Demo gegen Sklaverei in Libyen

Libyen: Das offene Geheimnis Sklavenhandel

Menschenrechtler werfen EU und UNO nach Berichten über Libyen "Heuchelei" vor.

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"Grauenhaft", "schändlich", "empörend" – die jüngsten Berichte über Sklavenhandel mit afrikanischen Flüchtlingen in Libyen haben bei UNO, EU und Afrikanischer Union einhellige Reaktionen hervorgerufen. Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach von einem "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Menschenrechtsorganisationen werfen den Politikern anlässlich des EU-Afrika-Gipfels am Mittwoch und Donnerstag in Abidjan dagegen "Heuchelei" vor – denn die Vorwürfe seien seit langem bekannt.

Auslöser der Empörung ist ein Bericht des US-Senders CNN. Er zeigt, wie Flüchtlinge für jeweils mehrere hundert Dollar als Landarbeiter auf einer Auktion verkauft werden. Die Aufnahmen aus einer nicht namentlich genannten libyschen Stadt zeigen laut dem Sender einen jungen Mann aus dem Niger, der als "starker Bursche für Feldarbeit" angepriesen wird.

John Dalhuisen von Amnesty International (AI) sagt: Keiner der Staats- und Regierungschefs, die sich bei dem Gipfel in der Elfenbeinküste versammelten, solle "überrascht tun". "Seit Jahren dokumentieren wir, wie Flüchtlinge und Migranten in Libyen willkürlicher Verhaftung, Folterung, Mord, Vergewaltigung, Erpressung und Ausbeutung ausgesetzt sind", sagt der Regionaldirektor für Europa.

"Wir können nicht so tun, als hätten wir nichts gewusst"

Dies gelte auch für den Sklavenhandel, betont AI-Afrika-Direktor Alioune Tine. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) weist in Berichten bereits seit April auf die Existenz von "Sklavenmärkten" in Libyen hin. Auch die Präsidentin der internationalen Organisation für medizinische Nothilfe Medecins Sans Frontieres, Joanne Liu sagt: "Wir können nicht so tun, als hätten wir nichts gewusst."

Auch EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos nennt die CNN-Bilder "empörend". "Die grauenvollen und erniedrigenden Bedingungen, unter denen bestimmte Migranten festgehalten werden, kennen wir", räumt er ein. Das könne "nicht so weitergehen". Nach seinen Angaben macht die EU Druck auf Libyen, etwas gegen die Zustände zu unternehmen.

Libyscher UN-Botschafter sieht Staat als Opfer

Das hat die Regierung in Tripolis auch zugesagt. Aber das Land wird seit dem Sturz des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi im Herbst 2011 größtenteils von Milizen kontrolliert, zudem bekämpft eine selbst ernannte Gegenregierung die offizielle Exekutive. Das Machtvakuum trägt nicht zur Aufklärung der Menschenrechtsverstöße bei.

Da ist es schwer, Sanktionen gegen Verantwortliche zu verhängen, wie es französische Diplomaten bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York am Dienstagabend forderten. Paris bereitet demnach eine Liste mit Namen bekannter Menschenschleuser vor, gegen die ein Einreiseverbot in die EU verhängt werden könnte.

Uneinsichtig zeigte sich der libysche UN-Botschafter Elmahdi Elmajerbi: "Libyen ist Opfer einer groß angelegten Fake-News-Kampagne", sagte er zu dem CNN-Bericht. Er riet der internationalen Gemeinschaft, die Wurzeln der Fluchtbewegung zu bekämpfen, statt sich über mutmaßlichen Sklavenhandel aufzuregen.