EU-Afrika-Gipfel: "Alle drei Jahre wird nicht mehr reichen"
Staats- und Regierungschefs aus Dutzenden Staaten trafen am Mittwoch zum EU-Afrika-Gipfel in Abidjan ein. Bei dem Spitzentreffen in der Wirtschaftsmetropole des westafrikanischen Landes Elfenbeinküste wollen die Politiker über eine verstärkte Zusammenarbeit der Kontinente beraten. Die EU-Staaten erhoffen sich dadurch auch einen Rückgang der unerwünschten Migration über das Mittelmeer.
Von Hilfsorganisationen kommt allerdings Kritik. Sie werfen der EU vor, auch mit Ländern zu kooperieren, die Menschen keinen Schutz vor Verfolgung und Gewalt bieten. Als Beispiel wird vor allem Libyen genannt. Aus dem Staat an der nordafrikanischen Mittelmeerküste gibt es immer wieder Berichte, dass Migranten dort in Lagern vergewaltigt, gefoltert oder sogar getötet werden.
Sklavenhandel in Libyen: Merkel sagt mehr Hilfe für Afrika zu
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat vor dem Hintergrund von Berichten über Sklavenhandel in Libyen eine stärkere Unterstützung Afrikas im Kampf gegen illegale Migration zugesagt. Mit den Meldungen, dass junge Männer in Libyen wie Sklaven verkauft würden, habe das Thema "eine hohe emotionale Bedeutung bekommen", sagte Merkel am Mittwoch in Abidjan vor Beginn des EU-Afrika-Gipfels.
"Daraus ergibt sich auch ein gemeinsames Interesse daran, die illegale Migration zu beenden und dafür legale Möglichkeiten zu bekommen für Menschen aus Afrika, die Ausbildung bekommen, die bei uns studieren können", so die deutsche Kanzlerin nach einem Treffen mit dem Präsidenten von Cote d ́Ivoire (Elfenbeinküste), Alassane Ouattara. Man müsse verhindern, dass Menschen "auf schrecklichste Weise entweder in Lagern in Libyen sind oder sogar gehandelt werden", fügte Merkel hinzu.
Illegale Migration spiele auf dem afrikanischen Kontinent flächendeckend eine Rolle, sagte Merkel. Die Kanzlerin lobte die Fortschritte der Regierung Ouattaras bei der Entwicklung des Landes. Gerade die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft spiele eine große Rolle. Nachdem es jahrelang keine Entwicklungshilfe gegeben habe, werde Deutschland vor diesem Hintergrund die Elfenbeinküste verstärkt unterstützen.
Juncker: Jeder Euro für Afrika ist Investition in die Zukunft
Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat dazu aufgerufen, bei den Hilfen für Afrika nicht zu knausern. "Jeder Euro ist eine Investition in unser aller Zukunft, in Chancen für junge Menschen, in Ernährungssicherheit und ein besseres Grenzmanagement", sagte der Luxemburger unmittelbar vor dem Gipfel der "Welt".
Was in Afrika geschehe, betreffe Europa, und was in Europa geschehe, betreffe Afrika. Als Schritt in die richtige Richtung nannte Juncker die jüngst gestartete "Investitionsoffensive" für Afrika und die Nachbarschaft der EU. In sie werden 4,1 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt fließen.
EU-Afrika - "Alle drei Jahre ein Gipfel wird nicht mehr reichen"
"Es wird nicht mehr reichen, zu sagen, wir machen alle drei Jahre einen Gipfel." Obwohl sie sich gerade auf einem befindet, sieht Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika auf anderen, unterschiedlichen Ebenen, wie sie vor Beginn des 5. EU-Afrika-Gipfels in Abidjan am Mittwoch vor Journalisten erklärte.
"Es ist längst notwendig und an der Zeit, dass Europa und Afrika näher zusammenrücken, weil wir ja auch wissen, dass alle Entwicklungen, die in Afrika stattfinden, auch Auswirkungen auf Europa haben", meinte Duzdar in der Metropole des westafrikanischen Cote d'Ivoire. "Daher begrüße ich es auch, dass dieser Gipfel erstmals in Schwarzafrika stattfindet und Europa damit auch ein wichtiges Zeichen setzt, nämlich tatsächlich stärker mit Afrika kooperieren zu wollen."
Allerdings findet sie, dass die Kooperation "abgesehen von den Konferenzen, die ja nur alle drei Jahre stattfinden, auf unterschiedlichen Ebenen ausgebaut werden muss." Wie etwa der Jugendgipfel, der dem Treffen der Staats- und Regierungschefs von EU und Afrikanischer Union (AU) vorausging. In der Abschlusserklärung dieses Jugendgipfels werde der Focus stark auf Bildung und die Schaffung von Arbeitsplätzen gerichtet, freute sich Duzdar: "Rechtsstaatlichkeit und Aufbau von Institutionen sind natürlich sehr wichtig, aber man muss schauen, dass es in den Ländern auch eine soziale Entwicklung gibt, die die jungen Menschen einbezieht und ihnen Perspektiven gibt."
Dass das alles nur durch die europäische Angst vor einer gigantischen Migrationswelle begründet ist, will die Staatssekretärin nicht gelten lassen: "Ganz im Gegenteil: Migration ist ein Folgeproblem von Armut, wirtschaftlicher Ungleichheit, von Perspektivenlosigkeit, von der Vernichtung von Existenzgrundlagen durch den Klimawandel - es ist zu wenig, hier nur Symptombekämpfung zu machen, man braucht einen viel breiteren Ansatz."
Dass die Ergebnisse der bisherigen gemeinsamen EU-Afrika-Strategie stark ausbaufähig sind, hat für Duzdar auch strukturelle Ursachen: So seien EU und AU nun einmal nicht zu vergleichen, was Homogenität und Grad der Vergemeinschaftung betreffe. "Aber es gibt keine Alternative: Man kann nicht mehr so tun, als ob die Entwicklungen in Afrika nichts mit uns zu tun haben. Es wird auch nicht mehr reichen, zu sagen, wir machen alle drei Jahre einen Gipfel. Wir müssen die Zusammenarbeit auf Augenhöhe führen und nicht nur mit Konditionen an die Sache herangehen, sondern Gemeinsamkeiten suchen und stärken."
Der Gipfel soll am Donnerstagnachmittag enden.