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Rechtsruck in Rumänien: Putins Werk und Österreichs Beitrag

Mit Rumänien droht der wichtigste NATO-Partner in Südosteuropa in den Einflussbereich Russlands abzugleiten. Auch Österreich hat zu dieser Entwicklung beigetragen.

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Călin Georgescu steht in einer verschneiten Winterlandschaft und spricht über die Kraft des Wassers. Er beklagt, dass es in Plastikflaschen gefüllt wird, die dessen Geheimnisse ersticken. Dann zieht sich Georgescu aus und steigt in einen eiskalten See. Schneeflocken fallen vom Himmel.

In dem Selbstdarstellungsvideo „Der Weg zu deinem Universum“ behauptete Georgescu schon 2021, dass ein Eisbad besser gegen das Coronavirus schütze als jede Impfung. Von Meditationsmusik begleitet, reiht er Kalendersprüche aneinander, spricht von „subtiler Energie“ und verbreitet wilde Verschwörungserzählungen. Drei Jahre später, im Wahlkampf um das Amt des rumänischen Präsidenten, mengt Georgescu seinem Geschwurbel noch Sexismus und rechtsradikales Gedankengut bei. Der 62-Jährige ist die personifizierte Schnittstelle zwischen Esoterik und Verschwörungsglaube.

Gericht annulliert Präsidentschaftswahl

Die Präsidentschaftswahl in Rumänien muss vollständig wiederholt werden. Das hat das Verfassungsgericht des Landes am Freitag entschieden. Die Wahl, deren erste Runde überraschend der prorussische Rechtspopulist Calin Georgescu gewonnen hat, sei nicht frei gewesen, so die Höchstrichter. Die Entscheidung erfolgte nur zwei Tage vor der zweiten Wahlrunde.

Vor zwei Wochen entschied Georgescu die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in Rumänien überraschend für sich, und das ganz ohne traditionellen Wahlkampf. Der bis vor Kurzem völlig Unbekannte polarisierte fast ausschließlich auf der Online-Plattform TikTok. Dort hat Georgescu mehr als 530.000 Follower, seine Videos erhielten 5,8 Millionen Likes. Die Chancen des Rechtsextremisten, Putin-Freundes und Esoterik-Fans stehen gut, auch die Stichwahl gegen die konservative Kandidatin Elena Lasconi am kommenden Sonntag zu gewinnen.

Dabei kam Georgescu praktisch aus dem Nichts – oder besser: Er kam aus Österreich. Von 2011 bis etwa 2021 lebte er mit seiner Familie in Niederösterreich, und zwar in durchaus repräsentablen Verhältnissen. In einem ehemaligen Gutshof südlich von Wien betrieb Georgescus Ehefrau Cristela eine Praxis für „Iridologie und Organetik“. Für 250 Euro konnte man sich hier die Iris, die Regenbogenhaut des Auges, analysieren, für 85 Euro die Körperenergien einrenken lassen.

Gelebt haben die Georgescus damals in einem schmucken Einfamilienhaus mit Garten und Pool. Kaufpreis: 530.000 Euro. Das eigentliche Prunkstück ihres österreichischen Immobilienvermögens war jedoch eine Villa in einer Wienerwaldgemeinde. Laut Recherchen von profil und der rumänischen Investigativplattform „RISE Project“ verkaufte das Paar das Anwesen im Jahr 2017 um 950.000 Euro.

Doch woher hatte der spätere Präsidentschaftskandidat die Mittel, um sich in Österreich niederzulassen?

Siobhán Geets

Siobhán Geets

ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).