Parteitag der Republikaner: Bühne frei für Donald Trump!
Wozu gibt es den Parteitag überhaupt?
Es muss Allerlei erledigt werden: Ein Komitee entwirft ein ideologisches Programm, die so genannte „platform“. Die besteht aus „planks“, die mehr oder weniger konkrete politische Ideen beschreiben, aber nicht bindend sind. Ein zweites Komitee kümmert sich darum, die Parteistatuten aufzufrischen, ein drittes darum, wer als Delegierter zugelassen wird und ein viertes um Bürokratisches. Dazwischen gibt es etliche Reden der Stars der Partei, viel Gejubel, laute Musik und den Höhepunkt: Der Präsidentschaftskandidat wird bestimmt.
Aber ist nicht eh klar, dass Trump und Clinton nominiert werden?
Am Papier zumindest ist das noch offen. Wer nominiert werden will, muss erst die Mehrheit aller Delegierten am Parteitag bekommen (bei den Republikanern 1273 von 2472, bei den Demokraten 2383 von 4769). Praktisch ist es eine Formsache: Wen die Delegierten wählen, steht schon nach den Vorwahlen (den „primaries“) fest. Diese binden – sehr vereinfachend gesagt – die Delegiertenstimme an das Ergebnis der Vorwahl in jedem der 50 Bundesstaaten.
Das Ganze ist also nur eine Show?
Die so genannten „Conventions“ sind heute minutiös getaktete Spektakel mit eigenen Sponsoren und allem drum und dran. Sie überschneiden sich beispielsweise nie mit den Olympischen Sommerspielen, die sich zufällig im selben Vier-Jahres-Rhythmus wiederholen. Wer gerade nicht den Präsidenten stellt, darf beginnen, die andere Partei folgt meist eine Woche später. Große Überraschungen bleiben beim Parteitag aus, das Event dient Republikanern und Demokraten als einzige Werbeshow. Vor 1968 war das alles noch anders.
Wieso denn das?
Die „primaries“ waren nicht immer bindend, die Parteitage waren früher das Um und Auf. Sie waren durchzogen von Intrigen: Kandidaten kamen aus dem Nichts (so genannte „dark horses“), es wurde ewig gewählt (der Rekord liegt bei 103 Durchgängen) und es wurde getrickst (im Jahr 1835 weigerte sich Tennessee seine 15-köpfige Delegation zu schicken und wurde prompt durch einen Tenessianer ersetzt, den man in einer Bar aufgetrieben hatte).
Warum hat sich das 1968 geändert?
Das liegt am demokratischen Parteitag in Chicago, Illinois. Der amtierende Präsident Lyndon B. Johnson versuchte dort die Fäden für seinen Kandidaten Hubert Humphrey zu ziehen – wie er selbst ein Befürworter des Vietnamkrieges. Doch vier Fünftel der demokratischen Wähler wollten einen Anti-Kriegs-Kandidaten, die Partei war tief gespalten. Humphrey wurde nominiert, um den Parteitag kam es zu Ausschreitungen. Polizei und Nationalgarde rückten gegen Demonstranten rund um das „International Amphitheatre“ vor, auch im Gebäude wurden einzelne Delegierte von Polizisten und mysteriösen Agenten angegriffen. Im Schock beschlossen die Demokraten, ihre Nominierungsregeln zu ändern. Die „primaries“ bekamen mehr Gewicht, die Basis sollte mitbestimmen dürfen. Auch die Republikaner übernahmen dieses Prinzip. Es dauerte aber nicht lange, bis die Demokraten einen Schritt zurück machten.
Warum zurück?
Weil die demokratischen Wähler im Jahr 1980 einen Kandidaten aufstellten, der dem Parteiestablishment nicht passte (Jimmy Carter statt Teddy Kennedy). Zwei Jahre später führten die Partei die „Super Delegates“ ein: 796 hochrangige Demokraten dürfen wählen, wie sie wollen. Es sind diese „Super Delegates“, die Hillary Clintons Sieg gegen Bernie Sanders abgesichert haben. Ohne sie,wäre ihr Vorsprung deutlich geringer.
Ist das nicht irgendwie undemokratisch?
Bereits 1968 wurde darüber diskutiert, das komplizierte System der Delegiertenwahl am Parteitag durch eine normale nationale Vorwahl zu ersetzen. Passiert ist das bislang nicht. „Das System ist manipuliert“, sagte Donald Trump im April, nachdem er einen Urnengang im Bundesstaat Colorado verloren hatte und noch nicht als Kandidat der Republikaner fest stand. Hinweise auf Manipulationen gibt es zwar keine, doch das Misstrauen sitzt bei manchen tief. Vorwahlen und Parteitage sind kompliziert und meist nur noch für Politprofis navigierbar. „Ich würde nicht sagen, das System ist manipuliert“, sagte Bernie Sanders im Mai, als er noch als Herausforderer Clintons firmierte. „Ich denke aber, dass es ein dummer Prozess ist.“
Warum ändert ihn dann niemand?
Es wird immer ein bisschen daran gedreht, schließlich sind die Nominierungsregeln nicht gesetzlich verankert. Sie können geändert werden und zwar, richtig, am Parteitag. Dieses Jahr sind die Sehnsüchte besonders stark: Die Bernie-Sanders-Fans ärgern sich über die „Super-Delegates“. Einige Republikaner möchten die Delegierten vom Stimmzwang befreien, der sie nach den Vorwahlen auf den nicht gerade allseits beliebten Donald Trump festlegt. Für dieses Jahr kommt das aber zu spät: neue Regeln gelten für die nächste Wahl in vier Jahren.
Das US-Magazin „The New Yorker“ beschäftigt sich in seiner aktuellen Ausgabe intensiv mit der Geschichte der Parteitage in den USA: „How to steal an election“.