Ist Ungarn eigentlich noch eine Demokratie?

Ist Ungarn eigentlich noch eine Demokratie?

Die Weltlage ist verwirrend. Wie schaffen wir es, uns entspannt über strittige Probleme der Zeit zu unterhalten? Ein profil-Guide, Teil 12.

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Durchaus – immerhin hat dort gerade eine freie Wahl stattgefunden. Allerdings fanden internationale Beobachter wie die OSZE Gründe für scharfe Kritik. Unter anderem beklagten sie die „exzessiven Ausgaben der Regierung für Wahlwerbung“ sowie „einschüchternde und fremdenfeindliche Rhetorik, voreingenommene Medien und undurchsichtige Wahlkampffinanzierung“. Die Grundrechte seien allerdings gewahrt worden.

Aber Viktor Orbán hat mit nur 44,5 Prozent der Stimmen eine Zweidrittelmehrheit bekommen. Das kann doch nicht demokratisch zugegangen sein.

In keiner Demokratie beginnt die Mehrheit zwangsläufig bei 50 Prozent plus einer Stimme. Je nach Wahlsystem kann der Gewinner auch deutlich darunter liegen – siehe USA, wo Donald Trump im November 2016 landesweit fast drei Millionen Stimmen weniger bekam als Hillary Clinton. Begünstigt werden derartige Ergebnisse durch das Mehrheitswahlrecht, wie es in Amerika, aber auch in Großbritannien gilt. Doch auch ein Verhältniswahlrecht wie in Österreich lässt Wahlsiege unter der 50-Prozent-Marke zu: in Wien beispielsweise reichen 43 Prozent. Ungarn hat ein System, das Mehrheits- und Verhältniswahlrecht kombiniert und dabei die stimmenstärkste Partei besonders bevorzugt. Das mag unschön sein, gerade für die Opposition. Undemokratisch ist es per se aber nicht.

Sagen Sie: „Die Europäische Volkspartei hat ein Problem.“ Sagen Sie nicht: „So einer wie Orbán gehört eigentlich per Verfassung verboten.“

25 Fragen, um die Welt zu erklären: