Stimmt das alles, Herr Ziegler?

Der streitbare Schweizer Soziologe im Faktencheck.

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"Stimmt es, dass prozentuell gesehen der Anteil an hungernden Menschen sinkt - auch wenn er in absoluten Zahlen steigt?"

"Das stimmt."

Frage und Antwort im Interview auf orf.at vom 6. April 2017

Nein, das stimmt nicht. Laut den Statistiken des World Food Programme sank die Zahl der von Hunger betroffenen Menschen weltweit seit 1990 auch absolut - und zwar um 216 Millionen Personen. Das ist immerhin mehr als die Bevölkerung von Brasilien.

"Dasselbe gilt für die extreme Armut. Sie ist nur proportional gesunken, aber nicht in absoluten Zahlen."

Im Interview auf orf.at vom 6. April 2017

Auch das stimmt nicht. Laut den jüngsten Statistiken der Weltbank lebten im Jahr 2013 rund 767 Millionen Menschen in extremer Armut - also von weniger als 1,90 US-Dollar am Tag. Im Jahr 1990 waren es noch 1,85 Milliarden. Das UN-Millenniumsziel, den damaligen Stand bis ins Jahr 2015 zu halbieren, wurde sogar fünf Jahre früher erreicht.

"Die (gemeint sind die 500 größten Konzerne der Welt, Anm.) entschwinden jeglicher staatlichen, gewerkschaftlichen, parlamentarischen Kontrolle. (...) Die haben über dem Planeten eine Diktatur errichtet, die stärker ist als alle Staaten."

Interview in der "ZiB 24" vom 4. April 2017

Dass große Konzerne versuchen, Marktmacht auszuüben, ist unbestritten. Dass sie sich dabei jeglicher staatlichen Kontrolle entzogen haben, ist falsch: Die Gegenbeispiele reichen von VW-Dieselgate über den US-Kartellprozess gegen Microsoft bis zu unzähligen Gewerbeverordnungen und Regeln, an die sich auch Konzerne und ihre Mitarbeiter halten müssen. Hier bedient Ziegler eine Polemik, für die er keine Beispiele liefert. Staatliche Diktaturen gibt es zuhauf - von Nordkorea über den Iran bis nach Kuba. Konzerne mit unterdrückerischem Rechtssystem, eigener Polizeigewalt, Foltergefängnissen und eigenen Armeen sind bislang nicht bekannt.