Innenminister schütteln Hand vor Passkontrolle
EU

Rumänien und Bulgarien erwarten Schengen-Beitritt bis Jahresende

Könnten die Grenzkontrollen für Rumänien und Bulgarien bald fallen? Eine Entscheidung über die volle Schengen-Erweiterung könnte es im Dezember geben.

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Ein großer Teil seiner Arbeit als rumänischer Innenminister dreht sich um den Schengen-Beitritt seines Landes. Zumindest, wenn es nach seiner X-Timeline geht. Cătălin Predoiu zeigt sich händeschüttelnd mit seinen europäischen Kollegen nach ihren „produktiven“ Arbeitstreffen. Unterstützung findet er bei Ylva Johansson, der schwedischen Kommissarin für Inneres in der Europäischen Union – und vonseiten Ungarns, welches derzeit den Ratsvorsitz hält.

Noch nie zuvor war der Schengen-Beitritt für Rumänien und Bulgarien so nah. Seit zwei Jahren steht die Schengen-Diskussion stellvertretend für eine heiße Migrations-Debatte. Zwar stehen Rumänien und Bulgarien besser da als noch vor einem Jahr. Sie bemühen sich, die EU-Außengrenze stärker zu bewachen und investieren Millionen Euro in den Grenzschutz. Das ist zwar kein offizielles Beitrittskriterium, aber eine Voraussetzung von Innenminister Gerhard Karner für die Aufhebung von Österreichs Schengen-Veto. Die Chancen von Rumänien und Bulgarien stehen nicht schlecht, noch heuer in den Schengenraum aufgenommen zu werden. 

Darüber werden die EU-Länder beim Rat für Justiz und Inneres am 12. und 13. Dezember erneut abstimmen. Alle drei Monate treffen sich die Innenminister der Mitgliedsstaaten, um Themen wie Migration und Grenzschutz zu besprechen. Bei der Tagung im Oktober wurde beschlossen, dass die Abstimmung über die Ost-Erweiterung des Schengenraums beim nächsten Treffen stattfinden würde. 

Nächste Schengen-Etappe steht an

Rumänien und Bulgarien stellen sich im Doppelpack auf. Sowohl in Bukarest als auch in Sofia geht man von einem vollen Schengen-Beitritt bis Jahresende aus. In rumänischen diplomatischen Kreisen wird viel über den Ausgang der Nationalratswahl in Österreich diskutiert. Davor hatte die ÖVP ihren Veto-Rückzug hinausgezögert, wohl auch in der Hoffnung, im antieuropäischen Wählerpool zu fischen. In der heißen Phase des Wahlkampfs verlor das Thema an Aufmerksamkeit, inzwischen wurden die Diskussionen wieder aufgenommen.

Am Osterwochenende dieses Jahres wurden die Länder de facto Schengen-Mitglieder. Seit „Schengen-Air“ in Kraft trat, müssen Flugpassagiere aus Rumänien und Bulgarien nicht mehr durch die Passkontrolle. Autofahrer:innen werden jedoch weiter kontrolliert. Mit Auswirkungen auf bestimmte Berufsgruppen wie jene der 24-Stunden-Pflegerinnen und der Logistik. 

Debatte um Schlepper-Routen

„Die Aufnahme in den Luftraum wurde umgesetzt, mit dem Wissen, dass Schlepper nicht die Luftrouten wählen“, sagte Gerhard Karner noch im April. Doch ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass die Hauptrouten von Flüchtlingen und Migranten weder über Bulgarien noch über Rumänien führen. 

Gemäß den Zahlen der Grenzschutzagentur Frontex verzeichneten die westlichen Balkanländer heuer einen Rückgang illegaler Migration um 79 Prozent. Das bedeutet, dass nur mehr rund 17.000 Menschen aus Syrien, Afghanistan oder der Türkei in den Schengenraum flüchteten. Die rumänische Grenze zu Serbien gilt darüber hinaus als einer der am strengsten bewachten Übergänge.

Einen Anstieg verzeichnet Frontex entlang der östlichen Mittelmeerroute über die Türkei nach Griechenland. Im September war dies sogar die am stärksten genutzte Strecke. 6750 Fälle wurden dort registriert. Hier arbeitet Bulgarien an der Stärkung seiner Grenze zur Türkei.

Zielgerade für 16-jährige Bestrebungen

„Wir werden diesen Weg bis zum Ende gehen. Für uns ist nicht die Frage, wann, sondern was wir dafür tun müssen“, sagte der rumänische Innenminister Predoiu unmittelbar nach der Aufnahme ins Schengen-Air. Und er ergänzte, dass Rumänien nicht der erste Staat ist, der dem Schengen-Raum in mehreren Schritten beitritt.

Rumänien und Bulgarien klopfen schon lange an der Tür zum Schengen-Raum. Bereits 2008 beantragten die Länder gemeinsam die Mitgliedschaft. EU-Kommissarin Johansson wird im Dezember oder Jänner zurücktreten, wenn die neue Europäischen Kommission übernimmt und Finanzminister Magnus Brunner (er übernimmt das Ressort Migration) sie ablöst. Dann könnte Brunner nicht nur zur Versöhnung Rumäniens und Bulgariens mit Österreich beitragen, sondern auch mit einem diplomatischen Erfolg in seine Amtszeit starten. So argumentieren zumindest die rumänischen Taktiker.

Elena Crisan

Elena Crisan

Wenn sie nicht gerade für den Newsletter "Ballhausplatz" mit Politiker:innen chattet, schreibt sie im Online-Ressort über Wirtschaft und Politik.