Schöne Bescherung für Boris Johnson
2019 schenkte Santa Claus den Briten zu Weihnachten den Brexit. 2020 brachte er ihnen knapp vor dem Weihnachtsfest einen Lockdown. Und 2021? Einen Skandal um illegale X-Mas-Partys in Downing Street.
Ist es wirklich der Weihnachtsmann oder doch Boris Johnson, der den Briten alle Jahre wieder so eine schöne Bescherung bereitet? Man weiß es nicht. Das Büro des Premierministers kann nicht einmal klären, ob in Downing Street vor einem Jahr eine illegale X-Mas-Party stattfand, die sämtliche Covid-Maßnahmen brach.
"Die Party, die nicht stattgefunden hat, war jedenfalls nicht sozial distanziert", witzelte Johnsons damalige Sprecherin Allegra Stratton in einem Video, das ein Jahr später an die Medien geleakt wurde. "Wie wichtig ist Ihnen die Frage der illegalen Xmas-Partys", fragte daraufhin "The Sun" ihre Leserschaft: "Sehr wichtig!", antworteten 53 Prozent prompt. Schluchzend musste Stratton zurücktreten.
Die Briten sind bös
Doch das Bauernopfer nützte nichts. Die Briten sind bös. Nicht nur die Opposition beißt sich am laxen Umgang der Regierenden mit der Wahrheit und ihrem zynischen Umgang mit Covid-Maßnahmen fest. Auch die Tories murren. Inzwischen werden bereits drei ähnliche Partys untersucht, die vorigen Dezember im Lockdown stattgefunden haben sollen.
Bei einer war sogar Boris Johnson selbst in Downing Street anwesend: Er leitete von seinem Büro aus ein X-Mas-Quiz. Auf einem Foto ist der Premierminister mit zwei Mitarbeitern zu sehen, die mit Lametta und Santa-Mütze festgerecht gekleidet sind. Was als virtuelle Party begann, entwickelte sich laut Angaben von Teilnehmern zu einem hybriden, feuchtfröhlichen Weihnachtsfest.
In Großbritannien macht die Bevölkerung an sich sehr brav alles mit, was ihr an Einschränkungen in der Covid-Pandemie abverlangt wird. So haben sich schon 88 Prozent der Bevölkerung über 12 Jahre gegen Covid impfen lassen.
Boris Johnson und seine Regierungsmitglieder aber werden ständig dabei erwischt, dass sie die von ihnen selbst verhängten Regeln brechen. Johnsons Ex-Berater Dominic Cummings fuhr spazieren, als dies streng verboten war. Der ehemalige Gesundheitsberater Matt Hancock schmuste mit einer Mitarbeiterin.
Weihnachten ohne Maßnahmen zur sozialen Distanzierung
Diese Weihnachten sollte es keine Maßnahmen zur sozialen Distanzierung geben. Boris Johnson hielt strikt an seiner Freiheitsstrategie fest, die seit Juli galt. Doch Omicron breitet sich rasant aus, die Infektionszahlen steigen wieder. Am 8. Dezember verhängte der Premierminister deshalb Plan B. Die Menschen müssen in öffentlichen Räumen drinnen überall - auch in Theatern - wieder Masken tragen und, soweit möglich, von zu Hause aus arbeiten. Experten halten das nicht für ausreichend.
Am Dienstag wird im Parlament über die neuen Maßnahmen abgestimmt. Weil diese nun auch einen Impfnachweis vor Nachtclubs beinhalten, gehen libertinäre Tories auf die Barrikaden. Boris Johnson droht eine Revolte auf den eigenen, konservativen Hinterbänken. Dank der Stimmen der braven Labour-Party muss der Premierminister zwar nicht darum fürchten, dass die Covid-Maßnahmen im Parlament hängen bleiben. Doch eine innerparteiliche Meuterei ist das Letzte, was Boris Johnson jetzt noch brauchen kann. Wegen seiner chaotischen Regierungspolitik und verschiedener Korruptionsskandale fürchten konservative Parteimanager seit Wochen, dass der Premierminister auch an den Wahlurnen seine Wirkung verloren haben könnte.
Sollte am Donnerstag auch noch die Nachwahl eines konservativen Abgeordneten im mittelenglischen North Shropshire schiefgehen und die liberaldemokratische Kandidatin gewinnen, dann ist Feuer am Dach von Downing Street.
Mitten in dem premierministerlichen PR-Desaster nützte es auch nichts, dass Boris Johnson am Donnerstag verkündete, es sei ihm wieder ein Kindlein geboren worden. Da er bei bisher drei Ehen und mehreren Affären nicht sagen konnte, ob es sich um seinen siebenten oder achten Sprößling handelte, hielt sich die Rührung in Grenzen.