EU-Lexikon: Subsidiarität
Ein Großteil der Anti-EU-Polemik richtet sich gegen die erlebte oder auch nur empfundene Brüsseler Gschaftlhuberei. Der Eindruck, die Union und ihre Gremien würden alles allein entscheiden beziehungsweise sich überall einmischen (Regulierungswut!), ist allerdings trügerisch. Wer in der EU und den Mitgliedsländern was entscheiden darf, ist im Vertrag über die Europäische Union genau geregelt. Ausschließlich zuständig ohne Einbindung der Mitgliedsländer ist die EU nur in wenigen Bereichen, etwa in der Zollunion, bei Wettbewerbsregeln oder der gemeinsamen Handelspolitik.
Subsidiaritätsprinzip entscheidet
In ebenso essenziellen Rechtsgebieten herrschen dagegen zwischen EU und Mitgliedsländern geteilte Zuständigkeiten wie bei Grundrechten, Binnenmarkt, Landwirtschaft, Energie, Forschung, Transport oder Verkehr. Wer bei solchen geteilten Zuständigkeiten im Anlassfall entscheidungsbefugt ist, entscheidet das Subsidiaritätsprinzip. Dieses besagt, dass die Union nur dann tätig werden darf, wenn sie in der Lage ist, effizienter zu handeln als die EU-Länder. Sinn des Subsidiaritätsprinzips ist es, Bürgernähe herzustellen. Wenn möglich, sollen Maßnahmen auf der untersten Ebene, am besten lokal oder regional, beschlossen werden.
Vor jedem Gesetzesvorschlag der EU-Kommission muss diese in einem so genannten Grünbuch erheben, ob die geplante Initiative dem Grundsatz der Subsidiarität entspricht. Nationale Parlamente können gegen EU-Maßnahmen Protest einlegen, falls diese ihrer Meinung nach gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen. Eine solche „Subsidiaritätsrüge“ verabschiedete im März 2018 etwa der EU-Ausschuss des Bundesrats in Zusammenhang mit der EU-Trinkwasserrichtlinie.
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