profil-Morgenpost: Weißer Rauch in Brüssel
Guten Morgen!
Habemus EU-Komissionspräsidentin!
Genauer gesagt: Habemus Nominierung für eine EU-Kommissionspräsidentin! Über drei Tage lang berieten die 28 Staats- und Regierungschefs. Das Prozedere wirkte in etwa so transparent wie das Konklave, das sich hinter verschlossenen Türen auf einen neuen Papst einigt.
Die Auserkorene heißt Ursula von der Leyen, 60, ist derzeit noch deutsche Verteidigungsministerin und gehört der konservativen CDU an. Passenderweise als Tochter eines EU-Kommissionsmitarbeiters in Brüssel geboren und aufgewachsen. In älteren Interviews gab sie sich als glühende Europäerin, eine Verfechterin der Idee der „Vereinigten Staaten von Europa“.
Mit ihrer Wahl haben die Regierungschefs auch gezeigt, was sie davon halten, die EU-Bürger ein stückweit in die Entscheidung um dieses wichtige Amt miteinzubeziehen: nämlich eher nichts. Das so genannte „Spitzenkandidatensystem“ kann nun endgültig zu Grabe getragen werden.
Dessen ursprüngliches Konzept: Die Europäer sollten über die EU-Parlamentswahl mitbestimmen dürfen, welchen der Spitzenkandidaten sie gerne als nächsten EU-Kommissionpräsidenten oder -präsidentin sehen wollen. Laut Wahlergebnis kämen damit nur der Deutsche Manfred Weber (EVP, 1. Platz, ein Interview mit ihm lesen Sie hier), der Niederländer Frans Timmermans (SPE, 2. Platz, ein Interview mit ihm lesen Sie hier). Nur die Kandidatin der drittstärksten Gruppe der Liberalen, die Dänin Margarethe Vestager, lehnte das Spitzenkandidatensystem bereits vor dem Urnengang ab.
Nun sagen 28 Staats- und Regierungschefs: Wurscht, wir nehmen jemanden, der nie auf der Wahlliste stand. Das ist ihr in den EU-Verträgen verbrieftes Recht. Ein schaler Beigeschmack bleibt.
Heute Vormittag tagt das EU-Parlament. Es muss von der Leyen mit einfacher Mehrheit bestätigen.
Klar, immer noch besser als im Vatikan.