Aufdeckungsjournalist Wolff: "Die Vernunft hat völlig ausgesetzt"
Michael Wolff ist sichtlich gut gelaunt, als er in der Lounge des Hotel Claridge 's erscheint. Seine Kleidung deutet darauf hin, dass er lieber als Europäer zur Welt gekommen wäre: Er trägt ein graues Sakko mit schmaler, bordeauxroter Strickkrawatte, alles an ihm wirkt dezent und teuer.
Anfang Jänner veröffentlichte der Journalist und Autor sein Enthüllungsbuch über das Weiße Haus unter der Führung Trumps und brachte damit seinen früheren Gönner zum nachhaltigen Toben. "Feuer und Zorn" erschien vergangene Woche in der deutschen Übersetzung und landete sofort auf dem ersten Platz der Sachbuch-Bestsellerlisten. Der englischsprachige Titel "Fire and Fury" wurde übrigens einem Tweet entlehnt, in dem Donald Trump dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un die totale Vernichtung androhte.
Was die Welt ohnehin ahnte, bestätigt Wolff im profil-Interview: Trump ist, auch nach dem Dafürhalten seiner engsten Mitarbeiter, eigentlich nicht in der Lage, sein Amt auszuüben.
Hauptquelle Bannon
Nicht nur Wolff, sondern auch jene, die den Journalisten mit Insiderwissen versorgten, traf der Zorn des in dem Buch detailreich als unberechenbarer Choleriker geschilderten Präsidenten. Wolffs Hauptquelle stellte Steve Bannon dar, Gründer des rechtsextremen Internetmediums "Breitbart News", Trumps Kampagnenmanager und (nach sieben Monaten gefeuerter) Chefstratege im Weißen Haus. Bannon verließ das Oval Office im Sommer 2017 nach Unstimmigkeiten mit der mächtigen "first daughter" Ivanka und ihrem Ehemann Jared Kushner, die man beide, im Vergleich zum Clan-Oberhaupt, durchaus als liberale Republikaner einstufen könnte.
In Wolffs Buch wird Bannon mit dem Adjektiv "hoch verräterisch" zitiert, das er bei der Beschreibung eines Treffen zwischen Trumps Sohn Donald Jr. mit Russen im Wahlkampf 2016 benutzte hatte. Diesen Verrat musste Bannon im wahrsten Sinn des Wortes teuer bezahlen: Nach Trumps Intervention entzogen die Geldgeber von "Breitbart News" Bannon ihr "Vertrauen".
Das Buch selbst konnte Trump allerdings nicht verbieten lassen. Er musste sich darauf beschränken, Michael Wolff als einen "totalen Verlierer" zu bezeichnen und leugnete immer wieder, dem Journalisten je Zugang zum Weißen Haus erteilt zu haben.
"Fire and Fury" ist eines der erfolgreichsten Sachbücher des 21. Jahrhunderts. Schon in den ersten Wochen nach ihrem Erscheinen im Jänner wurde die englischsprachige Ausgabe zwei Millionen Mal verkauft. Der deutsche Rowohlt-Verlag lancierte "Feuer und Zorn" Mitte Februar mit 300.000 Stück Startauflage.
Aufgrund des erratischen Regierungsstils Trumps ist das Buch inzwischen an manchen Stellen überholt: Denn schneller als unter seiner Ägide wurde im Weißen Haus noch nie geheuert und gefeuert. Kaum einer der Mitarbeiter, die Wolff im Buch beschreibt, ist heute noch im Amt. Als "last woman standing" firmierte Hope Hicks, Trumps 29-jährige Kommunikationschefin. "Hope galt als Trumps eigentliche Tochter, während Ivanka als seine eigentliche Frau galt", schreibt Wolff. Freilich: Auch Hicks warf vergangene Woche ihr Amt hin, kurz nach dem Treffen von Wolff mit profil. Die zuletzt engste Vertraute des Präsidenten hatte zuvor neun Stunden lang vor dem Geheimdienstausschuss im Repräsentantenhaus ausgesagt.
Schockierendes Psychogramm
Obwohl einige von Wolffs Enthüllungen inzwischen von der Realität eingeholt wurden, ist "Feuer und Zorn" ein Sittenbild von hohem Infotainment-Wert und vor allem ein schockierendes Psychogramm des US-Präsidenten. Die übliche Dramaturgie von Trumps inzwischen weltbekannten Wutausbrüche beschreibt Wolff im Buch so: "Normalerweise begannen diese Wutausbrüche als Überspitzung und gingen dann in echte Wut über: unkontrollierbare Tobsuchtsanfälle, bei denen seine Adern schwollen und er hässliche Grimassen schnitt."
Der Treppenwitz dieser Erfolgsgeschichte: Michael Wolff galt in der Journalistenbranche jahrelang als Außenseiter und besaß kaum Zugang zum linksliberalen Medien-Establishment in New York und Washington. Einen Artikel über Donald Trump, der ihm später die Pforten zum Weißen Haus öffnen sollte, veröffentlichte Wolff, der die Wahlkampagne an der Front mitverfolgt hatte, im Jahr 2016 ungewöhnlicherweise in einem Branchenblatt der Filmindustrie, dem "Hollywood Reporter".
Aber genau dieses Anerkennungsdefizit seitens der Elite half Wolff, bei der neuen Führung im Weißen Haus zu landen. Trump und sein damaliger Chefideologe Steve Bannon hielten Wolff für einen Symphatisanten ihrer Revolte gegen das bisherige "Establishment". Genau deswegen unterstützten sie ihn und erlaubten ihm auch, im Weißen Haus auf ständigen Beobachtungsposten zu gehen.
Trotz des medialen Erdbebens rund um das Buch, das im Jänner tagelang die Nachrichten bestimmte, rümpft die liberale Medienelite bis heute über Michael Wolff die Nase. Dass er sich in einem BBC-Interview mit Bob Woodward, dem legendären Watergate-Aufdecker der "Washington Post", verglichen hatte, goutierten die Kollegen ebendort gar nicht.
"Wolff zerbröckelt vor unseren Augen" titelte die "Washington Post" leicht degoutiert vergangene Woche. Tatsächlich hatten Woodwards und Carl Bernsteins Enthüllungen Richard Nixon zum Rücktritt gezwungen, deswegen empfanden viele den Vergleich so absurd wie vermessen.
Im Gegensatz zu den amerikanischen Kollegen stellen europäische Journalisten für Wolff eine regelrechte Erholung dar. Sie verbohren sich nicht ständig in seiner Behauptung, dass Trump eine Affäre mit UN-Botschafterin Nikki Haley hat. Das Gerücht stellte er kürzlich in einer Talkshow haltlos in den Raum. Wolff kann die Affäre nämlich nicht beweisen, auch im nachfolgenden profil-Gespräch windet er sich zu diesem Thema.
Zwischen Realität und Fiktion, so die häufig erhobene Kritik, schweben auch einige Passagen im Buch, viele wunderte die detaillierte Wiedergabe von Gesprächen. Doch auch die negative Aufregung scheint Wolff durchaus zu genießen. Der 64-jährige Autor bittet profil zum Interview in eine stille Bar des eleganten Hotel Claridge's im Londoner Nobeldistrikt Mayfair.
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profil: Herr Wolff, ist "Feuer und Zorn" ein Buch oder eine Sensation? Wolff: Ich bin einfach nur ein Schreiber. Die Leute wollten doch einfach wissen: Wer zum Teufel ist Donald Trump?
profil: Wollten Sie dem US-Präsidenten zu schaden? Wolff: Nein, ich hatte kein Interesse daran, ihm zu schaden. Als ich mit dem Buch begonnen habe, hatte ich auch keine Ahnung, dass es so kommen würde. Ich dachte damals nur: Donald Trump ist einfach ein sensationeller Charakter. Jede Story über ihn wird interessant. Ich bin ja kein politischer Reporter. Ich schreibe manchmal über Politik, aber es ist das Thema, das ich am wenigsten mag.
profil: Haben Sie sich also ins Weiße Haus gesetzt, um dort "wie eine Fliege an der Wand", so Ihre Diktion, beobachtend zu verharren? Wolff: Trump hat mich als Phänomen fasziniert. Ich fühlte mich davon angezogen, wie er alles auf den Kopf stellt. Er bot so reiches Material. Ich hätte mit absolutem Vergnügen auch genau das gegenteilige Buch geschrieben. Er war so ein unerwartet erfolgreich, er hatte das gesamte Medien-Establishment reingelegt. Ich dachte eigentlich anfangs, ich würde die Erfolgsstory aufschreiben.
profil: Sie wollten tatsächlich ein positives Buch über Trump im Weißen Haus schreiben? Wolff: Ja. Ein Buch, das mit den gesetzten Erwartungen bricht. Davon fühle ich mich seit jeher angezogen. Ich mag es, das Establishment zu ärgern.
profil: Wann kam der Kipppunkt? Wolff: Man merkte sehr bald nach dem Amtsantritt: Dieses Weiße Haus funktioniert nicht. Jedes Mal, wenn ich mit Trump gesprochen habe, fand ich es total alarmierend. Es ist inkohärent, was er sagt. Und ich konnte auch an den Gesichtern seiner Mitarbeiter ablesen, wie schockiert sie waren. Ich setzte mich zum Beispiel mit Katie Walsh (Anm.: kurzzeitig Trumps Vizestabschefin) hin, und alles, was sie mir erzählte, löste in mir nur den Gedanken "Oh, Jesus" aus. Es geht dort heute nicht mehr um Sachliches, sondern nur um Egos. Und um die persönlichen Befindlichkeiten dieser Egos. Trump hat Steve Bannon nicht verzeihen können, dass er seinen Sieg für sich reklamierte. Also musste Steve weg.
profil: Wusste Trump, dass Sie über ihn ein Buch schrieben? Wolff: Oh ja. Ich habe doch Zeit mit ihm persönlich verbracht, ich schätze netto sicherlich drei Stunden seit Juni 2016.
profil: Hat er Sie zu diesen Gesprächen ins Oval Office gebeten? Wolff: Nein das nicht, aber er kam ungefähr vier Mal raus, und wir unterhielten uns. Und dann hat er angefangen, mich anzurufen. Ich war einer von denen, die er auf seiner Telefonliste hatte.
profil: Hat er Sie nachts angerufen, wenn er Dampf ablassen wollte? Wolff: Nein, seltsamerweise rief er immer am frühen Abend an. Er war dabei sehr freundlich. Ich konnte buchstäblich nichts anderes sagen als: "Yes, Mr. President." Das mochte er. Denn er redete wie ein Maschinenfeuergewehr. Eine halbe Stunde lang, ohne Punkt und Komma. Als er endlich auflegte, sagte ich zu meiner Frau: "Das war beunruhigend." Ich empfand es als wirklich alamierend.
profil: Weil er Sie anrief? Oder wegen der Inhalte der Gespräche? Wolff: Letzteres. Er redete reinen Blödsinn.
profil: Welche Art von Blödsinn? Wolff: Eigentlich beschwerte er sich immer nur über die Medien. Ich hatte das Gefühl, dass das das Einzige war, was ihn wirklich interessierte.
Alle wollen Trump loswerden: das Justizministerium, die Medien, die Geheimdienste, die Unternehmer. Die Republikaner hassen ihn, auch wenn er ihnen nützt. Die Demokraten sowieso.
profil: Wie konnten Sie sich alle diese Gespräche merken? Haben Sie sie heimlich aufgenommen? Wolff: Manche schon. Bei anderen lief ich dazwischen aufs Klo und machte Notizen. Bei dem Dinner mit Steve Bannon und Robert Ailes (Anm.: Ex-Fox-News-Chef) wenige Tage nach der Wahl war ich der Koch. Da lag mein Notizbuch in der Küche.
profil: Wurde Trump über die Monate immer bizarrer? Manche Leute behaupten, dass er an Demenz erkrankt wäre. Wolff: Das kann ich nicht beurteilen. Viele in seinem Umfeld sagen, dass er früher immer im Abstand von 30 Minuten die drei gleichen Geschichten erzählte. Inzwischen hat sich dieses Intervall auf zehn Minuten reduziert.
profil: Und wird wahrscheinlich immer kürzer. Wolff: Ganz genau. Es wurde im Weißen Haus sehr viel über das 25. Amendment gesprochen (Anm.: der 25. Zusatzartikel zur US-Verfassung bezieht sich auf die Nachfolge des Präsidenten im Falle von dessen Unfähigkeit, das Amt auszuüben). Das war damals vielleicht nicht ganz ernst gemeint, viele versuchten das dann mit Begründungen wie "Er schläft nicht genug" oder "Er ist so unter Druck" zu verharmlosen.
profil: Kann Trump noch lange so weitermachen? Wie gefährlich ist die Russland-Untersuchung von Ex-FBI-Chef Robert Mueller für Trumps Präsidentschaft? Wolff: Die Bedrohung ist einfach riesig. Ich glaube nicht, dass er das überstehen kann. Es geht dabei nicht nur um Mueller. Jedes Machtzentrum in den Vereinigten Staaten ist gegen diesen Typen. Alle wollen Trump loswerden: das Justizministerium, die Medien, die Geheimdienste, die Unternehmer. Die Republikaner hassen ihn, auch wenn er ihnen nützt. Die Demokraten sowieso. Wenn die Demokraten bei den Parlamentswahlen im November die Mehrheit im Abgeordnetenhaus gewinnen, dann werden sie ihn anklagen.
profil: Wofür? Dass sein ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort und ein paar andere korrupte Geschäfte in der Ukraine mit russlandfreundlichen Politikern gemacht haben? Das wird nicht reichen, oder? Wolff: Es könnte schwierig werden, eine Absicht dahinter zu beweisen. Weil diese Typen so dumm sind, dass sie vielleicht keine Absicht hatten - außer Geld zu verdienen natürlich. Ihre Verteidigungslinie könnte tatsächlich sein, dass sie für eine Verschwörung zu einfältig waren. Dennoch: Die Verschleierung ist schlimmer als das Verbrechen. Die Behinderung der Justiz sollte ihnen zum Verhängnis werden.
Die Vernunft hat völlig ausgesetzt.
profil: Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Präsident Trump dabei war, als man in der Air Force One einen Pressetext verfasste, der ein Treffen von Trump-Sohn Don Jr. mit Russen verfälschend darstellte. Inhaltlich, so hieß es in dem Text, soll es um die Adoption russischer Kinder gegangen sein und nicht um belastendes Material über Hillary Clinton, wie sich später herausstellen sollte. Ist das genug, um Trump anzuklagen? Wolff: Ich glaube, das ist ein handfester Fall von Behinderung der Justiz. Ich denke, dass Mueller Trump nicht anklagen wird, aber er wird den Fall dem Kongress vorlegen. Mueller wird das wahrscheinlich im Juli tun, damit genug Zeit bleibt. So stehen die Chancen gut, dass die Kongresswahlen im November zu einem Referendum über das Impeachment Trumps werden. Die Demokraten werden sich für eine Anklage aussprechen, die Republikaner werden sagen: "Wenn ihr die Demokraten wählt, werden sie den Präsidenten anklagen." Das Volk kann dann darüber entscheiden.
profil: Wird Trumps Schwiegersohn Jared Kushner auch von Mueller angeklagt werden? Mueller untersucht ja jetzt auch, woher die Gelder und Kredite für die Immobiliendeals gekommen sind, die Donald Trump und Jared Kushner mit russischen Geschäftsleuten und Krediten der Deutschen Bank finanziert haben. Wolff: Dafür stehen die Chancen gut. Alle im Weißen Haus werden total nervös, wenn das Gespräch auf das Thema Geld kommt. Wenn es da um die Kontakte mit Russland geht, sagen alle zuerst: "Na ja, Russland, da bin ich mir nicht sicher, ob das für uns so gefährlich ist." Nur wenn sie dann einen Schritt weiter denken, nämlich dass die Geldflüsse nachverfolgt werden könnten, schreien gleich alle: "Oh my God!", und werfen ihre Arme verzweifelt in die Luft. (Wolff demonstriert diese Geste theatralisch.)
profil: Sie schreiben in Ihrem Buch: "Für die Kushners war es in dieser Situation nicht gerade hilfreich, dass der Präsident allen überschwänglich erzählte, Jared könne das Nahost-Problem lösen, weil die Kushners die ganzen Ganoven in Israel kannten." Sie scheinen "Jarvanka", wie Sie den Bund von Jared Kushner mit Trumps Tochter Ivanka nennen, nicht besonders zu schätzen. Wolff: Sie sind keine schrecklichen Menschen, eigentlich auch ganz vernünftig. Aber die beiden sind heute die wichtigsten Leute im Weißen Haus. Dabei haben beide noch nie unabhängig von ihren Eltern gearbeitet. Sie haben also absolut keine relevante Erfahrung für ihre Position. Es ist grotesk.
profil: Ist das die ultimative Infantilisierung? Wolff: Es ist das ultimative Irgendwas. Buchstäblich. Die Vernunft hat völlig ausgesetzt.
profil: Profitieren wir nicht alle von dieser Situation? Sie schreiben ein Buch, ich interviewe Sie dazu. Wolff: Sie wollen wissen, ob ich mich jetzt schmutzig fühle? In gewisser Weise schon. Aber Hand aufs Herz: Hätten Sie diese Geschichte ausgelassen? Das machen wir Journalisten doch nicht.
Ich glaube, Trump hat insgeheim eine Schwäche für Putin.
profil: Sie haben bei einem Auftritt in Bill Mahers (Anm. US-Talkshow-Moderator und Komiker) Show angedeutet, dass Donald Trump eine Affäre mit der UN-Botschafterin Nikki Haley hat und sie sich deswegen Hoffnungen mache, Außenministerin zu werden. Sie konnten diese Behauptung aber nicht beweisen. Beschädigen Sie damit nicht fahrlässig das Ansehen einer Frau? Wolff: Es ist außer Kontrolle geraten. Es war eine Comedy -Show. Ich hätte es vielleicht nicht sagen sollen, aber es ist mir einfach passiert. Ich weiß nicht, ob es stimmt. Es gab jedenfalls das Gerücht. Und, vergessen Sie nicht, wir reden über Trump. Wenn es einen roten Faden in seiner Karriere gibt, dann die Jagd auf Frauen.
profil: Als Medienexperte müsste Sie doch die Frage interessieren, ob Russlands Einmischung in die US-Wahlen entscheidend für deren Ausgang war? Wolff: Niemand, inklusive Trump und seinen engsten Mitarbeitern, hat jemals angenommen, dass er gewinnen würde. Deshalb hat sich auch keiner darauf vorbereitet. Flynn (Michael Flynn war im Januar 2017 kurzfristig Trumps Nationaler Sicherheitsberater, Anm.) sagte: "Geld von den Russen zu nehmen, wird nur dann ein Problem werden, wenn wir gewinnen." Er hat einfach nicht angenommen, dass das je passieren könnte.
profil: Michael Flynn musste nach nur 24 Tagen als Sicherheitsberater zurücktreten. Damit ist die Russlandaffäre aber nicht ausgestanden. Wie sehen Sie die seltsame Beziehung zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Vladimir Putin? Wolff: Ich glaube, Trump hat insgeheim eine Schwäche für Putin. Er kam mit seinem Schönheitswettbewerb 2013 nach Moskau und hat sich eigentlich erwartet, dass er dort von Putin und den Oligarchen begeistert empfangen würde. Das ist aber nicht passiert. Bannon erzählte, dass Trump bei einem Dinner neben einem sitzen musste, der nicht mal wusste, wie man das Besteck benutzt. Diese Form der Mißachtung hat Trump verletzt. Sehr verletzt. Abgesehen davon bewundert er Putin eben.
profil: Weswegen - wegen seiner Macht, seines Machogehabes? Wolff: Ja, das auch, es hat aber auch einen anderen Hintergrund. Der Medienmogul Rupert Murdoch zum Beispiel hat Trump immer wie Scheiße behandelt, Trump aber wollte Murdochs Liebe um jeden Preis gewinnen. Und das hat er geschafft: Nachdem Trump zum Präsidenten gewählt worden war, kam Murdoch zu ihm in den Trump Tower. Das machte ihn überglücklich.
profil: Bei Ihnen zeigt sich Trump als völlig unversöhnlich. Er hat Sie als einen "totalen Verlierer" bezeichnet. Stört Sie das? Wolff: Das ist bei Trump sowieso eine gängige Phrase, die er auf viele anwendet. Der Erfolg meines Buchs ärgert ihn einfach wahnsinnig. Wenn er begriffen hat, dass es das erfolgreichste Sachbuch der letzten Jahre ist, dann wird er mit Sicherheit den Verdienst für sich beanspruchen. Und dann wird er mich wieder anrufen.
Michael Wolff, 64 Er begann seine Journalismus-Karriere Anfang der 1970er-Jahre als Laufjunge bei der "New York Times". In New Jersey geboren, studierte er an der Columbia University, blieb aber nicht im medialen Dunstkreis der liberalen Elite. Es zog ihn zu unabhängigen Buch-und Medienprojekten, bei denen er sein eigener Chef sein konnte. In "Burn Rate" (1998) etwa beschrieb er den Aufstieg und Fall seines eigenen Start-ups Wolff New Media. Als Journalist gewann er zwei Mal den National Magazine Award. 2008 veröffentlichte er eine Biografie über den Medientycoon Rupert Murdoch mit dem Titel "The Man Who Owns the News". Weltweit bekannt aber wurde der Sohn einer Reporterin und eines Werbefachmanns erst mit "Fire and Fury" im Januar 2018. Trumps Vertrauen gewann er Mitte 2016, als er in dessen Kampagnentross viele Mitarbeiter und Wegbegleiter interviewte. Nach Trumps Einzug ins Weiße Haus konnte er sich ungehindert im legendären West Wing aufhalten und führte in dieser Zeit mehrere Gespräche mit dem Präsidenten sowie mit dessen Stab und direktem Umfeld. Seine Beobachtungen aus dem Weißen Haus in den ersten Monaten nach Donald Trumps Einzug sind politischer Tratsch und Insiderwissen auf süffigem Niveau, "House of Cards" mit Realitätsbezug. Der deutsche Verlag Rowohlt beauftragte sieben Übersetzer, damit das Buch innerhalb weniger Wochen in der deutschen Version vorgelegt werden konnte. Die deutsche Ausgabe erschien am 16. Februar. Mit "Feuer und Zorn" kehrte Wolff zum Ausgangspunkt seiner journalistischen Karriere zurück, zur "Grande Dame" der linksliberalen Tageszeitungspresse, der "New York Times". Wenngleich nicht in der Redaktion, so landete Wolf immerhin auf Platz 1 ihrer "Non-fiction"-Bestsellerliste.
Michael Wolff: Feuer und Zorn. Im Weißen Haus von Donald Trump. Rowohlt, 19,95 Euro