellschaftliche Normen. Rechtsextreme, darunter Abgeordnete und Regierungsmitglieder, stürmten zwei Armeebasen, um die Verhaftung von Soldaten zu verhindern. Ihnen wird vorgeworfen, einen palästinensischen Häftling schwer sexuell misshandelt zu haben. Doch in der polarisierten israelischen Gesellschaft mehren sich die Stimmen, die Kriegsverbrechen dulden – oder sie sogar begrüßen.

Siobhán Geets

Siobhán Geets

ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort.