Österreichische Reisepässe im Angebot
Sie treffen einander in Nobelhotels; die Kellner reichen Canapés, und auf den Tischen liegen Werbebroschüren im Layout von Reisepässen. Auf den Erwerb von Zweit-, Dritt-oder Viertstaatsbürgerschaften sowie Aufenthaltsbewilligungen hat sich eine eigene Riege von Anwälten und Unternehmensberatern spezialisiert, die um betuchte Kundschaft aus aller Welt buhlt. Diese Woche lädt die Kanzlei Henley & Partners mit Hauptsitz auf den britischen Jersey Inseln (sie ist laut eigenen Angaben der Weltmarktführer der Branche) zu ihrer elften "Global Residence and Citizenship Conference" in die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong.
Österreich im Spitzenfeld
Rechtzeitig vor dem Jahrestreffen veröffentlichten die Anwälte und Berater eine Rangliste der besten Länder in ihrem Angebot. Wie schon in den vergangenen zwei Jahren sicherte sich Österreich dabei einen Platz im Spitzenfeld: Bei den käuflichen Staatsbürgerschaften wertet Henley & Partners weltweit nur Malta und Zypern besser, bei den Aufenthaltsbewilligungen liegt Österreich hinter Portugal sogar an zweiter Stelle (in beiden Kategorien um einen Platz besser als noch im Vorjahr).
Die Top-3-Platzierungen sind kurios: Im Gegensatz zu Malta, Zypern oder einigen Karibikinseln verfügt Österreich offiziell über kein eigens tituliertes "Citizenship-by-Investment"-Programm. Auch die in Portugal offen als "Goldene Visa" bezeichneten Aufenthaltsbewilligungen für Reiche werden hierzulande nicht als solche beworben. Trotzdem erlaubt es die österreichische Gesetzgebung, dass Ausländer durch ein Investment oder genügend Kapital privilegierten Zugang zu Staatsbürgerschaft oder Aufenthaltsbewilligungen bekommen. Und dabei werden sie von Henley & Partners beraten.
Die Empfehlung der Anwälte ergibt sich aus dem guten internationalen Ruf des Landes, der hohen Lebensqualität, der großen Zahl an visafreien Reisedestinationen und der flexiblen Möglichkeit, die Investments wieder abzuziehen. Vergleichsweise schlecht bewertet Henley & Partners in beiden Kategorien den Ablauf der Bewerbung in Österreich. Bei den Staatsbürgerschaften bemängeln die Berater zusätzlich die mangelnde Transparenz, die Wartezeiten und die hohen Kosten. Letztere sind im Gegensatz zu Programmen anderer Ländern nicht gesetzlich festgeschrieben, sondern werden von den zuständigen Behörden im Einzelfall festgelegt und geprüft. Wer über diesen Weg einen österreichischen Pass bekommt, behalten sie am Ende für sich.