Das lange Warten. Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze.

Wie abweisend ist die "Festung Europa"? Ein Vergleich

Wie abweisend ist die "Festung Europa"? Ein Vergleich

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USA

Das traditionelle Einwanderungsland USA überlässt bei der Immigration nichts dem Zufall. Der Präsident legt in Abstimmung mit dem Kongress fest, wie viele Flüchtlinge im jeweiligen (Fiskal-)Jahr aufgenommen werden dürfen. Diese Obergrenze, die den Vereinigten Staaten mit ihren 321 Millionen Bürgern zugemutet wird, soll nach Wunsch von Präsident Barack Obama im Fiskaljahr 2016 85.000 Personen betragen (darunter 10.000 Syrer), im Jahr darauf 100.000.

Vor allem über die Grenze zu Mexiko gelangen viele illegale Einwanderer in die USA. Die Regierung unter Präsident George W. Bush beschloss deshalb 2006, einen Zaun entlang der 3144 Kilometer langen Grenze zu bauen. Rund 1000 Kilometer davon sind fertig.

Im Fiskaljahr 2015 wurden insgesamt 235.413 Personen aus den USA abgeschoben, 139.368 davon waren verurteilte Kriminelle.

Neben der Aufnahme von Flüchtlingen gestattet die Regierung in Washington pro Jahr 55.000 Ausländern, sich in den USA anzusiedeln und dort zu arbeiten. Dazu gibt es im Internet eine "Green Card Lottery“, bei der für jedes Land ein Kontingent an Einwanderungsgenehmigungen verlost wird. Ziel dieser Aktion ist, ein relatives Gleichgewicht unter den Herkunftsländern der neuen Zuwanderer herzustellen.

Kanada

Aufgrund seiner geografischen Lage ist Kanada de facto eine Art natürliche Festung gegen ungewollte Masseneinwanderung. Seine einzige Landgrenze verläuft zu den USA; im Westen und Osten bilden der Pazifik und der Atlantik, im Norden die Arktis unüberwindliche Barrieren. Die Zahl der illegalen Migranten hält sich daher sehr in Grenzen: Schätzungen gehen von lediglich 6000 pro Jahr aus.

Derzeit hat Kanada rund 36 Millionen Einwohner. Seit 2000 sind jährlich zwischen 220.000 und 280.000 Einwanderer dazugekommen. Generell ist die Regierung bestrebt, die Zahl auf einem mittelfristigen Schnitt von 250.000 pro Jahr zu halten. Zwei Drittel davon werden als Wirtschaftsmigranten aufgenommen, ein großer Teil davon sind gut ausgebildete Arbeitskräfte. Rund ein Fünftel der Zuwanderer kommt durch Familiennachzug ins Land. Flüchtlinge akzeptiert Kanada in weitaus geringerer Zahl - im Jahr 2014 etwa waren es nicht einmal 14.000. Aus Syrien nimmt das Land aktuell 25.000 Kriegsvertriebene auf. Sie werden vom Flüchtlingshochkommissariat Unhcr in Jordanien und dem Libanon ausgewählt und anschließend direkt nach Kanada geflogen.

Europa

Die Europäische Union muss sich derzeit den Vorwurf gefallen lassen, eine "Festung Europa“ errichtet zu haben. Die Zahl der neuen Asylanträge in den 28 Mitgliedsländern mit 307 Millionen Einwohnern betrug im Jahr 2015 rund 1.260.000. Im Jahr davor waren es 627.000 gewesen.

Europa ist aufgrund seiner geografischen Lage der Teil der sogenannten Ersten Welt, der am schwierigsten gegen illegale Einwanderung zu sichern ist. Das Territorium hat sehr lange "grüne“ Grenzen und umfasst auch Inseln und Küstengebiete, die von Drittstaaten aus relativ leicht erreichbar sind. Es ist die Sicherung der Außengrenzen, die Kritiker an die Errichtung einer Festung erinnert.

Tatsächlich ist Europa auch ein Einwanderungskontinent. Im Jahr 2013 wanderten nach Schätzungen der Statistikbehörde Eurostat etwa 1,7 Millionen Drittstaatsangehörige in die EU-28 ein. Exakte Daten gibt es nicht, weil jedes Land unterschiedliche Kriterien anwendet.

Das umstrittene Abkommen der EU mit der Türkei beinhaltet die Bereitschaft der EU, syrische Flüchtlinge direkt aus der Türkei zu übernehmen - weil im Gegenzug die Türkei illegal in die EU eingereiste Personen zurücknimmt. Allerdings gibt es dafür ein Limit: Das Kontingent soll 72.000 Personen betragen. Eine geringe Zahl im Vergleich zu der Menge an Flüchtlingen, die im vergangenen Jahr nach Europa kamen.

Australien

In Australien ist die Politik gegenüber illegalen Einwanderern heftig umstritten. Derzeit ist das Land "Down Under“ nicht von einem besonders starken Ansturm von Flüchtlingen betroffen. Das ist zumindest zum Teil eine Folge der äußerst restriktiven Abschottungspolitik und der "Operation Souveräne Grenzen“, die 2013 gestartet wurde.

Im Jahr 2014 verzeichnete Australien (rund 21 Millionen Einwohner) laut dem Flüchtlingshilfswerk Unhcr 8960 Asylanträge. In den beiden Jahren davor waren rund 18.000 illegale Einwanderer per Boot nach Australien gekommen; 2014 erreichte nur noch ein einziges Boot die Küste.

Von der australischen Marine aufgebrachte Boote werden nach Indonesien zurückgeschleppt. Auch Flüchtlinge, denen der Asylstatus zuerkannt wird, dürfen sich deshalb nicht auf australischem Territorium ansiedeln. Sie bekommen seit 2014 befristete Aufenthaltsgenehmigungen von drei bis jünf Jahren und werden nach Papua-Neuguinea gebracht. Zuständig für Asylangelegenheiten ist das Militär.

Australien verfügt auch über ein Einwanderungsprogramm, das Kandidaten nach Kriterien wie Bildung und Sprachkenntnissen bewertet. In den Jahren 2014/2015 umfasste das Programm 189.097 Plätze.