Wie geht es nach der Präsidentenwahl in Frankreich weiter?
Egal, ob am Sonntagabend Marine Le Pen oder Emmanuel Macron die Präsidentenwahl gewinnt: Frankreichs neues Staatsoberhaupt übernimmt schon wenige Tage später die Macht im Élysée-Palast. Am folgenden Sonntag (14. Mai) läuft die Amtszeit von Präsident François Hollande ab, spätestens dann muss das Amt übergeben werden. Der genaue Termin ist noch nicht bekannt.
Der neue Präsident oder die neue Präsidentin übernimmt dann auch das Kommando über die französischen Streitkräfte und bekommt die Startcodes für die Atomwaffen. Es ist in Frankreich üblich, dass der bisherige Premierminister noch vor der Amtsübergabe im Élysée den Rücktritt der Regierung anbietet. Damit kann der neue Staatschef gleich einen neuen Premierminister ernennen. Der aktuelle Premier Bernard Cazeneuve ist aber rein rechtlich nicht zum Rücktritt verpflichtet - nur ein Misstrauensvotum der Nationalversammlung kann ihn dazu zwingen.
Auf den neuen Präsidenten wartet gleich ein weiterer Wahlkampf, denn die Franzosen wählen in gut einem Monat ihre Nationalversammlung neu. Von den Abstimmungen am 11. und 18. Juni hängt ab, ob der Staatschef eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich hat. Wenn das nicht der Fall ist, schränkt dies seinen Handlungsspielraum stark ein. Er könnte dann auch gezwungen sein, einen Premierminister aus einem anderen politischen Lager zu ernennen ("Kohabitation").
Was darf der Staatschef in Frankreich?
Der französische Präsident ist Armeechef, er kann über Militäreinsätze und den Gebrauch von Atomwaffen entscheiden. Für längere Einsätze oder eine Kriegserklärung benötigt er dabei das Einverständnis des Parlaments. Er ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag hin die übrigen Minister. Die Regierung braucht aber eine Mehrheit in der Nationalversammlung - die Abgeordneten können sie per Misstrauensvotum stürzen.
Der Staatschef leitet die wöchentliche Kabinettssitzung, in der etwa über Gesetzesvorschläge beraten wird. Gesetze verabschiedet das Parlament. Der Präsident kann die Nationalversammlung auflösen und Referenden ansetzen. In Gefahrensituationen gewährt die Verfassung ihm nahezu volle Kontrolle über den Staat.
Deutlich eingeschränkt wird der Einfluss des Präsidenten, wenn er keine Mehrheit in der Nationalversammlung hinter sich hat und gezwungen ist, einen Premierminister aus einem anderen politischen Lager zu ernennen. Eine solche "Kohabitation" gab es zuletzt von 1997 bis 2002 mit dem konservativen Staatschef Jacques Chirac und dem sozialistischen Premierminister Lionel Jospin.