profil vor 25 Jahren: Feuer frei auf Belgrad?
Der blutige Bürgerkrieg auf dem Balkan beschäftigte zunehmend auch die Politik in Washington, Paris und London. Die Gräuelmeldungen von Vertreibungen und Massakern heizten die Debatte über eine internationale Militärintervention an. In der Titelgeschichte vom 10. August 1992 ("Feuer frei auf Belgrad?“) berichtete profil über die aktuelle Lage und analysierte auch die Politik des österreichischen Außenministeriums, das bei den UN für ein Ultimatum an Serbien und ein militärisches Eingreifen agitierte.
"Eine internationale Intervention in Bosnien kann nichts beruhigen“, schrieb Hubertus Czernin im Leitartikel, "höchstens das schlechte Gewissen jener, die die Brisanz des Konfliktpotenzials im untergegangenen Jugoslawien lange nicht zur Kenntnis nehmen wollten. Und jener, die, wie österreichische und deutsche Politiker, unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker den Flächenbrand auf dem Balkan mit angefacht haben.“
Und der renommierte Philosophieprofessor Rudolf Burger wetterte in einem Gastkommentar, es sei eine "politische Monstrosität“, wenn der Außenminister eines neutralen Kleinstaats seine ganze Energie dareinsetze, "Länder in einen Krieg zu treiben, von dem ein Pentagon-Sprecher sagte, er wäre eine Mischung aus Beirut und Vietnam“. Die österreichische Außenpolitik, so Burger, sei die eines "kriegsgeilen Kiebitzes: Sie hetzt, ohne sich selbst am Spiel zu beteiligen.“