Harris ist "running mate" von Joe Biden

Kamala Harris: "Eine bahnbrechende Entscheidung"

Zur Nominierung der Senatorin Kamala Harris als Vize-Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten für die Wahl im November schreiben die Zeitungen:

Drucken

Schriftgröße

"New York Times":

"Mit der Nominierung von Kamala Harris als Running mate hat Joseph R. Biden Jr. eine bahnbrechende Entscheidung getroffen, indem er eine nicht-weiße Frau auswählte, die Vizepräsidentin und möglicherweise eines Tages eine Nachfolgerin im Weißen Haus werden soll. Trotzdem hat Mr. Biden auf gewisse Weise auch eine konventionelle Wahl getroffen: eine Senatorin zu wählen, die ein Gleichgewicht der Generationen und der Geografie auf das Ticket der Demokraten bringt und seine Mitte-Links-Politik in Zeiten eines zunehmenden Wandels der Partei teilt. (...) Progressive Demokraten finden sich nun unter der Führung von zwei Gemäßigten mit recht vorsichtigen politischen Instinkten wieder, auch wenn die Energie der Aktivisten die Partei durchströmt und linke Herausforderer einige Amtsinhaber entthronen. Die meist jungen Protestierenden, die die Straßen fast jeder amerikanischen Stadt füllen, um die Polizeibrutalität und Präsident Trump anzuprangern, werden von zwei Persönlichkeiten repräsentiert, die ihnen verständnisvolle Worte und Vorschläge anboten, aber deren Karrieren durch ihr Verhältnis zur Staatsmacht geformt wurden."

"De Standaard" (Brüssel):

"Der Einwanderertochter Kamala Harris bietet diese Wahl eine außergewöhnliche Chance. Joe Biden wird in diesem Jahr 78. Die Versuche von Republikanern, ihn als dement darzustellen, fruchten zwar nicht. Aber sein Alter merkt man ihm schon an. In vier Jahren kann viel geschehen. Die Amerikaner brauchen deshalb eine Persönlichkeit als Vizepräsidenten, der sie zutrauen, die Führung des Landes von einem Tag zum anderen übernehmen zu können.

Zudem ist es eher unwahrscheinlich, dass Biden bis zu seinem 86. Präsident bleiben will. Die Bezeichnung 'Präsident für eine Amtszeit' scheint ihm auf den Leib geschrieben zu sein. Das macht seinen Vizepräsidenten zum Topfavoriten für die Präsidentschaftskandidatur 2024. Für Harris könnte dies also das Sprungbrett sein, die erste Präsidentin der USA zu werden.

Das ist aber Zukunftsmusik. Kurzfristig setzt Biden offensichtlich darauf, dass die Kämpfermentalität und die politische Erfahrung von Harris ihm helfen, Donald Trump zu schlagen. Und darauf, dass sie eine treue Mitarbeiterin für die kommenden Jahre wird."

"The Guardian" (London):

"Ähnlich wie Barack Obama während der Großen Rezession bräuchte Joe Biden jemanden im Weißen Haus, der bereit ist, die Aufgaben zu erledigen, für die der Chef zu beschäftigt ist. Doch Biden wählte keinen anderen Biden, sondern einen anderen Obama: Eine Person, die die Zukunft eines Landes von Einwanderern repräsentiert und tief verwurzelt ist in der harten Arbeit, das Unrecht in Amerika zu beheben.

Biden und sein Team haben nahegelegt, dass er in der Politik der Demokraten eine Übergangsphase repräsentiert. Das ist vernünftig für jemanden, der im Alter von 78 Jahren als US-Präsident angelobt werden könnte. (...)

Nach vier Jahren als Vizepräsidentin haben wir vielleicht immer noch keine Antwort auf die Frage, ob Harris eine Politikerin der Mitte ist oder nicht. Aber in weniger als drei Monaten werden wir die Antwort auf die Frage kennen, welche Zukunft amerikanische Wähler für sich und ihr Land wollen."

 

"Wall Street Journal" (New York) :

 

"Mr. Bidens Entscheidung ist besonders wichtig, weil er mit 78 Jahren am Tag der Vereidigung der älteste Präsident wäre. Die Sterbetafeln und seine nachlassende Geistesschärfe legen nahe, dass er nicht für eine Wiederwahl antreten würde, angenommen er hält eine volle Amtszeit durch. Amerikaner, die Mr. Biden auf seiner Wahlkampftour beobachtet haben - und wie ihn seine Berater vor Medienfragen schützen - sind schlau genug zu wissen, dass sie bei einem Votum für Mr. Biden auch dessen Running Mate als möglichen Präsidenten wählen.

Ms. Harris sticht besonders hervor als Beispiel für amerikanische Aufstiegschancen, vor allem für Einwanderer. Ihr Vater ist ein in Jamaika geborener Stanford-Ökonom. Ihre in Indien geborene Mutter war eine Brustkrebsforscherin an der University of California in Berkeley. Selbst als das Land weniger rassentolerant war als jetzt, machten beide Elternteile erfolgreich Karriere und konnten ihrer Tochter Chancen eröffnen, selbst als sie sich scheiden ließen. Sie hat das Beste daraus gemacht. Wie Barack Obama, ist Ms. Harris Erfolg der lebende Gegenbeweis zur linken Kritik von Amerika als einem repressiven, rassistischen Land."

"Verdens Gang" (Oslo):

"Kamala Harris soll Joe Biden geben, was ihm fehlt: Energie, Farbe, Zukunft und Anziehungskraft bei jüngeren Frauen. Trump äußerte sich in der Nacht, er sei überrascht von der Wahl von Harris als Bidens Vizepräsidentschaftskandidatin. In dem Fall ist er der einzige in der US-Politik. Harris war die sonnenklare Favoritin. Sie ist relativ jung, sie ist energisch. Sie hat Biden früher scharf kritisiert, was sowohl ihm als auch ihr Glaubwürdigkeit verleiht. Sie ist bereit, zu übernehmen, wenn dem älteren Kandidaten etwas geschieht. Sie hat schwerwiegende politische Erfahrung. Es knüpfen sich also große Erwartungen an die Kandidatur von Harris - bei einer der wichtigsten Präsidentschaftswahlen der US-Geschichte."