Frankreich

Neuer Premierminister: Der Nächste, bitte!

Frankreichs neuer Premierminister François Bayrou hat auch einen Bezug zu Österreich.

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Die Verweildauer im Amt des Premierministers ist mittlerweile kürzer als die Kündigungsfrist bei einem Fitnesscenter, und so ist Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron am Freitag zum nunmehr fünften Mal seiner verfassungsgemäßen Pflicht nachgekommen, einen neuen Regierungschef zu ernennen. Michel Barnier hatte den Job drei Monate und acht Tage inne, nun folgt François Bayrou, ein christdemokratischer Zentrist, der schon zweimal als Minister gedient hat.

Was kann Bayrou, was Barnier nicht konnte?

Die Frage ist wohl eher, was Macrons Gegner vorhaben, denn die neue Regierung hat ebenso wie die abgetretene, im Parlament keine Mehrheit. Die Linkspopulisten der Partei „Unbeugsames Frankreich“ unter Jean-Luc Mélenchon und die Rechtspopulisten des Rassemblement National von Marine Le Pen hatten Barnier ein wenig zappeln lassen, ehe sie ihn per Misstrauensvotum stürzten, und wenn es in ihre Strategie passt, werden sie dasselbe mit Bayrou tun. Vielleicht wird auch er ein paar Monate Aufschub bekommen, denn Le Pen ist bemüht, nicht als verantwortungslose Krawallpolitikerin dazustehen.

Wenn Michel Bayrou das tut, was Marine Le Pen verlangt, darf er Premierminister bleiben.

Bayrou repräsentiert das vor sich hin schrumpfende politische Zentrum wie kaum ein anderer: christdemokratisch, liberal, pro-europäisch ist ihm jeglicher Hang zu Extremen fremd. Und so reagierte der damalige EU-Parlamentarier im Februar 2000 empört, als die ÖVP unter Wolfgang Schüssel mit der FPÖ unter Jörg Haider eine Regierung bildete. Bayrou war als Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament mittelbar davon betroffen und kritisierte, dass die EVP Kanzler Schüssel immer wieder den Rücken stärkte. Bayrou initiierte daraufhin die Bildung einer Formation innerhalb der EVP, die sich gegen jede „Versuchung des Extremismus“ und gegen ein „Abgleiten in Richtung Euroskeptizismus“ wandte. Etwa 50 Abgeordnete folgten Bayrous Idee, sie nannten sich nach Robert Schuman, einem der Gründerväter der Europäischen Union, die „Schuman-Gruppe“.

Bereits 2017, als Emmanuel Macron seine erste Amtszeit als Präsident beginnt, hätte Bayrous politische Karriere steil nach oben gehen können. Er wird Justizminister und erhält zusätzlich den Ehrentitel „Minister d’État“. Doch dann gerät Bayrou in den Strudel einer Affäre um Scheinanstellungen von Parteimitarbeitern im Europäischen Parlament und tritt nach knapp einem Monat zurück. Anfang 2024 wird Bayrou vom Vorwurf des Missbrauchs öffentlicher Gelder in erster Instanz freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft beruft dagegen.

In einer ersten Reaktion gibt sich Marine Le Pen auf X staatsmännisch: Bayrou möge „das tun, was sein Vorgänger nicht tun wollte: auf die Opposition hören, um ein vernünftiges und durchdachtes Budget zu erstellen“. Mit anderen Worten: Wenn Bayrou das tut, was Marine Le Pen verlangt, darf er Premierminister bleiben. 

Frankreichs Krise geht weiter.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur