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Kamala Harris: Wie lange hält der Hype?

Als Vizepräsidentin war Kamala Harris so unpopulär wie unsichtbar. In ihrer neuen Rolle als Präsidentschaftskandidatin wirkt sie wie ausgewechselt. Woran liegt das?

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„Thank you, for bringing back the joy!“(„Danke, dass du die Freude zurückgebracht hast!“)

Dieser Satz stammt von Tim Walz, dem frisch gekürten „running mate“ an der Seite der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Kein Satz fasst die Stimmung innerhalb der Demokraten besser zusammen. Die zuletzt zutiefst verunsicherte Partei klatscht dieser Tage euphorisch in die Hände. Mit Joe Biden als Kandidat lugte sie angstvoll durch die Finger. Würde er am Weg zum Flugzeug wieder stolpern? Oder wichtige Namen durcheinanderbringen? Oder beides? Die Bilder, die von Harris gerade um die Welt gehen, sind andere.

Gerade tourt sie vor zehntausenden jubelnden Anhängern durch die politisch besonders umkämpften Bundesstaaten der USA. Kommende Woche wird sie am Parteitag der Demokraten offiziell als Kandidatin bestätigt, um am 5. November zur ersten Präsidentin der USA gewählt zu werden. Das ist der Plan.

Noch hat Harris vor allem vor ihren eigenen, verständlicherweise euphorisierten Anhängerinnen und Anhängern gesprochen. 

Einige Anhänger skandieren bereits „Yes We Kam!“, eine Anspielung auf den legendären Wahlkampf-Slogan „Yes We Can!“ von Barack Obama.

In den vergangenen drei Wochen hat Harris, eine Juristin, ehemalige Staatsanwältin und seit 2021 Joe Bidens Vizepräsidentin, ihrer Partei neues Selbstbewusstsein eingehaucht. Seit Biden seine Kandidatur zurückgezogen hat, reiten die Demokraten auf einer Begeisterungswelle, wie es sie seit Barack Obama im Jahr 2008 nicht mehr gab. Von „joy“, also von Freude, ist wieder die Rede, von Optimismus, Euphorie und von neuem Elan.

Dabei hat Harris weder ein konkretes Programm vorgelegt noch neue, inhaltliche Versprechen gemacht. Es ist davon auszugehen, dass sie vieles gleich oder ähnlich machen wird wie der zuletzt unpopuläre Joe Biden. Genau das wird ihr bereits als Schwäche ausgelegt. Der zweite Kritikpunkt: Noch hat Harris vor allem vor ihren eigenen, verständlicherweise euphorisierten Anhängerinnen und Anhängern gesprochen. Kritischen Interviews oder Debatten hat sie sich hingegen noch nicht gestellt. Harris hat Donald Trump, durchaus angriffslustig, zum TV-Duell herausgefordert, aber sie hat der Öffentlichkeit noch nicht erklärt, was sie anders machen würde, sollte sie ins Weiße Haus einziehen.

Einer ihrer größten Vorteile derzeit ist der Überraschungseffekt. Er ist mit ein Grund für ihr aktuelles Umfragehoch. Immer mehr zeigt sich: Die Kampagne ihres republikanischen Kontrahenten Donald Trump war bisher voll und ganz auf Biden zugeschnitten. Harris ist schwieriger anzugreifen, weil sie selbstbewusster, ja regelrecht fröhlich daherkommt.

Nach Joe Bidens Stolpern und Stottern, vor allem aber nach seinem missglückten TV-Duell mit Donald Trump Ende Juni, verkörpert Harris vor allem eines: Abgebrühtheit. Monatelang trieb Trump Biden mit hämischen Kommentaren über sein Alter und seine Gebrechlichkeit vor sich her. Jetzt ist er selbst in die Defensive geraten. 

Franziska Tschinderle

Franziska Tschinderle

schreibt seit 2021 im Außenpolitik-Ressort. Studium Zeitgeschichte und Journalismus in Wien. Schwerpunkt Südosteuropa / Balkan.