profil-Morgenpost: Meinungsstärke
Guten Morgen!
Wir hier bei profil sind ja selten einer Meinung: Vorgestern in der Montagskonferenz (die dazu da ist, lang und breit über das jeweils kommende Heft zu reden), entwickelte sich zum Beispiel eine Debatte über das nächste Cover. Wer darauf zu sehen sein wird, soll hier noch nicht verraten werden, es gab jedenfalls einige Einwände dagegen – aber genau das macht es ja spannend, für uns nicht weniger als hoffentlich für Sie.
Diese Einleitung war notwendig, um zu erklären, warum wir geradezu stolz darauf sind, wenn unsere Autoren, Mitarbeiter, Redakteure und -innen einander und sogar den Chefs inhaltlich widersprechen. Gerne auch öffentlich (also in profil), wie zum Beispiel jetzt gerade Gregor Mayer und Robert Treichler.
Handke und Schlaumeier
Treichler – der Handke knapp vor Ausbruch des Kosovo-Krieges in Belgrad traf – hatte vergangene Woche in einem Kommentar nicht nur Verständnis für die Verleihung des Literatur-Nobelpreises an Peter Handke, sondern auch für den Autor selbst gezeigt. Das veranlasst Mayer – der als Reporter Zeuge der Verbrechen am Balkan wurde, deren Leugnung Handke nun zum Vorwurf gemacht wird – diese Woche, sein Unverständnis für die Handke-Versteher darzulegen.
Beide wissen, wovon sie reden; beide haben gute Argumente; vor allem aber machen es sich beide keineswegs leicht, eine Positionierung zu finden (im Gegensatz zu den notorischen Social-Media-Schlaumeiern und -innen, die auch noch stolz darauf sind, selbst komplexeste Sachverhalte auf maximal 280 Zeichen abzuurteilen).
Gemeinsames Bier
Es muss wohl nicht angemerkt werden, dass Mayer und Treichler natürlich auch weiterhin miteinander auf ein Bier oder mehrere gehen werden, um dabei zu diskutieren. So wie alle anderen hier, auch wenn sie inhaltlich oft gar nicht weiter auseinanderliegen könnten.
In diesem Sinne verfüge ich mich gleich in die nächste, meinungsstarke Redaktionssitzung und wünsche Ihnen inzwischen einen debattier- und akzeptanzfreudigen Mittwoch!
Martin Staudinger
PS: Hier noch ein Hinweis für alle, die lieber hinhören als reden: Weil sich die profil-Podcasts mittlerweile einiger Beliebtheit erfreuen, haben wir unser Angebot ausgeweitet. Und zwar mit einem eigenen Channel für etwas, auf das wir genauso stolz sind, wie auf unsere innerredaktionelle Meinungsvielfalt – lange, packend erzählte Texte. Die findet man, gelesen von Matthias Hofer, als XL-Podcast bei Apple und Spotify. Diese Woche zum Beispiel: Christoph Zotters Reportage über eine junge Nigerianerin, die von der Terrormiliz Boko Haram entführt wurde und erst nach monatelanger Gefangenschaft fliehen konnte.