Schottland-Referendum: Was würde sich nach Unabhängigkeit ändern?
Von Tessa Szyszkowitz, London
Wenn Alex Salmond von der Zukunft spricht, dann wippen die letzten Haare auf seinem runden Schädel aufgeregt auf und ab: "Großbritannien kippt zunehmend aus dem sozialen Gleichgewicht, rief Schottlands charismatischer Ministerpräsident am vergangenen Dienstag bei seiner New Statesman Lecture um die Ecke des britischen Parlaments im Zentrum von London: "Wenn wir Schotten unabhängig sind, dann werden wir ein sozial gerechteres Land aufbauen!
Am 18. September stimmen 5,3 Millionen Schotten im Norden des Vereinigten Königreiches über ihre Unabhängigkeit ab. Bisher wollen nur 32 Prozent der Schotten, die beim Referendum ihre Stimme abzugeben planen, einen eigenen Staat. Aber das kann sich ändern.
Was hieße die Unabhängigkeit? Eigentlich nicht allzu viel. Denn auch im souveränen Staat ab 2016 will Salmonds Scottish National Party letztlich fast alles beim Alten lassen:
Die Queen bleibt auch dann Königin der Schotten, wenn diese aus dem Vereinigten Königreich austreten.
Das Pfund wollen die Schotten behalten. Britanniens Schatzkanzler George Osborne hat zwar verkündet, dass die Schotten, sollten sie Großbritannien verlassen, die Währung aufgeben müssten. Doch hierzu gibt es noch keine endgültige Entscheidung.
Auch nach der Unabhängigkeit soll es laut Salmond keine Grenzen zwischen Schottland und dem dann etwas weniger großen Großbritannien geben.
Gern behalten wollen die Schotten auch den britischen "Rebate - wobei zunächst geklärt werden muss, ob die EU ein unabhängiges Schottland als Mitglied akzeptiert. Die streitbare Margaret Thatcher hatte 1984 mit der EU eine Teilrückzahlung der britischen EU-Beitragszahlungen ausgehandelt, da Großbritannien geringere Agrarsubventionen aus der EU erhielt.
Genauso verhält es sich auch mit allen anderen EU-Extras, die dem widerspenstigen EU-Mitglied über die Jahrzehnte zugestanden worden sind. So möchte auch Schottland als unabhängiger Staat vom Schengen-Abkommen und vom Euro ausgenommen werden.
NATO-Mitglied möchte Schottland auch bleiben, ebenso wie es den Vereinten Nationen angehören würde. Allerdings würde der Kleinstaat dann keinen permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat mehr besitzen. Und auch der G8 gehörte Schottland dann nicht mehr an.
Wozu dient die schottische Unabhängigkeit dann überhaupt? Die Schotten bekämen eigene Pässe, 70 bis 90 neue Botschaften auf der Welt, und Edinburgh mit seiner halben Million Einwohner wäre dann endlich eine richtige Hauptstadt. Zurück bliebe Kleinbritannien. Ein Drittel des Staatsgebietes wäre weg, das Blau aus der Fahne, dem Union Jack, dahin. Kein Wunder, dass sich die Engländer, Waliser und Nordiren dagegen wehren. Auch viele Schotten wollen Briten bleiben. Alistair Carmichael, Schottland-Minister der britischen Regierung, sagte vergangene Woche: "Meine Frau ist Engländerin, meine Kinder sind halbe Schotten und halbe Engländer. Ich will nicht, dass ihre Großeltern plötzlich im Ausland leben sollen.
Die schottischen Nationalisten aber interessiert derzeit vor allem eines: die alleinige Kontrolle über ihre Ölschätze - die größten in der EU. Sie sind auf vier Milliarden Pfund geschätzt worden. Geld, mit dem Alex Salmond seine gerechte Gesellschaft aufbauen möchte.