Warum sich Maturant:innen trotz Erleichterungen im Stich gelassen fühlen
Es ist die mittlerweile dritte Pandemie-Matura, die seit Montag in Österreichs Schulen über die Bühne geht. Um den andauernden besonderen Bedingungen gerecht zu werden, wurden einige Erleichterungen vorgenommen. Die Note im Maturazeugnis ergibt sich wieder aus der Jahres- und der Klausurennote; die Schüler:innen haben zudem in allen Fächern eine Stunde länger Zeit. Letzteres sei aber nur Makulatur, meint die Maturantin und Wiener AHS-Landesschulsprecherin Maria Marichici im profil-Gespräch: „Manchen hat die Extrastunde zwar geholfen, aber der Großteil hat früher abgegeben. Das ist ein nettes, kleines Zusatzgeschenk, aber hilft uns nicht wirklich. Es ist eher fürs Auge.“
Eines ist heuer aber wieder „normal“: Zum ersten Mal seit Pandemiebeginn findet die mündliche Matura verpflichtend statt. Darüber zeigt man sich im Bildungsministerium erbaut: „Ich bin sehr froh, dass dieses Jahr auch die mündliche Matura wieder für alle stattfinden kann. Denn die Schülerinnen und Schüler haben sich diesen formellen und feierlichen Abschluss nach vielen Jahren in der Schule verdient,“ so Bildungsminister Polaschek zuletzt. Auch Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm bezeichnete die mündliche Matura als „Schritt zurück in die Normalität“ und „riesengroße Chance“.
Marichici kann diese Freude nicht nachvollziehen: „Man kann nicht so tun, als wäre die letzten beiden Jahre nichts gewesen, nur weil wir seit September halbwegs normal im Unterricht sitzen. Das finden wir nicht okay.“
Im Jänner wurde deswegen sogar gestreikt, die Schüler:innen forderten eine freiwillige mündliche Matura, mehr Vorbereitungszeit und bessere Nachhilfemöglichkeiten. „Es ist schon sehr frustrierend, weil wir gar keine Rückmeldung vom Ministerium bekommen haben. Wir waren schon die letzten Jahre auf uns alleine gestellt, da fühlt man sich im Stich gelassen,“ sagt Maria Marichici. Zwar wurde Ergänzungsunterricht angeboten, dieser sei aber an manchen Schulen bisweilen nur unzufriedenstellend umgesetzt worden.
Marichici kritisiert außerdem, dass es keinen direkten Austausch zwischen dem Bildungsministerium und den Schulvertretungen geben habe: „Daran sieht man, wo die Prioritäten liegen, und dass sie ganz klar nicht bei den Schülerinnen und Schülern liegen. Ich wünsche mir, dass sich das Bildungsministerium mit den nächstjährigen Maturantinnen und Maturanten zusammensetzt. Auch die siebten Klassen waren zweieinhalb Jahre im Distance Learning.“
Ganz wie damals ist die mündliche Matura heuer dennoch noch nicht: Man kommt den Schülerinnen und Schülern ein Stück weit entgegen, indem die Lehrer:innen die Möglichkeit haben, bis zu ein Drittel weniger Themengebiete als in „normalen“ Jahren abzuprüfen.
Wir wünschen allen Maturant:innen viel Glück für die anstehenden Klausuren,
Lena Leibetseder
P.S.: Die Maturabeispiele stehen nach Prüfungsende übrigens immer online zur Einsicht. Die Aufgaben der gestrigen Mathe-Matura finden Sie hier – hätten Sie die Beispiele lösen können?