EU-Wahl: Fraktionen, Parteien, Spitzenkandidaten
Die Spitzenkandidatur bei der Europawahl gilt als mögliches Sprungbrett für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Die meisten europäischen Parteienzusammenschlüsse oder Fraktionen im Europaparlament haben EU-Spitzenkandidaten aufgestellt - auch um dem länderübergreifenden Wahlkampf um Europa ein Gesicht zu geben. Ein Überblick:
Europäische Volkspartei (EVP)
Mitgliedsparteien: u.a. ÖVP (Österreich), CDU/CSU (Deutschland), Les Républicains (Frankreich), Forza Italia (Italien), Partido Popular (Spanien), Fidesz (Ungarn)
Die EVP geht mit dem deutschen Politiker Manfred Weber (CSU) ins Rennen. Der 46-Jährige Diplomingenieur ist seit 2004 im Europaparlament und seit 2014 Fraktionschef der Europäischen Volkspartei. Sie ist mit 216 von 751 Abgeordneten derzeit die mit Abstand stärkste Fraktion im Europaparlament.
Sozialdemokratische Partei Europas (SPE)
Mitgliedsparteien: u.a. SPÖ (Österreich), SPD (Deutschland), Parti socialiste (Frankreich), Partito Democratico (Italien), Partij van de Arbeid (Niederlande)
Für die Sozialdemokraten tritt der Niederländer Frans Timmermans an. Er ist derzeit erster Vize-Präsident der EU-Kommission und damit Stellvertreter von Amtsinhaber Jean-Claude Juncker. Von 2012 bis 2014 war der 57-Jährige Außenminister der Niederlande.
Europäische Grüne Partei (EGP)
Mitgliedsparteien: u.a. Die Grünen (Österreich), Bündnis 90/Die Grünen (Deutschland), Europe Écologie (Frankreich), Miljöpartiet de gröna (Schweden)
Die Europäische Grüne Partei tritt erneut mit zwei Spitzen-Kandidaten an. Wie schon 2014 ist die 37-jährige deutsche Ko-Fraktionschefin Ska Keller im Spitzenduo. Ihr zur Seite steht dieses Mal der 42-jährige Umweltwissenschaftler Bas Eickhout aus den Niederlanden.
Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE)
Mitgliedsparteien: u.a. NEOS (Österreich), FDP (Deutschland), Open Vlaamse Liberalen en Democraten (Belgien), Democraten 66 (Niederlande)
Die Liberalen versuchen es mit einer "Spitzenmannschaft" aus sieben Persönlichkeiten. Prominentestes Mitglied ist neben dem ehemaligen belgischen Ministerpräsidenten und ALDE-Fraktionschef Guy Verhofstadt die 51-jährige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus Dänemark. Aus Deutschland ist FDP-Spitzenkandidatin Nicola Beer im "Team Europa".
Europäische Freie Allianz (EFA)
Mitgliedsparteien: u.a. Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA, Belgien), Schleswigsche Partei (Dänemark), Bayernpartei (Deutschland), Esquerra Republicana de Catalunya (Spanien)
Die EFA versteht sich als Zusammenschluss regionaler Parteien in Europa. Ihr Spitzenkandidat ist der katalanische Unabhängigkeitsführer Oriol Junqueras. Der 50-Jährige ist in Spanien in Haft. Ihm drohen wegen des von Madrid als illegal eingestuften Unabhängigkeitsreferendums von 2017 in Katalonien 25 Jahre Gefängnis.
Europäische Linkspartei
Mitgliedsparteien: u.a. Die Linke (Deutschland), Kommunistische Partei (Frankreich), Syriza (Griechenland), Vereinigte und Alternative Linke (Spanien)
2014 war die Europäische Linkspartei mit dem heutigen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ins Rennen gegangen. 2019 kürte die Partei eine Doppelspitze aus der Slowenin Violeta Tomic (56) und dem belgischen Gewerkschafter Nico Cué (62).
Allianz der Konservativen und Reformer in Europa (AKRE/ACRE)
Parteien: u.a. Recht und Gerechtigkeit (PiS, Polen), Conservative Party (Großbritannien), Liberal-Konservative Reformer (Deutschland), Fratelli d'Italia (Italien)
Spitzenkandidat der AKRE ist der 56-jährige Tscheche Jan Zahradil, der auch Vorsitzender der Partei ist. In AKRE sind die meisten Abgeordneten der Parlamentsfraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR) vertreten.
Europa der Nationen und der Freiheit (ENF)
Parteien: u.a. FPÖ (Österreich), Lega (Italien), Rassemblement National (frühere Front National, Frankreich)
Die rechtspopulistische Fraktion im EU-Parlament lehnt das Konzept des Spitzenkandidaten offiziell ab. Das hinderte den Chef der fremdenfeindlichen italienischen Lega-Partei, Matteo Salvini, aber nicht daran, Anspruch auf den Posten des Kommissionspräsidenten zu erheben, falls die Rechtspopulisten bei der Europawahl stärkste Kraft würden.