Nach Enthauptung zweiter US-Geisel: Obama will Bündnis gegen IS
Der vor einem Jahr in Syrien entführte Reporter Steven Sotloff (31) soll aus Rache für die US-Luftangriffe im Irak vor laufender Kamera getötet worden sein, berichtete das US-Forschungsinstitut SITE am Dienstagabend.
"Ich bin zurück, Obama"
Das Institut veröffentlichte eine Mitschrift des Videos. Demnach richtete der Täter mit gezücktem Messer eine Warnung direkt an Obama, die Militärangriffe im Irak gegen den IS zu unterlassen: "Ich bin zurück, Obama. Und ich bin zurück wegen Deiner arroganten Außenpolitik gegenüber dem Islamischen Staat", sagt er demnach. Der vermummte IS-Kämpfer warnt sämtliche Regierungen, sich nicht auf eine "böse Allianz" mit Amerika einzulassen.
Erst vor knapp zwei Wochen hatten die Extremisten, die weite Landstriche in Syrien und im Irak beherrschen, den US-Journalisten James Foley enthauptet. Nach Angaben von SITE ist derselbe schwarz vermummte IS-Kämpfer auf dem Video zu sehen, der auch bei Foleys Tod dabei war. Zugleich drohten die Milizen mit dem Tod einer britischen Geisel, die ebenfalls gezeigt wurde.
"Verachtenswerter und barbarischer Mord"
Der britische Premier David Cameron sprach von einem "verachtenswerten und barbarischen Mord". Der französische Präsident François Hollande meinte, die Tat beweise den "schändlichen Charakter der Jihadisten-Organisation, die die Freiheit infrage stellt und nur den Terror kennt." Allerdings wiesen beide ausdrücklich darauf hin, dass es noch keine abschließenden Beweise gebe. Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon zeigte sich "empört" über die offenbar durchgeführte Enthauptung.
"Stärkere regionale Partnerschaft" gegen den IS
Das Weiße Haus kündigte die Entsendung von Außenminister John Kerry und Verteidigungsminister Chuck Hagel in die Region an. Sie sollen dort baldigst eine "stärkere regionale Partnerschaft" gegen den IS bilden. Auch ordnete Obama demnach die Entsendung von 350 zusätzlichen Soldaten zum Schutz von diplomatischen Einrichtungen und Personal in Iraks Hauptstadt Bagdad an. Der US-Präsident wird am Mittwoch im Baltikum erwartet. Anschließend ist er beim NATO-Gipfel in Wales, wo der Kampf gegen den Terrorismus ebenfalls zur Sprache kommen dürfte.
Bereits vor Wochen hatte Obama angesichts des Vormarsches des IS mehrere hundert Soldaten in den Irak geschickt. Die Regierung in Washington betont, es kämen keine Kampftruppen in den Irak. Zuletzt führte das US-Militär jedoch Luftschläge gegen die Islamisten durch. Innenpolitisch steht Obama unter Druck: Die Republikaner im Kongress verlangten von ihm in einer Reaktion am Dienstag eine klare Strategie, wie mit der IS-Bedrohung umzugehen sei.
"Bedrohung für die ganze Welt"
Australiens Premier Tony Abbott wollte am Mittwoch die Entsendung von Bodentruppen in den Irak nicht ausschließen. Auf die Frage, ob "Stiefel am Boden" notwendig seien, sagte er, IS sei eine "Bedrohung nicht nur für die Menschen im Mittleren Osten, sondern für die ganze Welt". In einem Interview mit Reuters sagte er: "Ich denke, eine militärische Lösung wird entwickelt, muss entwickelt werden. Ich sehe keinen Weg, mit diesen Leuten zu verhandeln".
Die US-Nachrichtenseite "Daily Beast" berichtete zuvor, im Irak seien im Kampf gegen IS in der Nähe des strategisch wichtigen Ortes Zumar offenbar amerikanische und deutsche Spezialeinheiten im Einsatz. Das Pentagon bestritt den Bericht jedoch umgehend.
(APA/Red.)