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Ukraine: 10 Fakten zur Krim-Krise

Konflikt. 10 Fakten zur Krim-Krise zwischen Russland und der Ukraine

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1. Wann wurde die Krim russisch?
1783 wurde die Halbinsel im Schwarzen Meer von Fürst Gregor Potemkin, dem Geliebten Katharinas der Großen, für Russland in Besitz genommen. Dieser Erweiterung ihres Reichs verdankt die berühmte Zarin auch ihren Beinamen, hatte sie dadurch doch den ersehnten Zugang zum Mittelmeer gewonnen. Zu ihren Ehren erhielt das Verwaltungszentrum der Krim von Potemkin auch seinen Namen: Sewastopol - Stadt der Majestät.

2. Warum ist die Krim für Russland so wichtig?
Einerseits, weil sie den Russen nach wie vor den Zugang zum Mittelmeer sichert. So ist Sewastopol nach wie vor der Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte (siehe auch die nächste Frage). Andererseits, weil die Krim auch immer wieder Ort großer militärischer Auseinandersetzungen war, die für Russland bis heute von großer historischer Bedeutung sind, wie etwa der Krimkrieg 1853-1856. Auch im zweiten Weltkrieg wandten sowohl die Sowjetunion als auch das Deutsche Reich enorme Ressourcen auf, um die Krim und Sewastopol zu erobern bzw. zu halten. Im November 1945 fand im Badeort Jalta schließlich die Konferenz der Alliierten statt, in der die Aufteilung Nachkriegs-Europas festgelegt wurde.

3. Wie konnte die Krim dann ukrainisch werden?
Nachdem Nikita Chruschtschow, selbst Ukrainer, Parteichef der sowjetischen Kommunistischen Partei geworden war, schlug er die Krim 1954 der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik zu. Freilich hätte Chruschtschow sich niemals vorstellen können, dass die Sowjetunion eines Tages auseinanderbrechen könnte. Doch sie tat es, und so wurde die Krim 1991 durch die Unabhängigkeitserklärung der Ukraine vom sowjetischen bzw. nachfolgenden russischen Staatsgebiet gelöst.

4. Welchen Status hat die Krim?
Unmittelbar nach der ukrainischen Unabhängigkeit konnte Kiew die Herrschaft über die Krim nur mit Mühe durchsetzen, ein Unabhängigkeitsreferendum konnte nur durch starken politischen Druck verhindert werden. 1992 erhielt die Krim den Status einer Autonomen Republik innerhalb des Staatsgebildes der Ukraine.

5. Welchen Status hat Sewastopol?
Sewastopol ist auch in der bewegten Geschichte der Krim noch einmal ein Sonderfall. Bereits zu Zeiten der Sowjetunion gehörte die Stadt rechtlich nicht zur Krim sondern bildete eine eigene Verwaltungseinheit. Und auch heute noch untersteht Sewastopol nicht der Regionalregierung der Krim, sondern wird direkt aus Kiew verwaltet. Als Heimathafen der Schwarzmeerflotte war Sewastopol bis 1994 zusätzlich eine geschlossene Stadt, in die auch Bewohner der Krim nur mit einem Passierschein einreisen durften.

Über die Zukunft der Schwarzmeerflotte stritten sich die Ukraine und Russland übrigens bis 1997. Erst dann wurde ein Partnerschaftsvertrag unterzeichnet, der den Russen – vorerst – bis 2017 weiter gestattete, den Hafen zu nutzen. Ex-Präsident Viktor Janukowitsch verlängerte diese Frist bis 2042, im Gegenzug erhielt die Ukraine einen 30-prozentigen Preisnachlass bei Gaslieferungen.

6. Auf welcher Seite steht die Bevölkerung?
Die etwa zwei Millionen Bewohner der Krim verteilen sich auf einer Fläche etwa so groß wie Oberösterreich und die Steiermark zusammen und deklarieren sich mehrheitlich als Russen, nämlich zu sechzig Prozent. Ein Viertel der Einwohner sind Ukrainer, zwölf Prozent Krimtataren und der Rest teilt sich auf insgesamt mehr als achtzig Nationalitäten und Völker auf. Ganze neunzig Prozent geben als Muttersprache nicht Ukrainisch an. Mit viel Unterstützung darf Kiew von dieser Seite also wohl nicht rechnen.

7. Hat Putin schon einmal etwas Vergleichbares getan?
Ja, im Fall der georgischen Teilrepubliken Abchasien und Südossetien 2008 war die Vorgangsweise ziemlich ähnlich. Russland schickte – wie jetzt auch zu Beginn des Krim-Konflikts – Spezialeinheiten ohne Hoheitsabzeichen vor Ort, um eine angeblich instabile Lage zu beruhigen. Am Ende des in weiterer Folge ausgebrochenen Kurz-Kriegs musste Georgien die Kontrolle über die beiden Provinzen abgeben, Russland erkannte die beiden Staaten als unabhängig an und positionierte sich als Schutzmacht.

8. Wie sieht es völkerrechtlich aus?
Für westliche Spitzenpolitiker ist die Sachlage klar: Putin hat mit der Militäraktion auf der Krim die territoriale Souveränität der Ukraine unterlaufen und Völkerrecht gebrochen. Auf dieser Grundlage hat US-Außenminister John Kerry Putin auch bereits mit dem Ausschluss aus den G8 gedroht. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wirft Russland einen Völkerrechts-Verstoß vor. So sei vor allem das Budapester Memorandum von 1994 gebrochen worden, in dem sich Russland zur Respektierung der Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine und ihrer bestehenden Grenzen verpflichtet hat.

9. Worauf beruft sich Putin?
2010 änderte der damalige Präsident Dmitri Medwedew als Folge des Georgien-Konflikts die russische Militärdoktrin und erleichterte dadurch den Einsatz der Truppen im Ausland. Bis dahin waren etwa Selbstverteidigung oder der Kampf gegen Terror Voraussetzung für einen Militäreinsatz außerhalb Russlands. Seit der Änderung heißt es in der Doktrin unter anderem: "Rechtmäßig ist der Einsatz der Streitkräfte und anderer Truppen für die Gewährleistung des Schutzes ihrer Bürger, die sich außerhalb der Grenzen der Russischen Föderation aufhalten, in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechtes und den internationalen Verträgen der Russischen Föderation." Die Änderung löste bereits damals Befürchtungen aus, Russland könnte künftig jederzeit seine Armee im Ausland einsetzen, sobald Moskau es für richtig hält. Eine Befürchtung, die sich jetzt bestätigt.

10. Wie geht es jetzt weiter?
Die neue Führung der Krim unter Regierungschef Sergej Aksjonow will am 30. März ein Referendum über die Unabhängigkeit der Region abhalten. Ob sich das die ukrainische Führung ohne Reaktion ansehen wird, ist allerdings sehr fraglich. Andererseits ist die Ukraine Russland militärisch klar unterlegen und nach Angaben sowohl russischer, als auch unabhängiger Seite haben die Russen die Kontrolle über die Krim bereits vollständig übernommen. Die Ukraine ist kein Vollmitglied der NATO, es gibt also keine Beistandsverpflichtung der westlichen Staaten.

Mit bestem Dank an die Kollegen von news.at!