profil-Morgenpost: „Reden Sie nicht, wenn ich Sie unterbreche”
Der Comedian Chris Rock war einer der wenigen Hollywood-Stars, der Trumps Wahlsieg vor vier Jahren hatte kommen sehen. „Tja, Leute, er ist nun einmal neben Mick Jagger die energiegeladenste Bühnenerscheinung im Alter von 75.” Mittlerweile ist Rock guter Dinge, dass „sleepy Joe” das Rennen um die beste Adresse in Washington machen wird, wie er dem „Hollywood Reporter” erklärte: „Trump ist inzwischen wie ein Komiker, wo man sagt: Ok, er hat noch immer einen gewissen energetischen Charme, nur kann ich mich nicht mehr an seine Scherze erinnen.”
Die erste Konfrontation Trump versus Biden hatte in jedem Fall den Charme eines Zugunglücks: Man wollte eigentlich wegschauen, aber war dennoch so irrsinnsfasziniert, dass man seinen Blick nicht abwenden konnte. Die Kommunikationsstrategie „Reden Sie nicht, wenn ich Sie unterbreche” wurde von „the Donald” in ungeahnte Tiefen geführt.
Unsere „Außenpolitiker” Robert Treichler und Martin Staudinger durchlebten diese Woche einen Film mit dem Arbeitstitel „Schlaflos am Leopold-Ungar-Platz”, werkten sie doch fieberhaft (oopsie, ein Adjektiv, das momentan so gar nicht gesellschaftsfähig ist) an der kommenden Trump-Coverstory, die in gewohnt nonkonformistischer Manier auch jene Gründe untersucht und analysiert, warum man Trump heute überhaupt noch wählen könne. In einer Vorort-Reportage wurden auch unverdrossene Trump-Fans nach ihren Motiven befragt. Mary Small (die Dame heißt wirklich so), die prototypische kleine Frau in Wählerstromanalysen, seufzte da noch immer verliebt: „Er ist einfach ein Wundertäter.”
Täter stimmt in jedem Fall. Ich stellte mir in einem Text die Frage, warum Donald Trump, im Gegensatz zu seinen Gesinnungskollegen in Frauenfeindschaft Harvey Weinstein und Bill Cosby, die zahllosen Anzeigen und Vorwürfe, was Belästigung, Nötigung und auch Vergewaltigung von Frauen betrifft, so unbeschadet überstehen konnte.
Das Anton Kuh-Zitat „Wie sich der kleine Moritz die Weltgeschichte vorstellt – genau so ist sie” greift auch hier: Außergerichtliche Einigungen, vergoldete Unterschriften unter Schweigeklauseln, keine oder mangelhafte Beweise, Verjährung und natürlich Angst. Trump beschäftigt ein Team von rund 200 Anwälten, für die seit den 1980er Jahren diese Vorwürfe in allen erdenklichen Schweregraden zum Arbeitsalltag gehören.
Knapp nach der Scheidung hatte ich vor vielen Jahren Trumps erste Frau interviewt. Ivana Trump diagnostizierte ihrem „Ex” damals die Psyche „eines störrischen Kindes, das kein Unrechtsbewusstsein hat.” Und sehr schnell sehr unkontrolliert wütend werde, „wenn irgendetwas gegen ihn läuft.”
Ihr Bonmot „Don't get mad, get everything” ziert inzwischen als Ermunterungsparole viele Scheidungskanzleien.
Auf Twitter hatte Trump bereits 2012 sein Lebensmotto verraten: „Wenn mich jemand angreift, gibt es sofort die Retourkutsche. Und das 100 Mal stärker, als erwartet.” So sad, aber tatsächlich keine Überraschung.
Bessere Laune, als sie Melania Trump auf allen Fotos zeigt, und eine spannende Lektüre wünscht
Ihre Angelika Hager
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