„Passt auf mit solchen Aktionen!“
profil: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat gerade Jordanien besucht und dabei auch 10.000 Kleidungsstücke verteilt, die Arbeiter-Samariter-Bund und Volkshilfe auf seinen Wunsch sammelten und die das Bundesheer mit zwei Hercules-Maschinen nach Amman geflogen hat. Was halten Sie davon? Werner Kerschbaum: Wir hätten das nicht gemacht, es gibt innovativere Methoden. Man muss in der humanitären Hilfe aufpassen, dass die Suppe nicht mehr kostet als das Fleisch darin. Ich würde fragen, ob es kostenmäßig vertretbar ist, zwei Transportmaschinen über Tausende Kilometer zu bewegen, um Dinge zu liefern, die man auch vor Ort einkaufen könnte. Die Kleidung muss gesammelt, sortiert, gewaschen und verpackt werden. In diesem Fall würde ich also sagen: Das ist gut gemeint und nicht gut gemacht.
profil: Wie macht es das Rote Kreuz? Kerschbaum: In der Türkei geben wir an drei Millionen Menschen Gutscheine oder Bargeldkarten aus. Die Flüchtlinge entscheiden selber, was sie damit kaufen. Damit werden sie nicht zum Almosenempfänger abgestempelt und kurbeln sogar die lokale Wirtschaft an. Das hebt ihr Selbstbewusstsein und integriert sie auch besser, weil sie Marktteilnehmer werden.
profil: Warum glauben Sie, dass sich viele Menschen leichter damit tun, Kleider zu spenden als Geld? Kerschbaum: Es schwingt eine Missbrauchsbefürchtung mit: Wer weiß, ob die um das Geld das Richtige kaufen? Wenn ich drei paar Schuhe im Keller habe, gebe ich gerne eines her. Das ist wirksam, es ist aber gleichzeitig die zweitbeste Lösung – auch, weil hohe logistische Kosten entstehen. In Not geratenen Verwandten schickt man Geld und lässt sie selbst entscheiden, was sie damit tun. Wenn der Verteidigungsminister jetzt alte Kleider organisiert und sie mit Bundesheermaschinen nach Jordanien fliegt, halten wir es für legitim, zu sagen: Bitte, passt auf mit solchen Aktionen!