König-Abdullah-Zentrum in Wien: Dialog und Enthauptung

König-Abdullah-Zentrum in Wien: Dialog und Enthauptung

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Ali Mohammed Baqir al-Nimr (Foto) erwartet seit Donnerstag der vergangenen Woche der Tod. Die saudi-arabische Justiz hat ihn für schuldig befunden, an einer Demonstration gegen die Regierung teilgenommen zu haben. Außerdem soll er einer terroristischen Organisation angehören und auf Sicherheitskräfte geschossen haben. Zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Taten im Jahr 2012 war Ali al-Nimr 17 Jahre alt - heute ist er 21.

Die Vereinten Nationen haben dazu eine klare Rechtsauffassung: "Jedes Todesurteil für Personen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren, wie auch dessen Vollstreckung sind mit den internationalen Verpflichtungen Saudi-Arabiens unvereinbar.“

Nichts kann daran etwas ändern, auch nicht das Geständnis, das Ali al-Nimr unterzeichnet haben soll - unter Folter, wie seine Verwandten beteuern. Die schiitische Familie des zum Tod Verurteilten ist in Saudi-Arabien wegen ihrer Opposition zum Königshaus bekannt. Alis Onkel, Scheich Nimr al-Nimr, ist einer der Wortführer der Anti-Regierungsproteste in der ölreichen östlichen Provinz, wo die Schiiten sich seit Langem über Diskriminierung durch die sunnitische Königsfamilie beklagen.

Zu Beginn des Jahres hatte der Fall des saudischen Bloggers Raif Badawi Aufsehen erregt, der wegen "Beleidigung des Islam“ zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockhieben verurteilt worden war. In Österreich brandete damals Kritik auf, weil Saudi-Arabien in Wien das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (Kaiciid) betreibt und die Republik Österreich einer der Trägerstaaten ist. Ein Evaluierungsbericht des Außenministeriums erwog zwei Optionen: eine Reform und "stärkeres Auftreten bei Menschenrechtsverletzungen mit religiösem Zusammenhang“ oder den Austritt Österreichs. Entschließungsanträge der Grün-Abgeordneten Alev Korun, in denen eine Aufkündigung des Abkommens zwischen Österreich und Saudi-Arabien gefordert wird, sollte das Königreich religiöse und kulturelle Toleranz nicht garantieren, liegen unbehandelt in den Ausschüssen.

Martin Weiss, Sprecher des österreichischen Außenministeriums, beschreibt die offizielle Position zum König-Abdullah-Zentrum derzeit so: "Das Zentrum ist in einer Phase der Neuaufstellung, vieles ist bereits passiert. Wir beobachten sehr genau, was dort gemacht wird.“ Der Fall Ali al-Nimr wird im Außenministerium "sehr genau und mit Besorgnis verfolgt, weil der mutmaßliche Täter unter 18 Jahre alt war, weshalb das Urteil der Kinderkonvention“ widerspreche.

Das König-Abdullah-Zentrum wiederum übermittelte profil zum Todesurteil gegen den schiitischen Demonstranten folgende Stellungnahme: "Kaiciid lehnt jede Form der Gewalt ab und unterstützt ausnahmslos die Inhalte der UN-Menschenrechtscharta. Kaiciid ist eine internationale Organisation mit dem Auftrag, den interkulturellen und interreligiösen Dialog zu unterstützen. Kaiciid repräsentiert und kritisiert weder einzelne Staaten noch deren nationalstaatliche Entscheidungen.“

Ali al-Nimr soll dem Urteil entsprechend enthauptet werden. Danach wird seine Leiche öffentlich zur Schau gestellt.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur