Ferguson: Obamas Appell verhallt bei Unruhen in US-Kleinstadt
Der Appell von US-Präsident Barack Obama zum Verzicht auf Gewalt nach tagelangen Unruhen in der US-Kleinstadt Ferguson hat keine Wirkung gezeigt. Der direkte Einfluss des US-Präsidenten auf den Fall ist begrenzt. Die amerikanische Polizei ist kommunal organisiert, die Landespolizei von Missouri - die den Namen "Highway Patrol" trägt - untersteht dem Gouverneur Jay Nixon.
Bei Auseinandersetzungen in der Nacht zum Dienstag nahm die Polizei 31 Personen fest. Die Polizisten seien aus der Menge der überwiegend friedlichen Demonstranten unter heftigen Beschuss geraten, teilte Polizei-Captain Ron Johnson mit.
Der in der Gegend aufgewachsene Afroamerikaner hatte das Kommando übernommen, nachdem die fast ausschließlich weiße örtliche Polizei der exzessiven Gewalt beschuldigt worden war. Polizisten hätten nicht eine einzige Kugel abgefeuert, obwohl sie heftig attackiert worden seien, sagte Johnson. In der Menschenmenge seien zwei Personen angeschossen worden, aber nicht von Polizisten. Auch vier Polizisten seien verletzt worden.
Erschießung eines schwarzen Jugendlichen
Auslöser der Unruhewelle war die Erschießung eines schwarzen 18-Jährigen in der überwiegend schwarzen 21.000-Einwohner-Stadt vor zehn Tagen durch einen weißen Polizisten. Obama hatte am Montag gesagt, er verstehe die Wut der Menschen. Diesem Gefühl nachzugeben "durch Plünderungen, dem Tragen von Schusswaffen oder gar Angriffe auf die Polizei" erhöhe aber nur die Spannungen und führe zu Chaos.
Umgekehrt gebe es keine Entschuldigung für ein unnötig hartes Vorgehen der Sicherheitskräfte. Obama entsandte Justizminister Eric Holder, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. In dem Vorort von St. Louis im Bundesstaat Missouri trafen erste Einsatzkräfte der Nationalgarde ein.
Von sechs Kugeln getroffen
Ein weißer Polizist hatte am 9. August unter noch ungeklärten Umständen den 18-jährigen Michael Brown erschossen. Nach einem Zeitungsbericht wurde er von sechs Kugeln getroffen. Auch eine Ausgangssperre von Mitternacht bis 05.00 Uhr konnte nicht verhindern, dass es seither immer wieder zu Ausschreitungen kam.
Nationalgarde in Stellung gebracht
Gouverneur Jay Nixon hat wegen der anhaltenden Unruhen inzwischen die Nationalgarde des Bundesstaates in Stellung gebracht. Diese Soldaten werden im Kriegsfall zwar vom Präsidenten befehligt, im Inland befolgen sie jedoch laut Verfassung die Anweisungen ihres jeweiligen Gouverneurs. An den Ermittlungen in Ferguson sind nach Angaben von Holder mehr als 40 Beamte der Bundespolizei FBI beteiligt.
Die Wut der Demonstranten entzündet sich auch daran, dass der mutmaßliche Todesschütze nicht festgenommen wurde, sondern vom Dienst suspendiert ist. Er hält sich an einem unbekannten Ort auf. Der Staatsanwaltschaft des Landkreises St. Louis zufolge könnten die Geschworenen einer Anklagejury in dieser Woche über die Eröffnung eines Verfahrens gegen ihn entscheiden.
Landesweit haben die Krawalle zudem eine Debatte angestoßen, ob die US-Polizei zu sehr paramilitärische Züge angenommen hat. Im Kongress wird ein Gesetz diskutiert, das die kostenlose Weitergabe von Kriegsgerät wie gepanzerte Fahrzeuge aus dem Irak oder aus Afghanistan an die Polizei stoppen würde.
Der Vorsitzende des Justizausschusses im Senat, der Demokrat Patrick Leahy, warnte am Freitag, man könne "die Risse in einer Gemeinde nicht mit den Werkzeugen des Krieges kitten". Der Kongress nimmt nach seiner Sommerpause die Arbeit im September wieder auf.
Die Lage der Stadt Ferguson im US-Bundesstaat Missouri
(APA/Red.)