Konstantin Malofejew

Oligarch Malofejew: "Sagt doch: Wir sind die EU, wir sind Sodomiten“

Er ist Monarchist, orthodoxer Christ und lehnt die Demokratie ab. Zum Kreml hat er ebenso gute Kontakte wie zur FPÖ und der deutschen AfD: Der russische Oligarch Konstantin Malofejew über das gottlose Europa und seine rechtspopulistischen Freunde.

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Erst wollte er sich auf seiner Yacht auf der Moskwa treffen. Nach ein paar verschobenen Terminen lädt Konstantin Malofejew dann aber doch lieber in sein Büro im fünften Stock eines schicken Moskauer Einkaufszentrums. Ein dicker, blauer Teppichboden verschluckt jeden Schritt, an den Wänden hängen orthodoxe Ikonen neben einem Ölgemälde von Zar Alexander III. Ein Bild, das Symbolwert hat: Der paranoide russische Herrscher versuchte im 19. Jahrhundert, das damalige Vielvölkerreich zu russifizieren, ließ die russischen Juden mit Pogromen verfolgen und gründete einen eigenen Geheimdienst.

Malofejew hat kein Problem damit, sich selbst als Monarchisten zu bezeichnen, der die Demokratie ablehnt. Die österreichischen Freiheitlichen wiederum haben kein Problem, enge Beziehungen zu ihm zu pflegen. Vor zwei Jahren trat der 41-Jährige als Gastgeber und Moderator eines geheimnisumwobenen Vernetzungstreffens in Wien auf: Im Palais Liechtenstein kamen laut einem Bericht des Zürcher "Tagesanzeigers“ rechte Politiker, europäische Adelige und Geistliche zusammen, um gemeinsam den Geist der "Heiligen Allianz“ wieder aufleben zu lassen. Mit ihr hatten sich 200 Jahre zuvor die westeuropäischen Herrscherhäuser auf das Christentum als von Gott gewolltes, staatliches Ordnungsprinzip eingeschworen - und gleichzeitig beschlossen, das aufkommende Streben nach bürgerlicher Demokratie zu bekämpfen.

INTERVIEW: SIMONE BRUNNER (MOSKAU)

profil: Herr Malofejew, Sie haben beste Verbindungen zur europäischen Rechten. Wie würden Sie Ihre Beziehungen zur FPÖ bezeichnen? Konstantin Malofejew: Ich habe die allerbesten Beziehungen zur FPÖ. Sie wissen, dass Johann Gudenus hervorragend Russisch spricht. Heinz-Christian Strache kenne ich auch, und ich unterstütze das Programm der FPÖ. Ich halte sie für die pro-österreichischste Partei Österreichs.

profil: Warum? Malofejew: Weil sie das richtige Programm gegenüber den Migranten hat und eine EU-skeptische Ausrichtung. Das ist wirklicher Patriotismus und entspricht den Interessen der Österreicher.

profil: Wie haben Sie eigentlich Johann Gudenus kennengelernt? Malofejew: Wir kennen einander schon sehr lange, sieben Jahre vielleicht. Ich erinnere mich gut, dass wir gemeinsam auf der Krim waren. Am 16. März 2014 (an diesem Tag wurde das Referendum zur Annexion der Krim abgehalten, Anm.) war ich in Sewastopol, im besten Restaurant der Stadt. Da kommen plötzlich zwei Ausländer bei der Tür rein - und ich schaue hin: Es sind Gudenus und Hübner (der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Johannes Hübner, Anm.)! Wir haben gemeinsam Abend gegessen und so richtig gefeiert. Das war so eine Freude! Die Leute auf der Krim sind mit den Flaggen herumgegangen, haben gejubelt und sich gefreut. Es war überwältigend. Das war ein Festtag wie 1945 oder als Gagarin in den Kosmos geflogen ist.

profil: Anfang Mai wurde in Russland wie jedes Jahr der Sieg über den Nationalsozialismus gefeiert. Die FPÖ ist eine Partei, die im Jahr 1949 von ehemaligen Nationalsozialisten gegründet wurde. Stört Sie das nicht? Malofejew: Weder von Hübner noch von Gudenus habe ich jemals eine Nazi-Aussage gehört, auch nicht von Strache. Ich habe von ihnen niemals etwas gehört, das den Nationalsozialismus unterstützen würde.

Nach den Worten des Apostels Paulus wird gesagt, dass die Homosexuellen ewig im Höllenfeuer brennen werden. Das ist eine Todsünde.

profil: Als Johann Gudenus auf Ihre Einladung hin im Jahr 2014 in der Christ-Erlöser-Kathedrale gesprochen hat, bezeichnete er die EU als "Homosexuellenlobby“. Das war in Österreich ein kleiner Skandal. Wie kommentieren Sie das? Malofejew: Ich verstehe nicht, was daran ein Skandal sein soll. Wenn die EU an der gleichgeschlechtlichen Ehe festhält, warum schämt sie sich dann dafür? Wer findet, dass Sodomie gut ist, sollte dazu stehen und sagen: Ja, wir sind die EU, und wir sind Sodomiten, die irgendwelche Perversen zum Song Contest schicken!

profil: Finden Sie, dass Sodomie (international steht das Wort meist für Analverkehr oder unchristliche Sexpraktiken, während im deutschsprachigen Raum darunter auch Sex mit Tieren verstanden wird, Anm.) das Gleiche ist wie Homosexualität? Malofejew: Laut dem Evangelium, natürlich! Haben Sie die Bibel gelesen? Wofür wurde Sodom bestraft? Nach den Worten des Apostels Paulus wird gesagt, dass die Homosexuellen ewig im Höllenfeuer brennen werden. Das ist eine Todsünde. Ich bin ein orthodoxer Christ, und deswegen nenne ich das auch so: Sodomie.

profil: Verfolgen Sie die österreichische Politik? Malofejew: Ich finde, das österreichische Volk ist den anderen europäischen Völkern immer einen Schritt voraus. Sie verstehen, was vor sich geht. Es geht nicht mehr um rechts oder links. Im System ist jeder, der dieses liberale, totalitäre, anti-christliche Regime unterstützt. Die Leute haben es satt, in einem liberalen Diktat zu leben, das ihnen von den Medien aufgezwungen wird. Sie wurden zu Zombies gemacht. Natürlich gibt es auch linke Parteien, die gegen dieses totalitäre Regime kämpfen. Aber ich pflege vor allem Freundschaften mit den Rechten in Europa, weil uns der Glaube an den Herrn Jesus Christus vereint - die AfD, die Lega Nord oder der Front National. Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen: Die, mit denen ich sympathisiere, werden in Europa immer populärer. Meine Meinung stimmt mit der des Volkes überein.

profil: Der Front National bekommt Geld aus Russland. Es gibt das Gerücht, dass Sie darin involviert waren. Geben Sie für Ihre politischen Freundschaften auch Geld aus? Malofejew: Das ist eine Lüge.

profil: Denken Sie, dass Ihre Freunde von der FPÖ für eine Investition gut wären? Malofejew: Mit der Stiftung "St. Basilius der Große“ haben wir den größten privaten orthodoxen Fonds in Russland, aber wir finanzieren keine politischen Projekte, nur Wohltätigkeitsprojekte. Unser einzig pseudo-politisches Projekt war die humanitäre Hilfe für die Donezker Volksrepublik. Wofür ich ja jetzt auf der Sanktionsliste stehe (die Sanktionen richten sich gegen Personen und Organisationen, von denen die EU annimmt, dass sie die Sicherheit und Stabilität in der Ukraine untergraben, Anm.).

Alle Nöte in Europa hängen damit zusammen, dass es von Gott abgefallen ist. So lange die Europäer nicht zu ihren christlichen Wurzeln zurückkehren, werden sie in dieser schwierigen Lage sein.

profil: Ihre Stiftung soll eine Reise des stellvertretenden AfD-Sprechers Alexander Gauland nach St. Petersburg finanziert haben. Malofejew: Alexander Gauland ist ein exzellenter Kenner der internationalen Politik. Es war uns eine große Ehre, mit ihm zu diskutieren. Ein völlig normaler Vorgang.

profil: Was verbindet Sie am meisten mit FPÖ und AfD? Malofejew: Das Christentum. Alle Nöte in Europa hängen damit zusammen, dass es von Gott abgefallen ist. So lange die Europäer nicht zu ihren christlichen Wurzeln zurückkehren, werden sie in dieser schwierigen Lage sein. Worin besteht denn die Kraft der Migranten? Sie glauben an einen Gott und sind bereit, für ihn zu sterben. Woran glauben die Europäer? Wofür sind die Europäer bereit, zu sterben? Für die Wurst?

profil: Warum ist es denn so wichtig für Sie, für etwas sterben zu wollen? Malofejew: Die Religion ist so stark, dass du bereit bist, alles zu opfern, auch dich selbst. Wenn die Europäer so einen Glauben nicht haben, dann werden sie gegen die Migranten verlieren. Stattdessen herrscht die Vorstellung: Wir haben eine Demokratie, wir lieben alle. Wir nehmen die Migranten sogar mit nach Hause und umhätscheln sie. Aber ihr könnt diese Leute doch nicht verstehen, wenn ihr selber nicht religiös seid! So lange die Europäer nicht zu ihren religiösen Wurzeln zurückkehren, so lange können sie auch nicht sagen, warum die Migranten anders sind als sie selbst.

profil: Was soll denn passieren, wenn die Europäer am Ende nicht so christlich werden, wie Sie sich das vorstellen? Malofejew: Die EU wird in sich zusammenbrechen wie einst die Sowjetunion. Deren Bürokraten waren furchtbar weit weg vom Volk. In den 1970er-Jahren haben alle gelacht über diese Leute. Genau dasselbe passiert heute in Europa.

Wir Russen lieben Europa mehr als die Europäer selbst.

profil: Die Sowjetunion war ein totalitäres System, das Millionen Menschen umgebracht und in Arbeitslager geschickt hat. Die EU hat ein gewähltes Parlament, funktionierende Gerichtshöfe, weitgehende Meinungsfreiheit. Das wollen Sie wirklich vergleichen? Malofejew: Nichts, das ohne Gott aufgebaut wurde, steht lange. Das gilt für die Sowjetunion wie für die EU. Das Problem liegt nicht in der Frage nach Demokratie, sondern im gottlosen Staatensystem. Die Macht wurde entsakralisiert. All die kommunistischen Lösungen waren künstlich, niemand hat daran geglaubt. Sie werden heute wenige Leute finden, die aufrichtig die Bürokraten der EU in Brüssel verehren. Ich bin mir sicher, dass wir bald sehen werden, dass ein Land nach dem anderen aus der EU austritt.

profil: Was hätten Sie davon? Malofejew: Dass die Sanktionen gegen mich aufgehoben werden. Nein, im Ernst: die Rückkehr Europas zum Christentum. Wir Russen lieben Europa mehr als die Europäer selbst. Wir lieben ihre klassische Literatur, ihre klassische Musik. Für uns ist Europa ein Märchen aus dem 19. Jahrhundert. Das wollen wir wieder haben. Dostojewski hat gesagt, dass Russland das alte Vermächtnis Europas mehr liebt als Europa selbst. Wir wollen, dass es dieses Europa gibt, von dem wir in den Büchern geträumt haben.

profil: Sehen Sie sich selbst eigentlich als Politiker? Malofejew: Nein, ich bin kein Politiker. Ich bin ein Philanthrop. Politiker sind die, die gewählt werden wollen. Ich will nicht gewählt werden. Mehr noch, seitdem ich 18 Jahre alt bin, habe ich noch nie gewählt. Ich bin Monarchist und glaube nicht an Demokratie.

profil: Der russische Ideologe Alexander Dugin ist einer Ihrer Weggefährten. Ihm wurde kürzlich die Einreise in die EU verwehrt. Was verbindet Sie sonst noch mit Dugin? Malofejew: Ich habe den TV-Sender Zargrad und den Thinktank Katehon.com gegründet. Bei beiden Organisationen ist Dugin der Chefredakteur. Das heißt, wir stehen ständig in direkter Beziehung zueinander und teilen auch dieselbe Weltanschauung.

profil: Wie er unterstützen Sie die Idee eines "Neurussland“ in der Ostukraine, das ins russische Staatsgebiet eingegliedert werden sollte. Sind Sie enttäuscht, dass Wladimir Putin dieses "neurussische“ Projekt zunächst wieder fallen gelassen hat? Malofejew: Unser Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin ist eine herausragende historische Führungsfigur, die in die Geschichtsbücher eingehen wird. In 50 Jahren werden die Leute sagen, dass sie in der Putin-Epoche gelebt haben. Er ist ein Mann des Wortes. Er tut alles in seiner Macht Stehende, damit umgesetzt wird, was in Minsk unterschrieben wurde (die nach der weißrussischen Hauptstadt benannten Friedensabkommen Minsk I und Minsk II, Anm.). Man muss aber verstehen, dass wir ein Volk sind - es gibt keine Ukrainer, weil wir alle Russen sind. Dieser Krieg ist ein Bürgerkrieg. Wir sind ein Volk wie die Deutschen während der Trennung in DDR und BRD nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir leiden sehr unter der Situation und wollen diesem Blutvergießen ein Ende setzen. Frieden ist das Allerwichtigste für uns.

profil: Sie gelten als einer der ersten Unterstützer der pro-russischen Separatisten, sie sollen ihr Geld auch für die Paramilitärs eingesetzt haben. Der erste Premier der selbst proklamierten "Donezker Volksrepublik“, Alexander Borodai, war Ihr Mitarbeiter, ebenso der berüchtigte Separatisten-Kommandant Igor "Strelkow“ Girkin. Wie groß ist Ihr Einfluss auf die aus Russland finanzierten pro-russischen Militärs in der Ostukraine? Malofejew: Diese Spekulationen werde ich nicht kommentieren.

Konstantin Malofejew, 41 ist eine Schlüsselfigur der "Schwarzen Internationale“, wie Journalisten das Netzwerk zwischen russischen und europäischen Rechtsextremen getauft haben. Malofejew, während der Sowjetzeit in einem Moskauer Vorort geboren, kam als Investmentbanker und Jurist im Telekom- und Agrarsektor zu Reichtum. Heute wird sein Privatvermögen auf zwei Milliarden Euro geschätzt. Sein Fonds Marshall Capital Partners musste sich laut "Financial Times“ immer wieder Betrug vorwerfen lassen, die Gerichtsverfahren dazu wurden aber eingestellt oder außergerichtlich beigelegt. In den vergangenen Jahren konzentrierte sich Malofejew auf andere Projekte. Er gründete beispielsweise "St. Basilius der Große“, die größte russisch-orthodoxe Privatstiftung Russlands, und die "Liga der Internetsicherheit“ - eine Initiative, die schwarze Listen über unliebsame und angeblich jugendgefährdende Websites erstellt. Außerdem soll Malofejew laut Medienberichten die pro-russischen Separatisten in der Ostukraine finanziert haben, auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim möchte er einen Historienpark errichten. Seit 30. Juli 2014 steht er auf einer EU-Sanktionsliste und darf nicht in die EU einreisen. Malofejew ist mit einer Juristin verheiratet und hat drei Kinder.