EU-USA: Mehr Konflikte wegen Trumps Kurs
Der von US-Präsident Donald Trump verkündete Ausstieg aus dem Klimaschutzabkommen sorgte beim diesjährigen Pfingstdialog „Geist&Gegenwart“ des Landes Steiermark auf Schloss Seggau zum Thema „Europe.USA.3.0“ für heftige Debatten. Trump werde sein Land auch aus weiteren internationalen Verträgen und auch aus manchen Weltregionen zurückziehen, meinte der US-Politologe Daniel S. Hamilton vom „Transatlantic Center“ der Johns Hopkins Universität in Washington. „Europa wird neue Bürden schultern müssen. Aber ich habe Angst, dass Europa dies nicht schaffen wird.“
Die USA räumen das Feld, aber wer wird dort eintreten?
So entstehe gerade auf dem Balkan eine neue Grauzone mit Ländern, denen die mit eigenen Krisen beschäftigte EU keine Beitrittsoption mehr bieten will. „Die USA räumen das Feld, aber wer wird dort eintreten?“ sorgte sich der frühere Diplomat. Das Machtvakuum könnte zu neuen bewaffneten Konflikten führen, in die sich Trumps Regierung aber nicht mehr einmischen wolle. Kriege seien letztlich immer die teuerste Lösung.
„Die EU hat weder eine Strategie noch eine Struktur zur Heranführung dieser Länder“, kritisierte Balkan-Experte Wolfgang Petritsch, früher internationaler Repräsentant von Bosnien-Herzegowina. Zudem verfüge die EU noch immer über keine einheitliche Politik gegenüber Russland. Und während die USA den Kampf gegen Terrorismus nur militärisch führen würden, sollte sich Europa mehr um die Wurzeln dieses Problems kümmern.
Sorge um Zunahme von transatlantischen Differenzen
Auch Erhard Busek, einst Koordinator des Stabilitätspaktes für den Balkan, sorgte sich, dass die transatlantischen Differenzen deutlich zunehmen würden. „Europa müsste Trump eigentlich für dessen Tritt in den Hintern dankbar sein“, wünschte sich Busek Reformen in der EU, um handlungsfähiger zu werden. In den USA habe er auch an den Unis ein sinkendes Interesse an Europa festgestellt. Institute für Europastudien würden laufend zugesperrt.
Eine Lanze für Trump brach unerwartet der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Trumps Forderungen an die Nato-Partner, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des BIP anzuheben, seien „sehr wohl angebracht“ gewesen. Die Ankündigung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die EU sollte zu einer eigenständigen Politik ohne den Partner USA finden, sei nicht wirklich ernst zu nehmen, so Gusenbauer. „In der EU fehlen zur glaubwürdigen Sicherheitspolitik die militärischen Kommando- und Kontrollstrukturen.“
Der von vielen Teilnehmern des Seminars als erratisch bewertete Kurs von US-Präsident Trump werde aber die transatlantischen Beziehungen nicht dauerhaft beschädigen. Trotz möglicher Zollschranken oder „buy american“-Regelungen, mit denen die USA ironischerweise die von ihr mitbegründete Freihandelsorganisation WTO unterliefen, werden die engen wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen auch unter Trump weiter bestehen bleiben.
Der Präsident des Senats des US-Staates Massachusetts, der demokratische Senator Marc R. Pacheco, verwies auf die Rolle der einzelnen US-Bundesstaaten, die mit EU-Staaten zahlreiche Kooperationsverträge geschlossen hätten. Letztlich sei auch Trumps Aufkündigung des Klimaschutz-Abkommens kein Drama. 35 US-Staaten hätten eigene, wirksame Programme gegen die Erderwärmung beschlossen. „Und ich kann ihnen versichern: Wir werden auch ohne Trump noch mehr für den Klimaschutz tun.“