EU-Wahl

„Freiheit“, „Demokratie“, „Massenmigration“: Was die EU aus Sicht der Parteien bringt

Was bringt die EU? profil bat Österreichs Spitzenkandidaten für die EU-Wahl am 9. Juni um Antworten.

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Am 9. Juni wählt Österreich seine neuen Europaabgeordneten. In den nächsten fünf Jahren vertreten sie Österreich im Europäischen Parlament. Aber was bringt die EU überhaupt? profil hat Österreichs Spitzenkandidaten um Antworten gebeten:

Reinhold Lopatka (ÖVP): Freiheit

„Diese Frage lässt sich mit einem Wort sehr gut zusammenfassen: Freiheit. Die EU hat uns ein enormes Mehr an Freiheit gebracht. Oft sind diese neuen Freiheiten sogar so gut im Leben von uns allen integriert, dass sie uns überhaupt nicht mehr auffallen. Natürlich fallen hier die vier Grundfreiheiten der EU darunter – der freie Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr, aber auch die Abschaffung von Roaming-Gebühren oder das Erasmus-Programm, woran seit unserem EU-Beitritt bereits über 350.000 junge Menschen aus Österreich teilgenommen haben. 

Die Freiheit, die uns die EU bringt, zeichnet sich durch die gemeinsame Währung, den Euro, aus. Auch unser Wirtschaftssystem ist durch die EU freier geworden. Unsere Wirtschaft kann ohne Grenzbarrieren in die EU exportieren. Seit unserem Beitritt zur Union haben sich unsere Exporte in die EU vervierfacht, unser Wohlstand verdoppelt! Wenn man die EU von dieser Seite betrachtet, ist es beinahe absurd, dass es gerade die Freiheitliche Partei ist, die das Freiheitsprojekt EU am liebsten zerstören möchte. Denn die einzige Freiheit, die die EU genommen hat, ist die Freiheit der Staaten, in ein autoritäres System abzugleiten.“

Reinhold Lopatka (64) ist bei der Europawahl Spitzenkandidat der ÖVP. Seine Partei ist Mitglied der Europäischen Volkspartei (EVP) zu der etwa auch die deutsche CDU/CSU oder die italienische Forza Italia gehören.

Andreas Schieder (SPÖ): Mehr Demokratie, Freiheit, Wohlstand

„Wir alle merken im Alltag, dass wir vor riesigen Herausforderungen stehen. Die Klimakrise, Teuerung und Krieg; Kein Land kann das alleine bewältigen. Auch wenn die EU nicht automatisch die Lösung all dieser Probleme ist, sie ist unsere beste Chance, Antworten auf diese Herausforderungen zu geben.

Und wie? Darüber entscheiden am 9. Juni wir, 450 Millionen Menschen aus 27 Ländern. Die EU-Wahlen sind eine echte Richtungsentscheidung. Es macht einen Unterschied, wer in der EU das Sagen hat. Wird die Europäische Union weiter daran arbeiten, ihr Versprechen von Freiheit, Frieden und sozialer Sicherheit einzulösen? Oder wird es ein Europa der Gegensätze und Alleingänge, in der das Trennende vor das Gemeinsame gestellt wird? In der nur die Interessen der Konzerne zählen und unsere Demokratie schutzlos dem Einfluss der Autoritären ausgesetzt ist?

Die SPÖ hat in den vergangenen Jahren gezeigt, wie die EU das Leben der Menschen verbessern kann, wenn wir die nötigen Mehrheiten haben. Die Mindestlohnrichtlinie bedeutet eine reale Lohnerhöhung für über 25 Millionen Menschen. Eine verpflichtende Lohntransparenz garantiert gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, das Gewaltschutzpaket sowie die europäische Kindergarantie sorgen für Sicherheit und Chancengerechtigkeit und der Green Deal wird nicht nur unser Klima schützen, sondern auch ein Jobmotor für unsere Industrie. 

Mehr Demokratie, mehr Freiheit, mehr Wohlstand. Das alles kann nur mit mehr EU gelingen, nicht weniger. Das ist das Europa, für das die SPÖ brennt.“

Andreas Schieder (54) ist bei der Europawahl Spitzenkandidat der SPÖ. Seine Partei ist Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) zu der etwa die deutsche SPD oder die französische Parti socialiste gehören.

Harald Vilimsky (FPÖ): Migration, Zentralisierung, Inflation

„Heute bringt uns diese EU unter einer linken Regentschaft illegale Massenmigration, Kriegstreiberei, Zentralisierung und horrende Inflation. Wir haben eine EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen, die die Souveränität der EU-Staaten ausgehöhlt und die Zentralisierung weiter vorangetrieben hat. Ihr den Mitgliedsstaaten aufgezwungener ‚Green Deal‘ hat die europäische Industrie schwer geschädigt und das Leben für die Menschen verteuert. Auch die ungezügelte Massenmigrationspolitik nach Europa hat sich unter ihrer Amtszeit fortgesetzt. Der Gipfel der Provokation ist ihre Forderung nach einem EU-Kommissar für Verteidigung, also einem europäischen Kriegsminister. Unterstützt wird diese Politik auch von der ÖVP.

Die FPÖ steht für eine rot-weiß-roten Richtungswechsel und fordert, die Kompetenzen zurück von Brüssel in die Nationalstaaten zu holen und mehr direkte Demokratie. Weg mit dem Speck: EU-Parlament, Kommission und EU-Budget müssen halbiert werden. 

Weiters brauchen Österreich und Europa endlich eine angemessene Lösung der ausufernden illegalen Migration nach Europa. Das kann nur eine No-Way-Politik nach australischem Modell sein und eine Null-toleranz bei illegalen Asylanträgen. Für Personen außerhalb Europas darf es kein Asyl mehr geben. Nur eine effektive Grenzsicherung, Betreuungszentren nur noch außerhalb Europas, die Abschiebung von allen Personen mit negativem Bescheid können diesen Migrationswahnsinn stoppen. 

Die FPÖ will einen radikalen Kurswechsel hin zu einer EU, die Frieden, Freiheit und Wohlstand für die Bürger Europas sicherstellt.“

Harald Vilimsky (57) ist bei der Europawahl Spitzenkandidat der FPÖ. Seine Partei ist Mitglied der Identität und Demokratie Partei (IDP) zu der etwa die deutsche AfD oder der französische Rassemblement National gehören.

Lena Schilling (Grüne): Europa als Vorbild

„Ich habe hohe Erwartungen an uns als Europäische Union. Die EU kann der Ort werden, an dem wir beweisen, dass man gut leben kann, ohne dabei den Planeten zu ruinieren. Und der Ort, an dem wir das Zusammenleben als offene und freie Gesellschaft verteidigen – als Gegenmodell zu Diktaturen und Regimen. 

Was müssen wir dafür tun? Die EU muss der Ort werden, an dem wir zeigen, dass Landwirtschaft und der Respekt vor der Natur zusammengehen. Sie muss der Ort werden, an dem wir der Natur sogar Flächen und Räume zurückgeben, damit sie sich erholen kann. Wir müssen zeigen, dass Wirtschaft ohne Ausbeutung funktioniert. Und auch ohne Öl- und Gaslieferungen von erpresserischen Despoten. Dafür kann die EU gemeinsame Spielregeln festlegen und sie kann mit Fördermilliarden unterstützen. 

Dass das funktioniert, haben wir schon bewiesen. Ein Verbot von Einwegplastikprodukten sorgt seit ein paar Jahren dafür, dass sich die Müllberge weniger hoch auftürmen. Das Recht auf Reparatur zwingt Konzerne dazu, Produkte zu bauen, die nicht beim ersten Defekt sofort Elektroschrott sind. Die EU bietet Digitalkonzernen, die Stirn und verpflichtet sie, etwas gegen Desinformation und Hass im Netz zu tun.

Ich höre oft, dass wir als EU die Welt nicht alleine retten können. Das stimmt sicher. Aber wir können ein Ort sein, der zeigt, wie es klappen kann. Heute sind wir dieser Ort noch nicht. Ich möchte daran arbeiten, dass wir dieser Ort werden. Genau das kann und muss uns die EU bringen.“

Lena Schilling (23) ist bei der Europawahl Spitzenkandidatin der Grünen. Ihre Partei ist Mitglied der Europäischen Grünen Partei (EGP) zu der etwa das deutsche Bündnis90/Die Grünen oder die französischen Europe Écologie-Les Verts gehören.

Helmuth Brandstätter (Neos): Leben, Lernen, Lieben

„Die EU bringt uns, was es in Europa zuvor noch nie gegeben hat: Das friedliche Zusammenleben in 27 Ländern, die nie wieder Krieg gegeneinander führen werden und gemeinsam sicher stärker sind.

Die EU ist nicht nur ein attraktiver Lebens- und Wirtschaftsraum, sie setzt Standards im Bereich von Datenschutz und im Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Um die Klimakrise zu bewältigen, gibt es einen Plan, dessen Umsetzung uns noch beschäftigen wird. Unsere Gemeinschaft beruht auf Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten. 

Weil die Phantasie eines Öxit wieder die populistische Runde macht, müssen wir auch betrachten, wie es uns ohne EU ginge: Heimische Unternehmen könnten nicht so leicht in andere Staaten exportieren, viele Investitionen aus anderen EU-Ländern gäbe es nicht, Expert:innen rechnen mit 500.000 vernichteten Jobs. 

Und die EU bietet uns Schutz und Sicherheit. Österreich ist Teil der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU. Übrigens wäre es nur fair, wenn wir diese Solidarität auch den anderen EU-Mitgliedern zusichern würden. Ohne Wenn und Aber.

Die EU bringt auch die Grundlage für die nächsten Generationen. Junge Leute durchqueren Europa per Interrail, zu anderen Universitäten oder zur Lehrlingsausbildung. Stichwort Erasmus. Dabei lernen sie einander kennen und bauen Vorurteile ab. Selbst die lautesten Populisten können sie dann nicht mehr gegeneinander aufhetzen. 

Und schließlich: Wir müssen in der EU noch Einiges verbessern. Bildung soll zur fünften Freiheit, die demokratischen Institutionen müssen gestärkt werden, die EU muss nach außen endlich mit einer Stimme sprechen.“

Helmuth Brandstätter (68) ist bei der Europawahl Spitzenkandidatin der Neos. Seine Partei ist Mitglied der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) zu der etwa die deutsche FDP oder die niederländische Volkspartei für Freiheit und Demokratie gehören.