Imad Fakhoury in seinem Büro in Amman

Jordanischer Minister Fakhoury: "Wir sind auf Hilfe angewiesen"

Der jordanische Minister Imad Fakhoury für Planung und internationale Kooperation im Interview.

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profil: Wie kommt Jordanien mit der hohen Anzahl von syrischen Flüchtlingen zurecht? Imad Fakhoury: Zwischen 2000 und 2010 ging es Jordanien wirtschaftlich relativ gut. Wir hatten in dieser Periode 6,7 Prozent Wirtschaftswachstum jedes Jahr. 2011 hat sich alles geändert: Jordanien erlebte multiple externe Schocks. Hunderttausende Flüchtlinge kamen aus Syrien zu uns. Dazu kam der arabische Frühling mit der Revolte in Ägypten. Dazu kamen der Ölpreisanstieg und die Belastungen durch militärische Ausgaben. Wir hatten plötzlich mit Terrorgruppen wie Daesh an unseren langen Grenzen mit Syrien und dem Irak zu kämpfen.

profil: Wie viel syrische Flüchtlinge leben derzeit in Jordanien? Fakhoury: Bei uns leben 1,3 Millionen Syrer. Die Hälfte davon als registrierte Flüchtlinge. Die andere Hälfte lebt hier eigentlich illegal durch Schwarzarbeit. Viele Syrer haben vor dem Krieg die Grenze nach Jordanien ohne Visum überschritten, haben hier gearbeitet und sind wieder nach Syrien zurückgekehrt. Viele blieben dann nach Ausbruch des Bürgerkriegs bei uns, weil sie nicht mehr nach Hause zurück konnten.

Die syrischen Flüchtlinge machen etwa 14 Prozent der Bevölkerung von Jordanien aus. Aber es sind 21 Prozent der Jordanier. Das wäre etwa so, wie wenn die EU hundert Millionen Flüchtlinge aufgenommen hätte! In den vergangen 7 Jahren kosteten uns die syrischen Flüchtlinge im Durchschnitt 1,5 Milliarden Dollar jedes Jahr. Das sind 4 Prozent des BNP und 16 Prozent der Staatseinnahmen.

Auch bei uns steigt der politische Populismus.

profil: Es leben hier nur wenige Flüchtlinge in Lagern. Fakhoury: Nur etwa zehn Prozent. Alle anderen leben hier mit uns in Städten und Dörfern, was natürlich wieder zusätzliche Belastungen für Wasser, Abwässer, Energie, den Bildungssektor und das Gesundheitswesen auslöste. Wir mussten Sparmaßnahmen zum schwierigsten Zeitpunkt in Kraft setzen. Wir stecken im 2. IWF-Programm mit allen Auflagen. Auch bei uns steigt der politische Populismus. Das macht die Hilfe für Flüchtlinge nicht leichter, wenn es der eigenen Bevölkerung schlechter geht. Dazu muss unsere Bevölkerung auf dem Arbeitsmarkt mit den Syrern konkurrieren.

profil: Die internationale Hilfe, auch aus Europa, reicht nicht aus? Fakhoury: Vor sieben Jahren deckte die internationale Hilfe etwa ein Drittel des Bedarfs. Seit den letzten beiden Jahren sind es etwa zwei Drittel. Wir mussten zudem unsere makroökonomische Stabilität mit einem strengen Sparkurs erreichen. Und die internationale Hilfe lief nur langsam an. Das Land ist ermüdet nach sieben Jahren des Konflikts. Unsere Absorptionsfähigkeit ist erschöpft. Wir sind das zweitärmste Land der Welt, was den Zugang zu Wasserressourcen betrifft. Wir sind auf internationale Hilfe angewiesen.

Bei unserem Wachstumsprogramm für 2025 unterstützt uns die EU.

profil: Die meiste Hilfe kam bisher aus der EU und den USA. Was tun eigentlich die reichen Golfstaaten? Fakhoury: 2012 kam eine Hilfe vom Golfkooperationsrat für Jordanien und Marokko. Das waren Zuschüsse für eine Reihe von Projekten. Leider haben nur drei von vier Ländern schließlich Geld überwiesen: Saudiarabien, Vereinigte Arabische Emirate und Kuweit. Katar hat leider seine Zusagen nicht eingehalten. Die letzten Projekte werden gerade umgesetzt, aber leider gibt es kein Anzeichen für eine Neuauflage eines Hilfsprogramms der Golfstaaten. Insgesamt machte diese Hilfe 3,7 Milliarden US- Dollar aus. Leider endet jetzt diese ohne Folgeprogramm.

profil: Tut die EU genug? Fakhoury: Neben der Hilfe aus dem EU-Budget helfen uns auch einzelne EU-Mitgliedsstaaten. Aber unser Problem ist, dass diese nur den ärmsten Ländern helfen wollen, und Jordanien ist ein Land mit mittlerem Wohlstand. Aber wegen der Flüchtlinge halfen uns doch einige Länder. Wir mussten unsere Reformen weiterführen und die Auflagen des IWF erfüllen. Bei unserem Wachstumsprogramm für 2025 unterstützt uns die EU. EU-Kommissar Johannes Hahn hat soeben hier den neuen Investitionsplan der EU vorgestellt, der unsere Unternehmen unterstützt.