Rechtsruck: Wohin steuert Schweden nach der Parlamentswahl?
In der Wahlnacht hatte der sozialdemokratische Ministerpräsident Stefan Löfven knapp die Nase vorn. Ob der ermittelte Minimalvorsprung seines Linksblocks vor der bürgerlichen Allianz bis zum amtlichen Endergebnis hält, dürfte erst am Mittwoch endgültig geklärt sein, wenn auch die Auslandsstimmen vollzählig ausgewertet sind.
Egal, welcher der beiden in jedem Fall ohne Parlamentsmehrheit dastehenden Blöcke letztlich vorne ist und als erstes versuchen darf, sein Budget im Reichstag in Stockholm durchzubringen: Es führt kaum ein Weg an den national-populistischen Schwedendemokraten vorbei, deren Wurzeln im rechtsextremen Lager liegen.
Verhandlungen mit den Schwedendemokraten?
Der Chef der konservativen "Moderaterna", Ulf Kristersson hat mehrmals angedeutet, eventuell den bisher eisernen "Cordon Sanitaire" gegenüber den Schwedendemokraten aufzubrechen und mit den bisherigen Schmuddelkindern der schwedischen Parlamentspolitik über eine Koalition zu verhandeln. Dabei kommt Kristersson gelegen, dass die herben Verluste, die seine Partei, ebenso wie Löfvens Sozialdemokraten bei den Wahlen einstecken musste, nicht ausreichend fatal waren, um den zweiten Platz an die Schwedendemokraten abgeben zu müssen.
Innerhalb der Blöcke kam es zu den ebenfalls prognostizierten Gewichtsverlagerungen. Während die Linkswähler von der Mitte abrückten und die Linkspartei als einzige der drei Blockparteien zulegen konnte - und das deutlich - präsentiert sich die Bürgerallianz intern polarisierter und instabiler als je zuvor. Ein Teil der Allianzwähler rückte, wie die Gewinne der grün angehauchten Zentrumspartei verdeutlichen, in die politische Mitte. Auf der anderen Seite erzielte - und das gehört wohl zu den Überraschungen dieser Wahl - die extrem wertkonservative Christlich-Demokratische Partei Gewinne. Beides ging zulasten der Konservativen.
Ende der sozialdemokratischen Ära?
Jimmie Akessons Schwedendemokraten können sich unterdessen in ihrem Erfolg sonnen und abwarten. Sie sind am Drücker, außer es tritt der als eher unwahrscheinlich gehandelte Fall ein, dass die traditionellen Blöcke sich auf einen gemeinsamen Nenner einigen können, etwa einem "neutralen" Regierungschef, und die Schwedendemokraten weiter außen vor schmoren lassen. Für diesen Fall gilt Zentrumschefin Annie Lööf als mögliche Premierminister-Kandidatin. Noch unwahrscheinlicher erscheint, dass die Zentrumspartei oder die Liberalen die Seite wechseln und eine Mitte-Links-Regierung unterstützen.
Diese Parlamentswahl dürfte im Rückblick dereinst wohl als das definitive Ende der fast ein Jahrhundert währenden sozialdemokratischen Ära in die schwedischen Geschichtsbücher eingehen. Vorerst herrscht in dem Land mit dem weitgehend bereits demontierten Wohlfahrtssystem sozialistischer Prägung ab sofort jener Wind, der derzeit durch ganz Europa weht. Und das ist eine scharfe rechte Brise.